Von Christian Garbe, Biotech-Analyst der GZ-Bank
17. Juni 2001 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind ein Prototyp für Zivilisationserkrankungen: Vor 1920 noch unbekannt, betrifft Morbus Crohn heute 0,5 Prozent der Bevölkerung westlicher Industrienationen. Verwandte Erkrankungen, wie der Reizdarm und die Divertikulitis betreffen bis zu 30 Prozent der Bevölkerung.
Aus Untersuchungen scheint klar, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen auf einem vererbbaren Krankheitsrisiko basieren, wobei auslösende Faktoren im Lebensstil westlicher Industriegesellschaften eine wichtige Rolle spielen. Durch molekularbiologische Untersuchungen konnte Morbus Crohn zu einer Region auf Chromosom 16 verfolgt werden.
Erstes Krankheitsgen entschlüsselt
In einer Reihe wichtiger Studien gelang jetzt die Identifikation des ersten Krankheitsgens auf Chromosom 16. Eine Mutation im so genannten NOD2-Gen führt zu einem vorzeitigen Abbruch in der Herstellung des durch das Gen verschlüsselten Einweißes. Die Folge der Verkürzung des NOD2-Eiweißes ist eine Fehlregulation der Entzündungsabwehr im Darm und damit der Reaktion auf die Bakterien des Stuhls. Damit gelingt es erstmalig, umweltspezifische Einflüsse (wie Ernährungsgewohnheiten, die die bakterielle Zusammensetzung des Stuhls beeinflussen) mit genetisch bedingten Störungen der Immunregulation in der Entstehung einer Krankheit zusammenzuführen.
Infrastruktur wichtig
Die Rekrutierung von Tausenden von betroffenen Patienten mit Morbus Crohn, die klinisch charakterisiert wurden und ihre DNA zur Verfügung gestellt haben, war in Deutschland mit einer Reihe konzertierter Aktionen möglich, an denen sich viele Gastroenterologen, ein BMBF-Kompetenznetz und die Patientenorganisation DCCV beteiligt haben. Dieses Beispiel zeigt, dass nur der Aufbau übergreifender Infrastrukturen es ermöglicht, einige Tausend Patienten gleichzeitig zu untersuchen und letztendlich die Ursachengene für Zivilisationskrankheiten zu finden.
Zwar ist mit NOD2 ein wichtiger Meilenstein erzielt, aber es müssen noch weitere folgen. Denn nur sechs Prozent der Patienten (diejenigen, die die Mutation in beiden Kopien des Gen tragen) entwickeln allein aus dem defekten Gen NOD2 Morbus Crohn. Weitere neun Prozent der Patienten erwerben durch NOD2 ein erheblich größeres Risiko zu erkranken, benötigen jedoch weitere Gendefekte für den Krankheitsausbruch. Die übrigen 85 Prozent sind auf andere Genkonstellationen zurückzuführen, die erst noch gefunden werden müssen.
Medikamente mit Blockbuster-Potenzial
Die Crohnsche Krankheit kann mit dem Produkt Remicade behandelt werden. Das Medikament ist von dem Biotechnologieunternehmen Centocor entwickelt worden und erzielt heute unter dem Dach von Johnson&Johnson einen Umsatz von 150 Millionen Dollar. Weitere Biotechnologieunternehmen wie Elan in Zusammenarbeit mit Biogen haben mit dem Medikament Antegren positive Ergebnisse in der Phase II zur Bekämpfung der Krankheit gemeldet. Auch Protein Design Lab steht in der Phase I/II mit einem Smart Anti-Gamma Interferon-Antikörper.
Es wird einmal mehr deutlich, dass die Biotechnologieunternehmen an der Speerspitze in der Entwicklung von Medikamenten beteiligt sind, die schnell ein Blockbuster-Potenzial erreichen können. Für Investoren bieten insbesondere Unternehmen, die sich mit der Bekämpfung von Zivilisationserkrankungen beschäftigen, eine lukrative Rendite.
17. Juni 2001 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind ein Prototyp für Zivilisationserkrankungen: Vor 1920 noch unbekannt, betrifft Morbus Crohn heute 0,5 Prozent der Bevölkerung westlicher Industrienationen. Verwandte Erkrankungen, wie der Reizdarm und die Divertikulitis betreffen bis zu 30 Prozent der Bevölkerung.
Aus Untersuchungen scheint klar, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen auf einem vererbbaren Krankheitsrisiko basieren, wobei auslösende Faktoren im Lebensstil westlicher Industriegesellschaften eine wichtige Rolle spielen. Durch molekularbiologische Untersuchungen konnte Morbus Crohn zu einer Region auf Chromosom 16 verfolgt werden.
Erstes Krankheitsgen entschlüsselt
In einer Reihe wichtiger Studien gelang jetzt die Identifikation des ersten Krankheitsgens auf Chromosom 16. Eine Mutation im so genannten NOD2-Gen führt zu einem vorzeitigen Abbruch in der Herstellung des durch das Gen verschlüsselten Einweißes. Die Folge der Verkürzung des NOD2-Eiweißes ist eine Fehlregulation der Entzündungsabwehr im Darm und damit der Reaktion auf die Bakterien des Stuhls. Damit gelingt es erstmalig, umweltspezifische Einflüsse (wie Ernährungsgewohnheiten, die die bakterielle Zusammensetzung des Stuhls beeinflussen) mit genetisch bedingten Störungen der Immunregulation in der Entstehung einer Krankheit zusammenzuführen.
Infrastruktur wichtig
Die Rekrutierung von Tausenden von betroffenen Patienten mit Morbus Crohn, die klinisch charakterisiert wurden und ihre DNA zur Verfügung gestellt haben, war in Deutschland mit einer Reihe konzertierter Aktionen möglich, an denen sich viele Gastroenterologen, ein BMBF-Kompetenznetz und die Patientenorganisation DCCV beteiligt haben. Dieses Beispiel zeigt, dass nur der Aufbau übergreifender Infrastrukturen es ermöglicht, einige Tausend Patienten gleichzeitig zu untersuchen und letztendlich die Ursachengene für Zivilisationskrankheiten zu finden.
Zwar ist mit NOD2 ein wichtiger Meilenstein erzielt, aber es müssen noch weitere folgen. Denn nur sechs Prozent der Patienten (diejenigen, die die Mutation in beiden Kopien des Gen tragen) entwickeln allein aus dem defekten Gen NOD2 Morbus Crohn. Weitere neun Prozent der Patienten erwerben durch NOD2 ein erheblich größeres Risiko zu erkranken, benötigen jedoch weitere Gendefekte für den Krankheitsausbruch. Die übrigen 85 Prozent sind auf andere Genkonstellationen zurückzuführen, die erst noch gefunden werden müssen.
Medikamente mit Blockbuster-Potenzial
Die Crohnsche Krankheit kann mit dem Produkt Remicade behandelt werden. Das Medikament ist von dem Biotechnologieunternehmen Centocor entwickelt worden und erzielt heute unter dem Dach von Johnson&Johnson einen Umsatz von 150 Millionen Dollar. Weitere Biotechnologieunternehmen wie Elan in Zusammenarbeit mit Biogen haben mit dem Medikament Antegren positive Ergebnisse in der Phase II zur Bekämpfung der Krankheit gemeldet. Auch Protein Design Lab steht in der Phase I/II mit einem Smart Anti-Gamma Interferon-Antikörper.
Es wird einmal mehr deutlich, dass die Biotechnologieunternehmen an der Speerspitze in der Entwicklung von Medikamenten beteiligt sind, die schnell ein Blockbuster-Potenzial erreichen können. Für Investoren bieten insbesondere Unternehmen, die sich mit der Bekämpfung von Zivilisationserkrankungen beschäftigen, eine lukrative Rendite.