Deutsche Bank zittert um ihren Großinvestor aus China
Von Anne Kunz
01.02.2018
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, John Cryan: Er muss den Aktionären am Freitag Rede und Antwort stehen
Deutsche-Bank-Chef John Cryan hat einen Höllenjob: Ärger mit der Politik, Milliardenverluste, und jetzt droht seinem Großaktionär HNA auch noch das Geld auszugehen. Und das könnte ungemütlich werden.
Von großen Versprechungen hält John Cryan nicht viel. Viele empfinden ihn sogar als einen Pessimisten. Aber als der Deutsche-Bank-Chef Anfang der Woche wichtige Kunden und hessische Politikgrößen beim traditionellen Neujahrsempfang des Instituts begrüßte, wirkte er selbstbewusst und hoffnungsfroh.
Er machte die geladenen Gäste sogar geradezu neugierig auf das Jahresergebnis, das die Bank am Freitag vorstellt. „Dann werden Sie Näheres erfahren, was wir vorhaben“, sagte Cryan geheimnisvoll und wirkte dabei ungewohnt optimistisch. Die Gäste freute dies. Ihr Wunsch, dass es mit dem blauen Geldhaus endlich wieder aufwärtsgeht, war deutlich zu spüren.
Doch Cryan muss viel Überzeugungskraft haben, wenn er am Freitag tatsächlich eine positive Botschaft verkünden will. Schon jetzt ist klar, dass sein Haus wieder einen Verlust vermelden muss. Zum dritten Mal in Folge.
HNA hat finanzielle Probleme
Nicht nur, dass die Politik Cryan und seine Kollegen für ihre geplanten Bonuszahlungen scharf kritisiert. Nun dringt immer mehr in die Öffentlichkeit, wie tief der größte Aktionär der Bank, das chinesische Unternehmen HNA, in Problemen steckt.
HNA ist mit fast zehn Prozent an dem Frankfurter Geldhaus beteiligt. Insgesamt 3,5 Milliarden Euro haben die Chinesen in das Institut gesteckt. Cryan war über dieses Engagement nie richtig froh und bemühte sich stets um Distanz zu dem ungeliebten Aktionär.
Die Deutsche Bank fürchtet ihren unheimlichen Helfer
Doch ungelegen kam ihm die Unterstützung von HNA sicher auch nicht. Schließlich wirken Ankeraktionäre stabilisierend auf den Aktienkurs – und um den ist es bei der Deutschen Bank ohnehin nicht gut bestellt.
Umso schlimmer, dass der chinesische Konzern nach milliardenschweren Zukäufen hoch verschuldet ist und in einen Liquiditätsengpass zu rutschen droht. So fehlen kurzfristig mehr als zwei Milliarden Dollar in der Kasse. Die Chinesen müssen an ihr Tafelsilber ran, um die Lücke zu stopfen.
Durch den Verkauf von Beteiligungen will HNA im ersten Halbjahr umgerechnet 16 Milliarden Dollar einnehmen, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtete. Ein Fünftel des Betrags will das Konglomerat im ersten Quartal einnehmen.
Der trügerisch hohe Gewinn der Deutschen Bank
HNA ist nicht direkt an der Deutschen Bank beteiligt, sondern über die Wiener Vermögensverwaltung C-Quadrat, deren Chef Alexander Schütz auch im Aufsichtsrat der Bank sitzt. Von den mehr als drei Milliarden Euro, die HNA in die Deutsche Bank gesteckt hat, finanzierte sie mehr als zwei Drittel auf Pump – den Löwenanteil über Kredite von der UBS.
Mithilfe der Schweizer wählte HNA für ihre Beteiligung eine sogenannte Collar-Strategie, die sie vor Verlusten schützt.. So bekommen die Chinesen von der UBS eine Ausgleichszahlung, wenn die Aktie der Deutschen Bank unter 15 Euro fällt. Die UBS profitiert hingegen bei deutlichen Kursgewinnen.
Europäische Zentralbank ist alarmiert
Kritikern ist diese Konstruktion unheimlich. Sie fürchten, dass es HNA vor allem um Spekulationsgewinne geht. „Könnte gut sein, dass HNA als Großinvestor der Deutschen Bank schon bald wieder weg ist“, sagt Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch. Bei der Deutschen Bank stände damit ein größeres Aktienpaket zum Verkauf. „Zumindest kurzfristig wäre das wohl belastend für den Kurs“, so Hein.
„Europa braucht die Deutsche Bank“
HNA bestreitet indes, dass das Engagement bei der Deutschen Bank von kurzfristiger Natur sei. So sagte deren Abgesandter Schütz erst vor wenigen Wochen: „Die Deutsche Bank ist ein Kerninvestment für HNA, die Beteiligung hat einen hohen Prestigefaktor.“ Die Deutsche Bank sei in Asien sehr beliebt und genieße hohe Popularität, so Schütz. „Wir gehen davon aus, dass HNA langfristig an diesem Engagement festhält.“
Doch auch wenn HNA die Deutsche Bank gerne behalten würde, könnte es sein, dass die Aufsicht den Chinesen einen Strich durch die Rechnung machen wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) will schon länger ein Inhaberkontrollverfahren einleiten. Würde dies negativ ausfallen, könnten die EZB den Chinesen ihre Stimmrechte entziehen. Bisher mangelt es den Kontrolleuren allerdings an einer Begründung, um ein solches Verfahren einzuleiten. Die neuesten Entwicklungen könnten der EZB nun aber neue Munition liefern.
www.welt.de/wirtschaft/article173095799/...aktionaer-HNA.html