Die Dürre im Kapitalmarktgeschäft setzt sich im ersten Quartal fort
Nur das Anleiheemissionsgeschäft floriert / Weiterer Stellenabbau stellt die Strategie vieler Banken in Frage
mtr. FRANKFURT, 19. März. Für die im Investmentbankgeschäft tätigen Geldinstitute zeichnet sich keine Entspannung ab. Der laufende Monat März wird wohl an die schwache Entwicklung der ersten beiden Monate anknüpfen, ist aus den Kapitalmarktabteilungen der Banken zu hören. Wie schwach die Geschäftsentwicklung im Januar und Februar 2002 war, zeigt eine Untersuchung von Schroder Salomon Smith Barney (Citigroup).
Dieser zufolge lag in beiden Monaten zusammengerechnet das Volumen der angekündigten Fusionen und Übernahmen (M&A) in Europa um mehr als die Hälfte niedriger als im Monatsdurchschnitt des vierten Quartals 2001. Verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Transaktionsvolumen im gesamten Jahr 2001 ging dieses Volumen in Europa sogar um fast zwei Drittel zurück. In den Vereinigten Staaten bewegen sich die Zahlen in vergleichbarer Größenordnung.
Stärker als in Amerika ist in Europa das Volumen der Aktienemissionen gefallen. Im Vergleich zum Durchschnitt des vierten Quartals 2001 betrug der Rückgang in Europa fast 60 Prozent, während er in Amerika bei 42 Prozent lag. Im Vergleich zum Monatsschnitt des Gesamtjahres brach das Emissionsvolumen in Europa um fast 50 Prozent, in Amerika aber nur etwas mehr als 20 Prozent ein. Die günstigen Refinanzierungsbedingungen nutzen die Unternehmen unterdessen zu einem Sturm auf den Anleihemarkt. In Europa schnellte der Studie zufolge das Volumen der begebenen hochverzinslichen Anleihen im Vergleich zum Schnitt des vierten Quartals um fast 80 Prozent hoch, in Amerika um 10 Prozent. Bei den Anleihen von Schuldnern mit guter Bonität erhöhte sich das Volumen in Europa um fast ein Drittel, während es in Amerika um 4 Prozent zurückging.
Dieses florierende Emissionsgeschäft mit Anleihen rettet manches Institut zwar noch über die Runden, aber die Provisionen sind hier deutlich niedriger als im Aktienemissionsgeschäft oder bei der Beratung bei Fusionen und Übernahmen. Die in den Jahren des Börsenbooms aufgebauten Personalkapazitäten sind damit bei einer insgesamt weiterhin schwachen Geschäftslage nicht zu finanzieren.
Zudem erkaufen sich viele Investmentbanken die Mandate für die Begebung von Anleihen bei ihren Kunden mit der zusätzlichen Gewährung von Krediten zu Konditionen, die unter den marktgängigen Sätzen liegen. Unter dem Strich ist dies kein gutes Geschäft, es wird aber von den Bankern unter anderem damit gerechtfertigt, daß es gelte, die Kundenbeziehungen auch in schwierigen Marktzeiten zu pflegen. So will man sich für die erhofften besseren Zeiten positionieren, wenn wieder margenträchtigere Mandate zu vergeben sind. Die derzeitige Situation spielt somit jenen Häusern in die Hände, die über große Bilanzen verfügen, um Kredite zu vergeben - wie zum Beispiel die Citigroup, JP Morgan Chase oder auch die Deutsche Bank.
Wenn sich die schwache Geschäftsentwicklung fortsetzt, stellt sich für viele Institute nicht nur die Frage nach weiterem Personalabbau, sondern auch nach ihrem Geschäftsmodell. In den vergangenen Jahren haben fast alle Anbieter darauf gesetzt, ihren Kunden alle Dienstleistungen des Kapitalmarktgeschäfts anzubieten. Angesichts der wachsenden Komplexität von Kapitalmarkttransaktionen ist dies auch sinnvoll, denn bei einer großen, grenzüberschreitenden Übernahme ist zum Beispiel die Expertise von Experten für deren Finanzierungsaspekte ebenso gefragt wie für die Absicherung von Zins- und Währungsrisiken.
Ein solches integriertes Angebot erfordert aber zugleich das Vorhalten großer und zugleich spezialisierter Mannschaften. Bei der ersten Entlassungswelle Ende vergangenen Jahres ließ sich der Personalabbau noch meist durch globale Reduzierung der Mitarbeiterzahlen über alle Abteilungen hinweg umsetzen. Bei einer weiteren Entlassungswelle würden aber manche Geschäftsbereiche im Kapitalmarktgeschäft die kritische Grenze unterschreiten, unterhalb der es keinen Sinn mehr ergibt, diese Expertise überhaupt vorzuhalten. Die Strategie einer umfassenden Kundenbetreuung aus einer Hand wäre damit hinfällig.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2002, Nr. 67 / Seite 32
Nur das Anleiheemissionsgeschäft floriert / Weiterer Stellenabbau stellt die Strategie vieler Banken in Frage
mtr. FRANKFURT, 19. März. Für die im Investmentbankgeschäft tätigen Geldinstitute zeichnet sich keine Entspannung ab. Der laufende Monat März wird wohl an die schwache Entwicklung der ersten beiden Monate anknüpfen, ist aus den Kapitalmarktabteilungen der Banken zu hören. Wie schwach die Geschäftsentwicklung im Januar und Februar 2002 war, zeigt eine Untersuchung von Schroder Salomon Smith Barney (Citigroup).
Dieser zufolge lag in beiden Monaten zusammengerechnet das Volumen der angekündigten Fusionen und Übernahmen (M&A) in Europa um mehr als die Hälfte niedriger als im Monatsdurchschnitt des vierten Quartals 2001. Verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Transaktionsvolumen im gesamten Jahr 2001 ging dieses Volumen in Europa sogar um fast zwei Drittel zurück. In den Vereinigten Staaten bewegen sich die Zahlen in vergleichbarer Größenordnung.
Stärker als in Amerika ist in Europa das Volumen der Aktienemissionen gefallen. Im Vergleich zum Durchschnitt des vierten Quartals 2001 betrug der Rückgang in Europa fast 60 Prozent, während er in Amerika bei 42 Prozent lag. Im Vergleich zum Monatsschnitt des Gesamtjahres brach das Emissionsvolumen in Europa um fast 50 Prozent, in Amerika aber nur etwas mehr als 20 Prozent ein. Die günstigen Refinanzierungsbedingungen nutzen die Unternehmen unterdessen zu einem Sturm auf den Anleihemarkt. In Europa schnellte der Studie zufolge das Volumen der begebenen hochverzinslichen Anleihen im Vergleich zum Schnitt des vierten Quartals um fast 80 Prozent hoch, in Amerika um 10 Prozent. Bei den Anleihen von Schuldnern mit guter Bonität erhöhte sich das Volumen in Europa um fast ein Drittel, während es in Amerika um 4 Prozent zurückging.
Dieses florierende Emissionsgeschäft mit Anleihen rettet manches Institut zwar noch über die Runden, aber die Provisionen sind hier deutlich niedriger als im Aktienemissionsgeschäft oder bei der Beratung bei Fusionen und Übernahmen. Die in den Jahren des Börsenbooms aufgebauten Personalkapazitäten sind damit bei einer insgesamt weiterhin schwachen Geschäftslage nicht zu finanzieren.
Zudem erkaufen sich viele Investmentbanken die Mandate für die Begebung von Anleihen bei ihren Kunden mit der zusätzlichen Gewährung von Krediten zu Konditionen, die unter den marktgängigen Sätzen liegen. Unter dem Strich ist dies kein gutes Geschäft, es wird aber von den Bankern unter anderem damit gerechtfertigt, daß es gelte, die Kundenbeziehungen auch in schwierigen Marktzeiten zu pflegen. So will man sich für die erhofften besseren Zeiten positionieren, wenn wieder margenträchtigere Mandate zu vergeben sind. Die derzeitige Situation spielt somit jenen Häusern in die Hände, die über große Bilanzen verfügen, um Kredite zu vergeben - wie zum Beispiel die Citigroup, JP Morgan Chase oder auch die Deutsche Bank.
Wenn sich die schwache Geschäftsentwicklung fortsetzt, stellt sich für viele Institute nicht nur die Frage nach weiterem Personalabbau, sondern auch nach ihrem Geschäftsmodell. In den vergangenen Jahren haben fast alle Anbieter darauf gesetzt, ihren Kunden alle Dienstleistungen des Kapitalmarktgeschäfts anzubieten. Angesichts der wachsenden Komplexität von Kapitalmarkttransaktionen ist dies auch sinnvoll, denn bei einer großen, grenzüberschreitenden Übernahme ist zum Beispiel die Expertise von Experten für deren Finanzierungsaspekte ebenso gefragt wie für die Absicherung von Zins- und Währungsrisiken.
Ein solches integriertes Angebot erfordert aber zugleich das Vorhalten großer und zugleich spezialisierter Mannschaften. Bei der ersten Entlassungswelle Ende vergangenen Jahres ließ sich der Personalabbau noch meist durch globale Reduzierung der Mitarbeiterzahlen über alle Abteilungen hinweg umsetzen. Bei einer weiteren Entlassungswelle würden aber manche Geschäftsbereiche im Kapitalmarktgeschäft die kritische Grenze unterschreiten, unterhalb der es keinen Sinn mehr ergibt, diese Expertise überhaupt vorzuhalten. Die Strategie einer umfassenden Kundenbetreuung aus einer Hand wäre damit hinfällig.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2002, Nr. 67 / Seite 32