DEUTSCHLAND
SCHMUTZIGER DEAL
Scholz wollte mit Milliarden-Deal US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 abwenden
Stand: 18:06 Uhr | Lesedauer: 2 Minuten
Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen. Sein Ministerium äußerte sich bislang nicht
Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen. Sein Ministerium äußerte sich bislang nicht
Quelle: pa/dpa/Kay Nietfeld
Ein brisantes und bislang geheimes Schreiben bringt Finanzminister Olaf Scholz im Streit über die Ostseepipeline Nord Stream 2 in Bedrängnis. Darin bietet er den USA bis zu einer Milliarde Dollar an, wenn sie von Sanktionen absehen.
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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat seinem früheren US-Kollegen Steve Mnuchin im August 2020 hohe Investitionen in deutsche Flüssiggas-Terminals angeboten, wenn Washington auf Sanktionen gegen die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 verzichtet. Das geht aus einem Brief von Scholz vom 7. August 2020 hervor, den die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Dienstag veröffentlichte. Darin heißt es, dass die Bundesregierung bereit wäre, bis zu einer Milliarde Dollar in den Ausbau von LNG-Terminals etwa in Bremerhaven zu investieren. Außerdem werde Deutschland weiter den Ausbau der EU-Energienetze auch in Osteuropa unterstützen, um den USA die Sorge vor einer zu großen Gasabhängigkeit von Russland zu nehmen.
Die Zeit hatte vergangenes Jahr auszugsweise über den Brief berichtet, den die DUH nun ins Netz gestellt hat. Die DUH wirft Scholz vor, den Import von die Umwelt belastendem Frackinggas in Kauf genommen zu haben.
Man habe Vorsorge dafür getragen, dass die Ukraine und Polen ihren Status als Transitländer für russisches Gas nach Westen nicht verlieren, schreibt Scholz in dem Brief. Im Gegenzug sollten die USA den Betrieb von Nord Stream 2 nicht weiter behindern, das mehr russisches Gas nach Deutschland und Westeuropa bringen soll.
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Eine Verständigung mit der US-Regierung gab es damals nicht. Auch die neue US-Regierung sieht das Projekt kritisch. Die Bundesregierung hofft aber, dass US-Präsident Joe Biden von Sanktionen absieht. Der US-Kongress will das Projekt verhindern und plädiert für weitere Sanktionen gegen die an dem Bau der Pipeline beteiligten Unternehmen.
DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kränner sprach von einem Skandal und einem schmutzigen Deal auf Kosten Dritter. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich zunächst auf Anfrage nicht. Es werde aber noch eine Stellungnahme vorbereitet, sagte ein Sprecher am Mittag.
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Indes kam vonseiten der Grünen scharfe Kritik. Es ist völlig inakzeptabel, dass Olaf Scholz versucht, mit Steuergeldern US-Frackinggas in Deutschland zu vergolden und zugleich Nord Stream 2 von US-amerikanischen Sanktionen freikaufen möchte, schrieb der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler, in einer Stellungnahme.
Die DUH wehrt sich seit Längerem sowohl gegen den Bau von Flüssiggas-Terminals als auch gegen die Fertigstellung von Nord Stream 2.
Die Ostsee-Pipeline soll einmal 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern. Die USA und mehrere EU-Staaten sind gegen das fast fertige Milliardenprojekt, weil sie eine zu hohe Abhängigkeit von russischem Gas befürchten.
Reuters/dpa/mre