Die FAZ funkt nicht mehr

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Die FAZ funkt nicht mehr

 
02.12.02 05:56
Von Peter Ehrlich, Berlin

Nach genau zwei Jahren und zehn Tagen hat der Radio-Nachrichtensender der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in der Nacht zum Sonntag seinen Betrieb eingestellt. Damit gibt es vorerst keine private Konkurrenz mehr im Hörfunk zu den reinen Nachrichtenprogrammen der ARD.

Zugleich gingen sieben Jahre Berliner Radiogeschichte zu Ende. Auf der Berliner UKW-Frequenz 93,6 hatten zuvor die Vorgänger "Newstalk" und "Berlin aktuell" gesendet. Mit einem kurzen Hinweis auf die Schließung des Senders und einem "Tschüs" von zwei Dutzend zum Abschied ins schmucklose Sendestudio gekommenen Mitarbeitern zwei Sekunden vor Mitternacht endete der Ausflug der FAZ ins Radiogeschäft. Vertreter der Geschäftsführung ließen sich bei der spontanen Abschiedsparty nicht sehen.

Entlassen werden allein in Berlin etwa 30 fest angestellte Redakteure und Techniker, insgesamt gehen rund 100 Arbeitsplätze verloren. Mitarbeiter machten die unentschiedene Strategie der FAZ für die Schließung verantwortlich. Zuletzt habe das Mutterhaus in Frankfurt offenbar aus Angst vor weiteren Kosten nicht einmal mehr ernsthafte Verhandlungen mit möglichen Interessenten geführt, hieß es. Die FAZ selbst erwartet in diesem Jahr erhebliche Verluste.



Verlust nicht mehr tragbar


Den Mitarbeitern hatte die FAZ erklärt, nach zwei Jahren mit Verlusten sei der Sender nicht mehr tragbar. Dabei hatte man noch Anfang des Jahres kräftig in das "FAZ-Businessradio" investiert. Nach der Rettung von Berlin aktuell durch die FAZ hatte das Frankfurter Zeitungshaus zunächst in München eine Frequenz erhalten und sendete dort wie in Berlin lokale Nachrichten, in 2002 wurde mit reichlich politischer Prominenz der Ableger für Frankfurt eröffnet. Außerdem konnte man das in Politik und Wirtschaft wegen seiner Professionalität geschätzte 24-Stunden-Wortprogramm bundesweit über Satellit, im Internet sowie über Kabel empfangen.


Während die Münchner Sendelizenz von Focus-Chef Helmut Markwort übernommen wurde, herrscht seit Sonntag Schweigen auf der Berliner Frequenz. Als vergangene Woche der FAZ-Redakteur und Buchautor Florian Illies die Zeitung verließ, hatte Herausgeber Frank Schirrmacher noch von einer der größten Niederlagen seines Lebens gesprochen. Derartige Beileidsbekundungen der Herausgeber für die 100 Radio-Mitarbeiter wurden nicht bekannt.



© 2002 Financial Times Deutschland
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