ein interessanter Artikel aus der Technology Review, langfristig wollen japanische Solarzellenanbieter wieder vorn mitspielen, Sanyo ist stark dabei. Allerdings ist der Horizont hier sehr langfristig:
Über Jahrzehnte zelebrierte Japan, wörtlich das Land der aufgehenden Sonne, seine Führerschaft in der Solarindustrie. Nirgendwo auf der Welt erhitzten so viele Sonnenkollektoren wie im Land der aufgehenden Sonne auf Hausdächern Bade- und Abwaschwasser, nirgendwo sonst produzieren schon 300000 Haushalte Sonnenstrom. Doch ausgerechnet jetzt, wo die alternative Energiequelle durch die Angst vor der globaler Erwärmung an Attraktivität gewinnt, sehen Japans einst dominierende Solarzellenhersteller ihre Vormachtstellung schwinden. „Deutschland hat Japan als größten Markt für Solaranlagen überholt“, stellte Makoto Tanaka, Geschäftsführer der Solarzellenentwicklungsabteilung vom japanischen Elektronikkonzern Sanyo Ende vergangener Woche auf einer Präsentation vor Journalisten in Tokio fest.
Nun erwächst den einstigen Platzhirschen auch wirtschaftliche Konkurrenz. Besonders deutsche Unternehmen wie Q-Cells oder chinesische Unternehmen wie Suntech rollen den Markt auf. „Sie wachsen mit zunehmenden Tempo“, beobachtet Tanaka.
Der Trend schreckt Japan auf. „Die Sonne beginnt unter zugehen für Japans Dominanz in Solarzellen“, titelte die Wochenzeitung Nikkei Weekly bereits im November 2006. Ein Trauma, denn schließlich starteten Japans Unternehmen ihre Solarzellenproduktion bereits vor mehr als 20 Jahren, als die Welt noch im Benzinrausch schwelgte. In den letzten Jahren beherrschten sie immerhin noch 50 Prozent des Weltmarkts. Doch bereits 2005 führte nur noch Sharp mit einem Weltmarktanteil von rund einem Viertel unumstritten die Liga an, während Kyocera, Sanyo und Mitsubishi Heavy von dem deutschen Neuling Q-Cells auf Rang drei, vier und fünf verdrängt wurden. Nun drängelt sich auch noch die SolarWorld AG in die Phalanx.
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Japan ist nicht bereit, den neuen Wettbewerbern den Wachstumsmarkt der Zukunft kampflos zu überlassen. Sanyo rechnet bis 2010 konservativ mit einer Verdopplung der Produktionskapazität auf vier Gigawatt jährlich. Die optimistischsten Prognosen sagen einen Anstieg auf über zehn Gigawatt voraus.
Um sich weiterhin das größte Stück aus dem Kuchen zu schneiden, investieren die Japaner nun massiv in den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten und die Forschung. Besonders aktiv sind der hochprofitable Konzern Sharp, dessen Kassen durch den Erfolg bei Flachfernsehern prall gefüllt sind, und der Sanierungsfall Sanyo, der mit Sonnenenergie seine Batterien aufladen will. Sharp gab im Januar bekannt, seine Produktionskapazität für Solarzellen um 18 Prozent auf 710 Megawatt aufzustocken. Sanyo will seine Produktionskapazität bis 2010 auf mehr als 600 Megawatt jährlich vervierfachen.
Beide Hersteller bündeln dafür die Produktion in bestehenden japanischen Produktionslinien, anstatt sie auf neue Werke zu verteilen. „Für Kostenreduzierungen bei der Solarzellenproduktion sind Skaleneffekte extrem wichtig“, erklärt Sanyos Fachmann Tanaka die Strategie. Zu Modulen zusammengesetzt werden die Zellen dann in der Nähe der Hauptabsatzmärkte in Nordamerika oder Europa.
Gleichzeitig forcieren die Hersteller die Verbesserung ihrer bestehenden und die Entwicklung neuer Technologien zur Solarzellen-Herstellung. Auf absehbare Zeit werden Solarzellen auf Siliziumbasis den Markt dominieren, urteilt Tanaka. 2005 hatten dabei Solarzellen aus mono- und polykristallinem Silizium einen Marktanteil von rund 85 Prozent. Für ihre Herstellung benötigt man Silizium-Wafer.
Solarmodule aus monokristallinem Silizium haben dabei laut Sanyo den Vorteil, mit 13 bis 17 Prozent eine relativ hohe Umwandlungeffizienz von Sonnenlicht in Strom zu besitzen und ausgereift zu sein. Weiter verbreitet sind heute jedoch Zellen aus polykristallinem Silizium. Die haben zwar eine geringere Effizienz, lassen sich aber preiswerter produzieren, erklärt Tanaka. Zusätzlich steigert ihre Attraktivität, dass Neueinsteiger zur Herstellung dieses Typs schlüsselfertige Anlagen von Anlagenbauern beziehen könnten.
Ein Nischendasein fristen dagegen Zellen, bei denen eine dünne Schicht amorphes oder mikro-kristallines Silizium auf Glas aufgebracht wird. Ihr Vorteil: Für ihre Herstellung wird kaum Silizium benötigt. Die Siliziumschicht ist nicht 200 bis 300 Mikrometer dick wie bei den Massenmodellen, sondern nur wenige Mikrometer. Aber ihre Effizienz ist geringer.
Eine Spezies für sich selbst hat Sanyo mit seiner HIT-Solarzelle geschaffen (HIT steht für den weniger einprägsamen Fachbegriff "Heterojunction with Intrinsic Thin-Layer"). Sie setzt sich nicht aus einem Siliziumtyp, sondern aus hauchdünnen Schichten aus amorphen und monokristallinem Silizium zusammen. Im Unterschied zu herkömmlichen Solarzellen ist die hintere Elektrode transparent und kann damit auch Streulicht verwenden, das von hinten auf die Zelle fällt. Dadurch wird die Effizienz erhöht.
Sanyo nimmt für sich in Anspruch, dass die HIT-Solarzellen die höchste Effizienz aufweisen. Im Labor sind derzeit 21,8 Prozent erreicht worden, das kommerzielle Modul kommt auf 19,7 Prozent. Aufgrund der höheren Leistungsfähigkeit verkauft der Konzern seine Module daher für einen zehn bis 15 Prozent höheren Preis als die Produkte der Konkurrenz, obwohl die Herstellungskosten nur fünf bis zehn Prozent über denen der Rivalen liegen. Doch weil die Konkurrenz gefährlich aufholt, will Sanyo bis 2010 die Effizienz im Labor auf 23 Prozent und im realen Produkt auf 22 Prozent anzuheben. Die Herausforderung ist groß, gibt Tanaka zu. Denn das theoretische Limit läge bei 25 bis 30 Prozent.
Als Alternative bieten sich Verbindungshalbleiter an. Der Kandidat für den Hochleistungseinsatz besteht aus Galliumarsenid. Damit sei eine Effizienz von bis zu rund 50 Prozent möglich, erklärt Tanaka. Aber die Herstellung dieser Zellen ist sehr teuer. Als viel versprechende Kandidaten für preiswerte Solarzellen wird an Cadmium-Telluriden und Kupfer-Indium-Seleniden geforscht.
„Diese neuen Technologien werden wachsen, aber wann und wie stark genau, hängt von der Silizium-Knappheit ab“, sagt Tanaka voraus. Hält die an, könnten sie einen größeren Marktanteil erobern. Stillen die Produzenten der Kristalle den Hunger beizeiten, haben diese Technologien es schwer.
Der Silizium-Engpass ist derzeit eines der größten Wachstumshemmnisse für den Markt. Erstens können Unternehmen, die sich keinen Lieferanten gesichert haben, nicht so expandieren, wie sie wollen. Zweitens leidet die Profitabilität. „Der Preis ist doppelt bis drei mal so hoch wie vor ein paar Jahren“, klagt Tanaka. Und drittens wird im größten Markt der Welt Deutschland das Wachstum gehemmt, weil die Preise für Solaranlagen wegen der starken Nachfrage steigen, sagt Tanaka.
Noch ist unsicher, wann der Silizium-Notstand verschwindet, sagt Hiroshi Inoue, Geschäftsführer der Planungsabteilung von Sanyos Solarzellenabteilung. „Bisher sind die Lieferanten sehr vorsichtig mit Investitionen, denn sie befürchten ein Überangebot. Für die nähere Zukunft erwarte ich kein Überangebot an Silizium.“
Aber wenn es kommt, beginnt der Kampf ums Überleben richtig, glaubt Inoue. „Der Markt wächst, aber die Zahl der Neueinsteiger besonders aus China wächst stärker.“ Gibt es erstmal genug Silizium, befürchtet er den Beginn eines weltweiten Preiskampfes. „Wir werden einen Ausleseprozess erleben.“
Japans Regierung sorgt sich bereits, dass dabei ihre bislang durch Subventionen gehätschelte Solarindustrie unter die Räder gerät. Denn während erst Deutschland, dann die Europäische Union und selbst die USA Förderprogramme zur Solarenergie auflegen, hat Japan seines 2005 beendet. Die Folgen sind hart.
Der Markt schrumpft leicht, während er fernab explodiert und lokalen Rivalen einen fruchtbaren Nährboden bietet. Denn die Ausbreitung des Sonnenstroms hängt wegen seiner noch hohen Produktionskosten von in Japan 30 bis 40 Yen pro Kilowattstunde – dem Vier- bis Fünffachen von Atomstrom - extrem von staatlichen Beihilfen ab. Besonders in Q-Cells sehen Sanyos Spezialisten einen auch technologisch starken Wettbewerber entstehen.
Im mächtigen Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie herrsche daher Krisenstimmung, erzählt Inoue. Offenbar schielen die Beamten interessiert auf Deutschlands Methode, den Sonnenstrom gesellschaftsfähig zu machen. Denn anders als in Japan, wo die Baukosten privater Solaranlagen bezuschusst wurden, appellierte die deutsche Regierung an das seelisch tief verankerte kapitalistische Gewinnstreben seiner Bürger. In Deutschland dürfen die Besitzer von 2006 installierten Solaranlagen den erzeugten Strom für 20 Jahre (die Lebensdauer einer Anlage) mit rund 51,8 Cent pro Kilowattstunde an die Stromerzeuger verkaufen. „Das ist ein sehr hoher Preis“, urteilt Inoue. Japaner erhalten derzeit nur ein Viertel des Betrags – rund 20 Yen.
Quelle: www.heise.de/tr/artikel/85116