ftd.de, Fr, 21.9.2001, 8:28, aktualisiert: Fr, 21.9.2001, 13:27, nächste Aktualisierung: Fr, 21.9.2001, 15:30
Dax am Mittag: Kurse sind nach unten offen
Von Peter Kleinort, Hamburg
Die deutschen Aktien befanden sich am Freitag im freien Fall. Der gesunkene Geschäftsklima-Index, die Nervosität vor neuen Terroristen-Anschlägen und die gewöhnlich hohen Ausschläge zum dreifachen Verfallstag sorgten für ein regelrechtes Crash-Szenario.
Der Dax verlor bis zum Mittag 5,49 Prozent auf 3599 Punkte. Am Vormittag hatte der Index ein Tagestief bei 3539 Punkten markiert. Die 70 Nebenwerte im MDax gaben 4,53 Prozent auf 3530 Punkte ab. "Die Anschläge sind noch in den Köpfen der Marktteilnehmer und bestimmen das Geschehen", sagte ein Händler. Der Markt werde auch kurzfristig weiter massiv unter Druck bleiben, sagte ein anderer Händler mit Blick auf die Ergebniswarnungen bei der Allianz. "Da werden jetzt noch einige folgen." Am Freitag war außerdem ein "dreifacher Hexensabbat", an dem sowohl Aktien- und Indexoptionen als auch Futurekontrakte verfallen.
27 der 30 Dax-Werte notierten am Mittag im Minus. In der Rolle des größten Verlierers wechselten sich mehrere Unternehmen ab. Chemiewerte, Hightechs oder Bankenwerte waren fast im Minutentakt die Negativ-Spitzenreiter. Zweistellige Verluste waren keine Seltenheit.
Infineon gaben 12,23 Prozent auf 12,15 Euro ab. SAP verloren 10,29 Prozent auf 91,57 Euro und notierten damit deutlich unter der psychologisch wichtigen 100-Euro-Marke.
Bayer dementiert Platow-Bericht
Bayer verloren 7,67 Prozent auf 25,20 Euro. Der Platow-Brief hatte ohne Angabe von Quellen in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, Bayer prüfe den Kauf des 64,6-prozentigen Eon-Anteils am Spezialchemiekonzern Degussa. Zur Finanzierung der Transaktion sei der Verkauf der Pharmasparte geplant. Ein Sprecher des Chemie- und Pharmakonzerns dementierte dies aber.
Gewinnwarnung von Allianz
Die Allianz (minus 8,4 Prozent auf 199,69 Euro) schätzt die Schadensbelastungen durch die Terroranschläge in den USA nun auf eine Mrd. Euro. Deshalb haben die Münchner die Überschuss-Prognose für das Jahr 2001 von zwei Mrd. Euro auf 1,7 Mrd. Euro gesenkt, teilte der Versicherungskonzern am Freitag mit. Einen Tag nach dem Terroranschlag in den USA war die Allianz noch von 700 Mio. Euro ausgegangen.
Versicherungssummen gesenkt
Lufthansa verloren 4,72 Prozent auf 8,48 Euro. Die Versicherer hätten die Versicherungssummen für Flugzeuge drastisch gesenkt, sagte der Händler. Die Lufthansa will in der kommenden Woche trotz der von den Versicherungen verringerten Deckungssummen für "Schäden durch Krieg und Terror" wie geplant fliegen. "Wir haben das Problem im Griff", sagt Lufthansa-Sprecher Thomas Ellerbeck am Freitag.
Kooperation bei UMTS-Aufbau
Durch eine positive Unternehmensmeldung konnte die Deutsche Telekom ihre Verluste in Grenzen halten (minus 2,81 Prozent auf 15,55 Euro). Am Morgen hatte die Telekom-Tochter T-Mobile International mitgeteilt, die im Juni angekündigte Zusammenarbeit mit der Mobilfunksparte der British Telecom, mm02, beim Aufbau der UMTS-Netze vertraglich besiegelt zu haben. Durch die Zusammenarbeit rechnet die Telekom mit positiven Effekten von 30 Prozent der geschätzten Kosten für den UMTS-Netzaufbau.
Die Deutsche Post (minus 1,54 Prozent auf 14,09 Euro) hat trotz Konjunkturflaute und der Terroranschläge in den USA ihre positive Geschäftsprognose für dieses Jahr bekräftigt. Bei Umsatz und Ergebnis werde es gegenüber dem Rekordjahr 2000 nochmals eine Steigerung geben, berichtete der Konzern am Freitag in Bonn. Der Konzern bleibe bei seinen bereits zum Halbjahr abgegebenen Prognosen.
In der Gewinnzone hielten sich Adidas Salomon (plus 1,68 Prozent auf 48,50 Euro), Volkswagen (plus 0,61 Prozent auf 33,15 Euro) und Preussag (plus 1,04 Prozent auf 19,40 Euro).
Indexneubesetzungen nach Handelsschluss
Nach Handelsschluss am Freitag treten die bereits angekündigten Indexveränderungen der Deutschen Börse in Kraft. Im MDax werden Beru , Fraport und Salzgitter die bisher dort gelisteten Unternehmen VCL Film + Medien, Porsche und Spar ersetzen. Bei der Zusammensetzung des Dax stehen keine Veränderungen an.
Gewinnmitnahmen drücken Euro
Der Euro hat am Freitag an Wert verloren. Die Devise kostete in Frankfurt 0,9220 $. Am Vortag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs noch auf 0,9259 $ festgelegt. Ein Dollar kostete damit 2,1124 DM.
Nach dem Kursanstieg der vergangenen Tage hätten Marktteilnehmer Gewinnmitnahmen realisiert, sagten Händler. Indes hat die japanische Regierung über Nacht das dritte Mal seit den Anschlägen in den USA auf dem Devisenmarkt interveniert. Ziel der Aktion sei es gewesen, den US-Dollar gegen den Yen zu stärken, sagte ein hochrangiger Beamter des japanischen Finanzministeriums.