m Internet wurden Milliarden verbrannt. Warum sollte es bei UMTS anders sein? Längst gibt es gute Alternativen.
Es war einmal die Geschichte vom E-Commerce: Jeder Kunde wird irgendwann nur noch per Mausklick einkaufen - wussten die Netzpioniere und leierten ihren Geldgebern riesige Summen aus dem Kreuz. Aber sie scheiterten spektakulär, weil der böse Kunde ihr
Spiel nicht mitspielte, lieber gratis herumklickte und um die Ecke einkaufte.
Seit einiger Zeit gibt es auch die Geschichte von UMTS: Jeder Kunde wird irgendwann alles, was er zum Leben braucht, über sein neues
Handy erledigen - wussten die Mobilfunkchefs und türmten deshalb Milliarde um Milliarde an Schulden auf. Sie zeigten Bilder märchenhaft
schöner Handys (ohne zu wissen, ob sie jemals funktionieren würden) und versprachen königliche Gewinne.
Wird der Kunde diesmal mitspielen?
Gehen wir einmal davon aus, dass die Technik in naher Zukunft tatsächlich funktioniert: Die neuen Handys sind einigermaßen handlich und die Übertragungsgeschwindigkeit bleibt auch dann noch erträglich, wenn mehr als zwei Kunden beim Datenaustausch zufällig nebeneinander sitzen (momentan würde einer dem anderen noch die Bandbreite abgraben).
Dann wird - glaubt man den Äußerungen der Mobilfunkchefs - mobil ins Internet gegangen, es werden Bilder und kleine Filme
verschickt, E-Mails abgerufen und Videokonferenzen abgehalten - alles per UMTS, natürlich. An den Schleusen dieses riesigen
Datenstromes säßen demnach die Netzbetreiber und würden einfach nur kassieren. Glaube das, wer will.
Herzstück der neuen UMTS-Märchenwelt sollte die schnelle Übermittlung von Bildern und Videos auf das Handy (mobile
Multimediadienste) sein, sagte vergangene Woche Telekom-Chef Ron Sommer: "Der aus unserer Sicht alles entscheidende
Erfolgsfaktor ist, dass mobile Multimediadienste, die über UMTS angeboten werden, die hohen Erwartungen der Kunden erfüllen." Mit
diesen Worten vertröstete er auch gleich seine Aktionäre darauf, dass ein vorzeigbarer Dienst erst im Jahr 2003 zu erwarten sei.
Die finnische Firma Oplayo hat allerdings schon jetzt einen mobilen Multimediadienst zum Laufen gebracht, der ohne UMTS auskommt.
Die Datenpakete werden dabei einfach über das Internet verschickt und kommen über die bereits eingeführten Mobilfunktechnologien
GPRS oder HSCSD aufs Handy. "Wir werden sicher nicht auf UMTS warten", sagt Marko Nordberg, der sich um den Verkauf der neuen
Technologie kümmert. Die erste Anwendung für den Nokia Communicator kündigt er für das zweite Halbjahr 2002 an. Funktioniert diese Technik, dann wird das so genannte Mulitmedia-Messaging nicht mehr allein in der Hand der Handyhersteller und Mobilfunkbetreiber
sein. Natürlich ist Nokia längst als Kunde und Investor bei Oplayo eingestiegen. Solche und ähnliche Ideen werden aller
Wahrscheinlichkeit nach gut funktionieren, wenn die neue Mobilfunkgeneration endlich marktreif ist.
Und damit nicht genug: Wenn UMTS seine Kinderkrankheiten überstanden hat, steht es in Konkurrenz zu mehreren günstigen Alternativen. In Städten wie Wien und Aachen, auf Flughäfen und in Hotels kann der Kunde heute schon Wireless LAN nutzen (W-LAN). Eine Steckkarte in das Notebook und ab geht es ins Netz (mit der dreifachen Geschwindigkeit der ersten UMTS-Geräte).
In der Wiener Innenstadt beispielsweise haben Elsa und Metronet 30 so genannte Accesspoints eingerichtet, die im Umkreis von 50 bis
500 Metern erreichbar sind. Über diese Einwahlknoten sind die meisten Kaffeehäuser, Hotels und Restaurants drahtlos vernetzt. Ein
zeitlich unbegrenzter drahtloser Netzzugang kostet für Geschäftskunden zwischen 20 und 35 Euro im Monat, wird eine bestimmte Datenmenge überschritten, kostet es mehr. Verglichen mit der Mobilfunklösung ist das Surfen im Internet über diesen Weg auf absehbare Zeit schneller, komfortabler und billiger.
W-LAN muss nicht auf Notebooks beschränkt bleiben. Ein Handy mit Bluetooth hat Ericsson bereits auf den Markt gebracht. Es ist gut möglich, dass bis zum kommerziellen UMTS-Start auch Geräte auf den Markt sind, die sich über W-LAN ins Internet einklinken und
Daten abholen - ohne dass die Betreiber der UMTS-Netze auch nur einen Pfennig zu sehen bekämen. Das Schöne an W-LAN ist
nämlich, dass die Basisstationen billig sind und die Betreiber keine milliardenteuren Lizenzen zahlen müssen.
Schließlich werden zu Beginn keine Handys auf den Markt kommen, die auf UMTS beschränkt sind. Es wird auch nach dem UMTS-Massenstart noch einige Zeit dauern, bis dieses Netz so flächendeckend funktioniert wie das gute alte GSM. Vodafone-Chef
Chris Gent hat außerdem vorgewarnt, dass die ersten UMTS-Handys nur mit "halber Kraft" funktionieren werden. Wahrscheinlich ist, dass der Kunde fast jederzeit auf andere, billigere und gewohnte Übertragungswege ausweichen kann, wenn ihm UMTS zu teuer oder zu kompliziert erscheint. Die Geschichte von den traumhaften UMTS-Gewinnen wird wohl ein Märchen bleiben - eines mit traurigem
Ende.