Aus "DIE WELT" von heute (5.8.2000):
New Economy - Neue Wirtschaft: Das Urgestein
des Neuen Marktes bläßt zum Rückzug
Von Holger Zschäpitz
Berlin - Die Bombe platzte am Donnerstag:
Mobilcom-Chef Gerhard Schmid verkündete auf
einer Veranstaltung der "Telebörse" in Frankfurt
einen möglichen Rückzug vom Neuen Markt. Die
Meldung passt gut in die negative Stimmung. Denn
mit Mobilcom würde nicht irgendein, sondern gleich
das Gründungsunternehmen dem
Wachstumssegment freiwillig den Rücken kehren.
Ebenfalls in Frankfurt. Kurt Ochner, Fondsmanager
bei Julius Bär, hatte die Presse für seine
Generalabrechnung mit dem Neuen Markt
zusammengetrommelt. Von den derzeitigen
Neuemissionen sei maximal die Hälfte börsenfähig.
Der Rest könne sich nicht behaupten und ziehe den
Markt nach unten. Schuld an der Misere seien auch
die Banken, die oftmals statt der Emittenten nur die
eigenen Provisionserlöse im Kopf hätten, so "Mister
Neuer Markt". Auch Mobilcom-Lenker Schmid hält
sich mit Kritik nicht zurück: Manche Händler und
Investoren hätten regelrecht "Spaß daran", die
Kurse der Technologietitel künstlich zu bewegen,
geißelt er die Kursschwankungen.
Verkehrte Welt? Auch wenn die Schelte gleich
zweier Neuen-Markt-Urgesteine zeitlich wohlplatziert
ist, gibt sie doch Rätsel auf. Unvergessen ist etwa
die vor zwei Jahren geführte Diskussion zwischen
Mobilcom-Schmid und André Kostolány, in der der
Börsenaltmeister vom Neuen Markt als "Kasino mit
gezinkten Karten" sprach. Damals bescheinigte
Schmid Kostolány noch mangelnde Kenntnis über
das Segment, heute stößt er ins selbe Horn.
Sowohl Ochner als auch Schmid scheinen in der
gegenwärtig gedrückten Stimmung zu vergessen:
Der Neue Markt war es, der Schmids Büdelsdorfer
Telekomklitsche Mobilcom zum
Milliardenunternehmen machte - und Fondsmanager
Ochner vom Manager eines kleinen
Nebenwertefonds zum Star der Wirtschaftspresse.
Böse Zungen sehen bei Ochner im
medienwirksamen Auftritt eher den Versuch, die
diesjährige schwache Performance seines zwei
Mrd. Euro starken Flaggschiffes Special German zu
kaschieren und auf erfolgreichere von ihm
gemanagte Fonds wie den GAM Star All Germany
zu verweisen. Auch Schmid dürfte weniger zum
"Robin Hood" der Anleger mutiert sein. Er liebäugelt
mit der ersten Aktienliga, dem Dax.
Doch beide dürften sich keinen großen Gefallen mit
ihrer Neuen-Markt-Schelte tun. Denn beide
profitieren noch vom Nimbus des
Wachstumssegmentes. Nicht nur die
Mobilcom-Aktie könnte vom gegenwärtigen
Kurs/Gewinn-Verhältnis von knapp 100 an das
allgemeine Dax-Niveau von unter 30 angepasst
werden.
New Economy - Neue Wirtschaft: Das Urgestein
des Neuen Marktes bläßt zum Rückzug
Von Holger Zschäpitz
Berlin - Die Bombe platzte am Donnerstag:
Mobilcom-Chef Gerhard Schmid verkündete auf
einer Veranstaltung der "Telebörse" in Frankfurt
einen möglichen Rückzug vom Neuen Markt. Die
Meldung passt gut in die negative Stimmung. Denn
mit Mobilcom würde nicht irgendein, sondern gleich
das Gründungsunternehmen dem
Wachstumssegment freiwillig den Rücken kehren.
Ebenfalls in Frankfurt. Kurt Ochner, Fondsmanager
bei Julius Bär, hatte die Presse für seine
Generalabrechnung mit dem Neuen Markt
zusammengetrommelt. Von den derzeitigen
Neuemissionen sei maximal die Hälfte börsenfähig.
Der Rest könne sich nicht behaupten und ziehe den
Markt nach unten. Schuld an der Misere seien auch
die Banken, die oftmals statt der Emittenten nur die
eigenen Provisionserlöse im Kopf hätten, so "Mister
Neuer Markt". Auch Mobilcom-Lenker Schmid hält
sich mit Kritik nicht zurück: Manche Händler und
Investoren hätten regelrecht "Spaß daran", die
Kurse der Technologietitel künstlich zu bewegen,
geißelt er die Kursschwankungen.
Verkehrte Welt? Auch wenn die Schelte gleich
zweier Neuen-Markt-Urgesteine zeitlich wohlplatziert
ist, gibt sie doch Rätsel auf. Unvergessen ist etwa
die vor zwei Jahren geführte Diskussion zwischen
Mobilcom-Schmid und André Kostolány, in der der
Börsenaltmeister vom Neuen Markt als "Kasino mit
gezinkten Karten" sprach. Damals bescheinigte
Schmid Kostolány noch mangelnde Kenntnis über
das Segment, heute stößt er ins selbe Horn.
Sowohl Ochner als auch Schmid scheinen in der
gegenwärtig gedrückten Stimmung zu vergessen:
Der Neue Markt war es, der Schmids Büdelsdorfer
Telekomklitsche Mobilcom zum
Milliardenunternehmen machte - und Fondsmanager
Ochner vom Manager eines kleinen
Nebenwertefonds zum Star der Wirtschaftspresse.
Böse Zungen sehen bei Ochner im
medienwirksamen Auftritt eher den Versuch, die
diesjährige schwache Performance seines zwei
Mrd. Euro starken Flaggschiffes Special German zu
kaschieren und auf erfolgreichere von ihm
gemanagte Fonds wie den GAM Star All Germany
zu verweisen. Auch Schmid dürfte weniger zum
"Robin Hood" der Anleger mutiert sein. Er liebäugelt
mit der ersten Aktienliga, dem Dax.
Doch beide dürften sich keinen großen Gefallen mit
ihrer Neuen-Markt-Schelte tun. Denn beide
profitieren noch vom Nimbus des
Wachstumssegmentes. Nicht nur die
Mobilcom-Aktie könnte vom gegenwärtigen
Kurs/Gewinn-Verhältnis von knapp 100 an das
allgemeine Dax-Niveau von unter 30 angepasst
werden.