wozu brauchen wir dann die Institute noch, fragen wir doch einfach den Gerd.
Spaß beiseite, erfahrungsgemäß haben sich die Instiute immer dann verschätzt, wenn sich dramatische Veränderungen an den Börsen ergeben haben. Schätze 'mal, es gibt keine Rezession.
Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hat den Rezessionsbefürchtungen der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute widersprochen und konjunkturstützende Maßnahmen abgelehnt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte am Dienstag in Leipzig: "Bei uns droht keine Rezession und wir sollten sie auch nicht herbeireden." Die Institutsforderung nach einem Vorziehen von Steuerentlastungen zu Lasten der Neuverschuldung lehnte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ab. Die großen Wirtschaftsverbände wie Oppositionspolitiker sahen sich durch die Analysen bestätigt, Politiker der Koalition stützten dagegen den Regierungskurs. Der DGB forderte ein öffentliches Investitionsprogramm. Der Euro notierte schwächer.
Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute nahmen ihre Wachstumsprognosen drastisch zurück und erklärten: "Die deutsche Wirtschaft befindet sich zurzeit am Rande einer Rezession." In ihrem Herbst-Gutachten sagten sie nur noch ein deutsches Wachstum im laufenden Jahr von 0,7 Prozent und von 1,3 Prozent im nächsten Jahr aus, erheblich weniger als noch im April geschätzt. Auch diese reduzierten Schätzungen, die den Stimmungseinbruch nach den Anschlägen in den USA einbeziehen, seien unsicher. Die Zahl der Arbeitslosen wird den Instituten zufolge im Durchschnitt des Jahres 2002 mit 3,86 Millionen noch leicht über die des laufenden Jahres von 3,845 Millionen ansteigen.
Fünf der sechs Institute empfahlen, die für 2003 geplanten Steuerentlastungen in Höhe von 13,5 Milliarden Mark vorzuziehen und dafür befristet eine höhere Neuverschuldung hinzunehmen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Neuverschuldung auf Null zurückzuführen.
Schröder sagte beim "Zukunftskongress Mitteldeutschland" in Leipzig, derzeit gebe es eine Wirtschaftsschwäche. Für das kommende Jahr deuteten die Basisdaten aber auf eine Belebung mit einem Wachstum in Höhe der Raten der 90er Jahren - ein bis 1,5 Prozent - hin. Der Kanzler wandte sich gegen Kurzfristmaßnahmen, die den Gleichklang von Wachstumsförderung und Konsolidierung störten. Allerdings sagte Schröder, über Einzelheiten im Rahmen dieser Grundlinie sei er gesprächsbereit.
Finanzminister Eichel lehnte zusätzliche Konjunkturmaßnahmen wie ein Vorziehen der Steuerreform ab. Die Finanzpolitik werde aber Konjunkturrisiken Rechnung tragen. "Ich kann aber nicht dazu raten und werde es auch nicht vorschlagen, dass wir den Konsolidierungskurs im Bundeshaushalt verlassen." Dies und die rückläufige Inflation mache es der Europäischen Zentralbank (EZB) leichter, durch günstige Zinsen den Erholungsprozess zu stützen. Dem Institutsvorschlag, sich künftig an konjunkturbereinigten Werten für das Staatsdefizit zu orientieren, werde er nicht folgen. Auch Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sprach sich gegen kreditfinanzierte Konjunkturhilfen aus.
Ungeachtet der Kritik an der Regierungspolitik sieht sich Eichel nach eigenen Worten durch das Institutsgutachten bestätigt. "Wir gehen in diesem Winter durch die Talsohle aber nicht in eine Rezession." Es müsse weiter gespart werden, der Bundeshaushalt weise die höchsten Schulden in Deutschland auf. "Den Konsolidierungskurs auch nur auszusetzen, käme einem Dammbruch gleich, ein schwerer Vertrauensverlust, was die Verlässlichkeit der Finanzpolitik betrifft mit schweren Schäden auch für unsere gemeinsame Währung, den Euro."
Auf eine positive Resonanz stießen die Institutsanalysen bei den Oppositionsparteien und den Wirtschaftsverbänden. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sprach von einem vernichtenden Zeugnis für die Wirtschaftspolitik der Regierung und forderte diese zu einer Kurswende gemäß den Institutsanregungen auf. Ähnlich äußerten sich der Fraktionschef der Unionsparteien im Bundestag, Friedrich Merz und CSU-Politiker. Für die FDP kündigte deren Wirtschaftspolitiker Rainer Brüderle eine Überarbeitung des "Blitzprogramms" seiner Partei zur Konjunkturbelebung entsprechend den Instituts-Analysen an.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, Industriepräsident Michael Rogowski, Handwerkspräsident Dieter Philipp, Außenhandelspräsident Anton Börner sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag forderten nahzu unisono ein Vorziehen der Steuerreform sowie Strukturreformen im Sozialbereich. Auch wenn das kurzzeitig die Neuverschuldung erhöhen würde, dürfe das kein Ende der Konsolidierungspolitik bedeuten. Philipp erklärte, inzwischen drohe im Handwerk nicht nur, wie bislang erwartet, ein Abbau von 120.000 Stellen in diesem Jahr, sondern von bis zu 200.000. Der Bundesverband deutscher Banken warnte vor Konjunkturprogrammen, wie sie die Gewerkschaften fordern. Der DGB erneuerte unterdessen seine Forderung, mit verstärkten öffentlichen Investitionen der Konjunktur Impulse zu geben.
Die Grünen-Finanzpolitikern Christine Scheel wie auch ihr SPD-Kollege Joachim Poß sprachen sich gegen einen Kurswechsel in der Finanzpolitik aus. Scheel sagte dem Radiosender FAZ 93,6, ein Vorziehen von Steuerentlastungen würde insbesondere Städte und Gemeinden weiter belasten und für etliche "das Aus" bedeuten. Poß nannte die Institutsvorschläge "nicht abgewogen", die Warnung vor einer Rezession sei "nicht hilfreich".