10.12.2009
Schiffe versenken mit der HSH Nordbank
Endlich, ein Bankvorstand a. D. bricht sein Schweigen. In einem Brief an GoMoPa erhebt der Banker schwere Vorwürfe gegen den Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank, Professor Dirk Jens Nonnenmacher (46), und den Ex-Verwaltungsratschef der Bank und heutigen Hamburger Regierungschef, Ole von Beust (54, CDU).
Schiffe, die im Hafen liegen, bringen
den Anlegern kein Geld© HSH NordbankUnter ihrer Verantwortung, so der Ex-Bankvorstand gegenüber GoMoPa, habe die mehrheitlich landeseigene und zugleich weltgrößte Schiffs-Finanzierungsbank aus Hamburg und Kiel (Schleswig Holstein) so genannte faule Kähne aus den Bilanzen der Bank mit einem Trick und natürlich auf dem Rücken kleiner Sparkassenkunden herausbekommen. Die HSH Nordbank habe die schlecht laufenden Schiffe in Form von Schiffs-Fonds am Schalter wie warme Semmeln verhökert, indem sie den Kunden das falsche Versprechen gaben, die Fonds seien absolut sicher. In Wirklichkeit waren die Kunden dem Auf und Ab der Auftragslage der Schiffe ausgeliefert, ohne dass sie als Eigner die nötigen Rechte besaßen, um auf die Geschicke der Kähne Einfluss nehmen zu können. Sie konnten nicht einmal über den Verkauf der Schiffe entscheiden.
Weiterhin habe die HSH Nordbank an der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bonn) vorbei und damit wahrscheinlich illegal Kreditgeschäfte in Höhe von hunderten Millionen Euro getätigt, die allesamt auch für eine Bank in dieser Höhe genehmigungspflichtig gewesen wären.
Des weiteren habe der kollektive Vorstand der Bank am Verwaltungsrat vorbei im Eilverfahren die Zweckgesellschaft Omega Capital gegründet, die der Bank einen Verlust von einer halben Milliarde Euro bescherte.
2,8 Milliarden Euro auf Null gesetzt
Vorstandsvorsitzender Pro-
fessor Dirk Jens Nonnen-
macher (46)©HSH NordbankDer Jahresfehlbetrag von rund 2,8 Milliarden Euro wurde zum Jahreswechsel 2009 einfach auf Null gesetzt. Und trotz einer Finanzspritze von 17 Milliarden Euro aus dem Soffin-Topf im vergangenen Jahr und einer Kapitalerhöhung um 3 Milliarden Euro in diesem Jahr fuhr die HSH Nordbank (4.365 Mitarbeiter) mit Dependancen für Firmenkunden in den Steuerparadiesen Cayman Islands und den Kanalinseln in den ersten neun Monaten 2009 einen Verlust vor Steuern von 886 Millionen Euro ein. Die Hauptbesitzer der Bank (Hamburg und Schleswig-Holstein) sprangen mit einer Bürgschaft über 10 Milliarden Euro ein.
Bilanzpolizei prüft jetzt die Abschlussberichte der Bank
Die BaFin in Bonn schaltete die Bilanzpolizei DPR (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung) ein, die nun alle Geschäftsberichte aus dieser Zeit unter die die Lupe nimmt. Dabei geht es auch um die im Jahre 2008 abgeschriebenen 500 Millionen Euro Verluste aus den umstrittenen Omega-Geschäften der Bank. Die HSH Nordbank verkaufte nämlich im Jahre 2007 ihre Immobilienkredite an ausländische Großbanken. Im Gegenzug musste die HSH Nordbank die Risiken einer Zweckgesellschaft, der Omega Capital, übernehmen. Mit riesigem Verlust.
Hinzu kam das "Geschenk" von 45 Millionen Euro, das die HSH Nordbank im Zuge der Kreditausfallversicherung CDS (Credit Default Swaps) Mitte November 2008 an Goldman Sachs in die USA überwies, obwohl der Versicherer die Fristen von drei Wochen nach der Lehman-Pleite im September 2008 forderungslos verstreichen lassen hat.
Nonnenmacher bekam Prämie von 2,9 Millionen Euro
Die Affären brachten die Bank an den Rand der Insolvenz und kosteten zwei Vorständen den Job. Nur den von Professor Dirk Jens Nonnenmacher (46) nicht, der seit dem 1. Oktober 2007 Finanzvorstandschef ist und am 17. November 2008 den Vorstandsvorsitz übernahm. Dafür, dass Nonnemacher an Bord blieb ("keiner wollte den Job machen", sagte Nonnenmacher dem Handelsblatt), bekam er vom ehemaligen Senator und HSH-Aufsichtsrat Wolfgang Peiner eine "Halteprämie" als Sonderzahlung von 2,9 Millionen Euro. Sehr zum Unwillen der Freien und Hansestadt Hamburg. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburger Bürgerschaft hat nun Wolfgang Peiner als Zeuge für die Milliardenverluste der Bank vorgeladen. Bei der Zeugenvernehmung soll es auch um die 2,9 Millionen Euro Sonderboni an Nonnenmacher gehen.
Sieht keine Fehler: Aufsichts-
ratschef Hilmar Kopper (74)Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Hilmar Kopper (seit 1. Juli 2009) stellt sich indes schützend vor Nonnenmacher. In einer Pressemitteilung betont er, dass Nonnenmacher "weder an der Entscheidung über den so genannten Goldman CDS noch an der Entscheidung zu Omega 52 beteiligt gewesen ist und seine Zustimmung zum Omega 55 Engagement keinen Pflichtverstoß darstellt".
Ein ehemaliger Bankvorstand bringt möglicherweise etwas mehr Licht in das Dunkel.
Der freie Journalist Erich Neumann von Business Crime Control e. V. Köln und Justizversagen sendete GoMoPa.net exklusiv ein Fakten-Protokoll zu, das der Bankvorstand a.D. verfasste und nun erstmalig der Öffentlichkeit übergibt. Lesen Sie selbst, wie die HSH Nordbank wirklich gearbeitet haben soll:
Vorwurf: Schiffs-Fonds mit falschen Versprechen zur Bilanzbereinigung
“Sie können Nichts verlieren, und was sie verdienen, ist größtenteils steuerfrei!“ Mit diesen Worten habe die HSH Nordbank an Sparkassenschaltern (5,3 Prozent der HSH sind im Sparkassenbesitz) an Otto-Normal-Verbraucher Schiffs-Fonds verkauft, ohne die Käufer darüber aufzuklären, dass das nur klappt, wenn die Schiffe auch wirklich auslaufen, und ohne den Käufern überhaupt Rechte als Schiffseigner zu gewähren. Verkaufte faule Fonds hätten nur dazu gedient, die Schiffsfinanzierung aus den Bilanzen der HSH verschwinden zu lassen und obendrein noch hohe Fondsverkaufsprovisionen zu kassieren.
Der Banker a.D. schrieb dazu:
Zitat:
Wie die HSH Nordbank ihr überzogenes und teilweise faules Schiffsfinanzierungsgeschäft mit Hilfe anderer Sparkassen auf ganz normale Menschen wie Sekretärinnen abgeschoben hat, ohne diesen die erforderlichen Rechte einzuräumen, und wie trickreich die Risiken versteckt wurden, ist schon nahezu filmreif.
Die HSH Nordbank ist weltgrößter Schiffsfinanzierer und hat ein riesiges Portfolio. Darunter natürlich auch viele "faule" Kähne. Aus diversen Schiffen hat die HSH Nordbank nun ein Anlageprodukt gezimmert, das im Wesentlichen so läuft:
Der Kunde zahlt beispielsweise 30.000 Euro ein. Diese werden geteilt. Zirka 15.000 Euro gehen in eine festverzinsliche Geldanlage und zirka 15.000 Euro in eine oder mehrere Schiffsbeteiligungen. Die Laufzeit beträgt zirka 20 bis 25 Jahre je nach Nutzungsdauer der enthaltenen Schiffe.
Der Zins der festverzinslichen Anlage ist ungünstig, aber hoch genug, dass sich die Anlage ohne Berücksichtigung der Steuer in der Anlagezeit verdoppelt.
Die Schiffsbeteiligung berechtigt den Beteiligten, am Erfolg der Schiffe zu partizipieren, und zwar am laufenden Ertrag ebenso wie am Verkaufserlös des Schiffes.
Die Zeichner wurden nur über einen Treuhänder eingetragen und sind weder als KG-Gesellschafter ins Handelsregister und schon gar nicht als Eigner ins Schiffs- register eingetragen.
Sie haben zwar ein Recht auf Eintragung des KG-Anteils, werden aber davon durch bürokratische Hürden (Vorlage einer notariellen Vollmacht) abgehalten. Sie sind also rechtlos.
Soweit so gut, aber folgende Probleme treten dabei auf:
Die Tonnagesteuer (ertragsunabhängig) ist gut, wenn ein Schiff Geld verdient. Sie bleibt aber genauso hoch, wenn es wegen einer Wirtschaftskrise nichts verdient.
Erträge wirft ein Schiff nur ab, wenn es fährt, in einer Wirtschaftskrise kostet es nur, weil es im Hafen liegt und auch noch der Liegeplatz bezahlt werden muss.
Verkaufen lässt sich am Ende ein Schiff auch nur dann, wenn mit ihm noch Geld zu verdienen ist.
Heißt: Das Geld, das in die Beteiligung geht, ist weg und muss erst wieder durch erfolgreichen Einsatz des Schiffes verdient werden.
Diesen Fond hat die HSH Nordbank über die Sparkassen (konkret Sparkasse Regensburg, aber auch andere) am Schalter mit dem Argument verkaufen lassen, dies sei eine 100prozentig sichere Anlage, man könne nichts verlieren.
Diese Aussage basiert darauf, dass die auf den "Sparanteil" auflaufenden Erträge am Schluss den möglichen Kapitalverlust aus der Beteiligung abdecken. Der Verkauf geschah jedoch an Hinz und Kunz.
Es versteht sich von selbst, dass damit das Portfolio der HSH Nordbank bereinigt wurde, denn ein Schiff das verkauft ist, und sei es durch einen Fonds, belastet die Bankbilanz nicht mehr. Außerdem verdient man mit solchen Fonds beachtliche Provisionen.
Gegen das Modell ist grundsätzlich nichts einzuwenden – aber nicht an Hinz und Kunz über den Sparkassenschalter mit der Bemerkung: “Sie können Nichts verlieren, und was sie verdienen ist größtenteils steuerfrei!“
Vorwurf: Millionenkredite an der BaFin vorbei
Zitat:
Faule Kreditgeschäfte wie die hunterte Millionen schweren Omega-Kredite hätten wegen der Größe einer Sondergenehmigung bedurft, die aber nie eingeholt wurde. Somit waren die Kreditgeschäfte illegal.
Der Bankvorstand a. D. schreibt dazu:
[quote]Weitere interessante Informationen gibt es zum angeblichen Verschweigen des Kredits bei der Aufsichtsbehörde – der Skandal liegt nicht im Verschweigen, sondern in der Genehmigungspflicht und dass ein solches Geschäft gemacht wurde. Denn Kreditgeschäfte von Banken sind grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig.
Eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde kommt nur dann in Betracht, wenn ein Kredit eine gesetzliche Grenze verletzt. So gibt es zum Beispiel eine Einzelkredithöchstgrenze, die ein Kreditinstitut bei einem Kredit an einen einzelnen Kreditnehmer nicht überschreiten darf. Nur wenn eine davon verletzt wird, ist eine so genannte Ausnahmegenehmigung erforderlich.
Wenn also, wie veröffentlicht ist, die HSH diese Ausnahmegenehmigung nicht eingeholt hat, hat sie ein Geschäft gemacht, das ihr aufgrund ihrer Größe verboten war, und das war dann auch noch faul.
Vorwurf: Die Vorstände agierten hinter dem Rücken des Verwaltungsrates
Nonnenmacher habe über den Eilbeschluss zur Gründung der Verlustgesellschaft Omega Capital Bescheid gewusst, behauptet der Banker.
Er führte dazu aus:
Zitat:
Der Beschluss zur Gründung der ominösen Objektgesellschaft war ein "Eilbeschluss". Dem liegt Folgendes zu Grunde, das sparkassenspezifisch ist:
Bei Sparkassen hat der Vorstand (das ist ein Kollegialorgan aller Mitglieder, das einzelne Vorstands- mitglied ist nicht Vorstand!) zwar alle Kredite zu entscheiden, bedarf aber ab einer bestimmten Größe der Zustimmung des Verwaltungsrates.
Der Ablauf funktionierte so: Genehmigung durch den Vorstand (da muss also ganz zwangsläufig Professor Nonnenmacher dabei sein oder sein ständiger Vertreter – da gibt es überhaupt kein Rätselraten). Die Genehmigung ist bis zur Genehmigung durch den Verwaltungsrat oder Kreditausschuss schwebend unwirksam.
Der Verwaltungsrat oder Kreditausschuss genehmigt zwar nicht, hebt aber die schwebende Unwirksamkeit auf und setzt damit den Beschluss in Kraft (wie der Bundespräsident mit einem Gesetz).
Verwaltungsratssitzungen sind nicht so häufig, so dass es vorkommt, dass eine Verwaltungsratsentscheidung zu spät käme, beispielsweise Quellekatalog: ja oder nein.
Für solche Fälle gibt es den Eilbeschluss. Hierbei ersetzen der Vorstandsvorsitzende zusammen mit dem Verwaltungsratsvorsitzenden die Zustimmung des Verwaltungsrates.
Ein Eilbeschluss schaltet also die Entscheidung der übrigen Verwaltungsratsmitglieder aus – der Vorstand muss vollzählig unterschrieben haben. Eilbeschlüsse sind dem Verwaltungsrat zwar nachträglich zur Kenntnis zu geben, können aber nicht mehr gestoppt werden.
Es ist schwer vorstellbar, dass der Beschluss, mehrere hundert Millionen fauler Wertpapiere durch mehrere hundert Millionen fauler Wertpapiere zu ersetzen, so eilbedürftig war, dass der Verwaltungsrat (bei diesem Betrag!) nicht rechtzeitig zu einer Sitzung zusammentreten kann.
Der Verwaltungsrat wurde also vorsätzlich ausgeschaltet.
Der Verwaltungsratsvorsitzende war damals (2007) Finanzsenator der Regierung und heutige Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust (54, CDU), und ist jetzt Verwaltungsratsvorsitzender des NDR!
Quelle: gomopa.net/...p;meldung=Schiffe-versenken-mit-der-HSH-Nordbank
"Wer gegen den Strom schwimmt, sollte das möglichst in der Nähe des Ufers tun."
"Wenn man in der falschen Richtung läuft, hat es keinen Zweck, das Tempo zu erhöhen"