Mails/Nachrichten vom 22.02.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren, es gibt einen kleinen Ansatz für eine technische Erholung und sogar eine Möglichkeit für die Fortsetzung in der kommenden Woche. Das werde ich im Montag-Ticker überprüfen müssen, wenn die heutigen New York-Zahlen berücksichtigt sind. Insgesamt bleibe ich aber auf der vorsichtigen Seite, was eine Menge Leser stört, aber leider nicht zu vermeiden ist. Der gestrige Verlauf in New York zeigt das Problem. Wieder geht es um die Technologie. Hinzu kommt die fragwürdige Bilanzierungspraxis amerikanischer Unternehmen. Man kann wohl davon ausgehen, daß jede 4. oder 5. Bilanz zum 31.12.2001 einer Überprüfung bedarf und sich daraus Konsequenzen ergeben, die mit den bisherigen Quartalszahlen und Gewinnprognosen der Verwaltungen nicht übereinstimmen. Über die fachlichen oder auch moralischen Aspekte ist nicht zu diskutieren. Die Vorfälle am deutschen Neuen Markt gehen in die gleiche Richtung, siehe D. Logistics und Comroad, wo ich ebenfalls falschen Zahlen der Vorstände aufgesessen bin. In solchen Fällen kann ich nur die Hände heben und sagen: Reingefallen. Meine tiefe Sorge über diese Vorkommnisse verhehle ich dennoch nicht.
Wall Street konkret: Mit 1,8 Mrd $ Umsatz rutschte gestern im späteren Verlauf der Markt bedenklich ab und dies bei steigenden Umsätzen. In der Regel resultiert daraus eine kurzfristige Erholung, aber kein neuer Trend. Schreiben Sie dies ganz fest. Deshalb bleibe ich dabei:
Meine Korrektur-Limits in allen Technik-Aktien setze ich weiterhin aus. Siehe Nr. 04. In den Fällen, in denen die akt. Kurse noch deutlich darüber liegen, wird vermutlich meine Kaufbasis die richtige sein. Aber auch dies ist abzuwarten. Beispiel Intel: Gestern einer der großen Verlierer, aber ich halte einen Kurs von 23/24 $ gegen akt. 29 1/2 $ für möglich. Für AMD muß ich das Limit voraussichtlich um 1 - 2 $ zurücknehmen, was aber nicht so signifikant ist. Für Dell Computer gilt das gleiche und für IBM fehlen noch gut 6 $. Cisco verlor gestern beinahe 10 % und ich hatte diese Rechnung kürzlich vorgetragen.
Fazit für Sie: Schauen Sie sich die Entwicklung an, aber binden Sie weiterhin kein Geld.
Komplett anders läuft es bei den Blue Chips bzw. der Rüstungs-Spekulation und den Öltiteln. An diesen beiden Konjunktur-Spekulationen halte ich fest.
Boeing erreichte gestern knapp 45 $ im Hoch und mein Ziel bleibt vorerst 50/52 $. Northrop schaffte einen neuen Topkurs mit 118 $ und das ist noch nicht das Ende. Lockheed ebenfalls mit neuem Top von rd. 57 $ und General Dynamics fehlen noch 3 $ für eine neue Rekordmarke. Rockwell Collins kurz vor 23 $ mit nächstem Ziel von 27 $.
Alles weitere bitte in der AB nachlesen.
Die Ölspekulation marschiert in kleinen Schritten, aber der besten Markttechnik, die es gegenwärtig am Big Board gibt. Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie hier mindestens mit dabei sind.
Philip Morris und Procter & Gamble sind die Schlachtschiffe der 'Big Boy-Klasse'. Sie denken aber bitte auch an die zwei Ergänzungen R. J. Reynolds und Loews. Die Details ebenfalls in der AB nachlesen. Eastman Kodak gestern wieder über 31 $ im Hoch und - lachen Sie nicht - schauen Sie sich Coca Cola und Walt Disney an. Das hat zwei Aspekte, die ich schon begründet habe: Sie sind ganz typische Spiegelbilder der Konjunktur. Und was diese signalisieren, wird sich im Konsumverhalten der Amerikaner niederschlagen.
Dagegen bleibe ich in der ganzen Pharmazeutik weiterhin aus dem Rennen. Es gibt entgegen so vieler 'schöner' Berichte bis zur Stunde kein Indiz dafür, daß ein nachhaltiger Trend in Sicht ist. Eine Überprüfung dieser Position wird sich aber am Ende dieses Quartals ergeben. Setzen Sie diese Aktien zumindest auf die Watch-List.
Grundlinie für Sie: In den zyklischen Titeln liegen Sie weiterhin richtig und mit auskömmlichen Potentialen. Diese sind nicht sensationell, aber weiterhin interessant.
Frankfurt kann sich den New Yorker Eindrücken nicht entziehen. Wie eingangs erwähnt gibt es auf der Daily-Basis, also kurzfristig, ein Erholungspotential entweder heute oder ab Montag. Erholung ist aber noch kein neuer Trend, denn: Der DAX hat seinen Korrekturboden noch nicht gefunden. Das Risiko geht unverändert bis auf die Linie, die ich Ihnen in der AB beschrieben habe. Ob es komplett ausgelotet wird, weiß ich noch nicht. Wie Sie damit umgehen können, zeigt Ihnen der Fall Daimler.
Zu den Daimler-Daten habe ich mich schon geäußert. Mein Korrekturkurs lag bei 40/41 E., im worst case bei 39 E. Es wurden bisher 40,40 E. Die Einschätzung war also richtig. Vergleichen Sie auch den im Ticker gegebenen Chart. Wenn Sie diesen fortzeichnen, würden Sie heute morgen sehen: Meine Basis hat gehalten und die Erholung ist möglich. Gestern bis knapp 44 E. mit Spielraum bis zunächst 46/48 E. Das wären aber gute 20 %. Einen neuen Höchstkurs von Daimler über 51 E. kann ich Ihnen noch nicht voraussagen. Als falsch haben sich lediglich die ganzen Kombinationen erwiesen, die im Vorfeld der Daimler-Zahlen die Runde machten. Machen Sie sich die kleine Mühe und rufen Sie heute im 'BernSTEIN' sämtliche 30 DAX-Aktien auf. Das dauert ca. 15 - 20 Minuten und Sie erkennen sofort: Für etwa 9 Titel ist die Lage ganz ähnlich wie bei Daimler. Bei rd. 10 Titeln ist Handlungsbedarf Null. Für weitere 3 Titel ist Gefahr im Verzuge und der Rest sieht so aus, daß wir am Montag vielleicht das eine oder andere kurzfristige Potential erhalten, aber insgesamt gilt, was ich heute auf Seite 1 der AB schreibe: Das Zeitraster für die Konsolidierung hat sich vergrößert.
Im MDAX bleibt es bei der beschriebenen Besonderheit. 3 oder 4 Titel werde ich nächste Woche als neue und sogar sehr interessante Spekulation empfehlen können. Hier laufen allerdings noch einige Recherchen. Insoweit ist dies nur eine Vorankündigung.
Zum Neuen Markt ergänzend zu den Eingangs-Bemerkungen: Bevor nicht testierte Bilanzen vorliegen, ist ein Einstieg nicht vertretbar. Fälle wie Comroad und D. Logistics bedürfen einer strengen Untersuchung. Davon sind natürlich auch ehrliche Firmen betroffen. Aber meine Konsequenz ist die gleiche: Ich suspendiere sämtliche Kaufüberlegungen so lange, so lange nicht einwandfreie Untersuchungsergebnisse und/oder Abschlüsse vorliegen. Die Hilflosigkeit der deutschen Börse auf diesem Gebiet ist geradezu erschreckend. Der Grund ist leicht zu finden: Funktionäre oder Rechtsanwälte ersetzen die Qualität einer soliden Börsenerfahrung nicht. So lange die deutsche Börse in diesem Segment nicht von wirklichen Fachleuten geleitet wird, gibt es auch keine ordentliche Kontrolle über die gelisteten Firmen. Mit Richtlinien ist das nicht alleine gemacht.
Der Nachrichtenstand ist zum Wochenende nicht sehr ergiebig. Deshalb verzichte ich auf eine weitere Kommentierung. Zum Fall Mobilcom:
Das, was Sie heute in den Medien lesen, ist nur die Hälfte dessen, was richtig ist. Schwerpunkt ist: France Telecom hält 28,5 % und damit die Schachtel. Sie bedeutet, daß die Franzosen alles blockieren können. Das weiß natürlich jeder im Hause. Man mag die Art und Weise der Franzosen, strategische Ziele durchzusetzen, kritisieren. Aber irgendwie sind sie bewundernswert. Das hängt auch nicht an der in den Medien genannten möglichen Neuverschuldung im Falle der Übernahme. France Telecom hat volle Rückendeckung der französischen Regierung. Das ist entscheidend. Ganz anders als Dt. Telekom, die zwar den Bund als Großaktionär hat, aber keineswegs die absolute Rückendeckung von Berlin. Ich halte mich allerdings von dieser Spekulation fern. Nebenbei: Obwohl es eine europäische Liberalisierung des Strommarktes gibt, hat der ansonsten recht scharfe EU-Kommisar Monti soeben entschieden, daß die Öffnung des französischen Strommarktes nicht den gesetzlichen Bestimmungen folgt, sondern den französischen Einwendungen. So macht man das!
Damit wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende und gebe Ihnen dazu auf den Weg: 'Der Mensch möchte vor den Folgen seiner Laster bewahrt werden, aber nicht vor den Lastern selbst.' (W. Emerson)
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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