Der schwarze Montag am 19. Oktober 1987
Werden Börsianer heute nach dem schlimmsten Börsencrash befragt, so kommt als häufigste Antwort neben dem Crash des Jahres 1929 fast gleichzeitig auch der des Jahres 1987. Immerhin brach an jenem 19. Oktober 1987 der Dow Jones um über 500 Punkte ein. Die enge Vernetzung der Wirtschaften und die immer weiter vorangeschrittene Computerisierung des Handels führte damals zu einem weltweiten Kurseinbruch der Aktienmärkte. Gleichzeitig war die Krise auch die erste wirkliche Bewährungsprobe für den neuen US-Notenbankchef Alan Greenspan.
Der Aufschwung der 80er Jahre begann in einer politisch äußerst angespannten Lage. Nach dem erdrutschartigen Sieg des Republikaners Ronald Reagan bei der US-Präsidentenwahl 1980 setzte der als konservativ bekannte Reagan viele Energien in die Erneuerung des amerikanischen Selbstbewußtseins, das durch den Vietnamkrieg und die Watergate-Affäre stark gelitten hatte. Die Wiederherstellung der weltweiten Führungsposition der Vereinigten Staaten sollte vor allem in den Bereichen Militär und Wirtschaft erfolgen. Reagan senkte zunächst drastisch die Steuern und baute vor allem im Sozialbereich die Staatsausgaben rigoros ab. Gleichzeitig erhöhte er die Rüstungsausgaben enorm und begann ein neues Wettrüsten. So beschloss Reagan ohne die politisch Verbündeten zu unterrichten den Bau der Neutronenbombe und initiierte ein stark umstrittenes Raketen-Abwehrsystem. Damit wurde Anfang der Achtziger die Gefahr eines Atomkrieges erneut eines der Hauptgesprächsthemen von Politik und Gesellschaft.
Der Aktienmarkt hatte 1982 eine lange Seitwärtsbewegung hinter sich. So schaffte es der Dow Jones, der im November 1972 die 1000 Punkte-Marke überschritten hatte, erst knapp elf Jahre später am 24. Februar 1983 auch erstmals die 1100 zu überwinden. Auch in Deutschland hatte es der Index der Börsenzeitung im Jahr 1982 mit einem Schlusstand von 552 Punkten gerade einmal geschafft das Niveau vom Dezember 1972 zu überbieten. Die Schwankungsbreite lag bei nur 100 Punkten. In Deutschland hatte der Index mit dem von der AEG im Jahr 1982 beantragten Vergleichsverfahren im Juni 1982 bei rund 500 Punkten (Index der Börsenzeitung) einen neuen Jahrestiefststand erreicht. Das reale Bruttosozialprodukt lag bei minus einem Prozent und die Arbeitslosigkeit war 1982 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik auf über 2 Millionen geklettert. Die Ausgangslage für die Börsen schien also alles andere als positiv. Doch genau in dieser Phase begann eine der längsten Aufwärtsbewegungen, die die Börse bislang gesehen hat. Ausgangspunkt war wie so oft der amerikanische Aktienmarkt. Die Stärkung der Wirtschaft durch Reagan zeigte erste Wirkungen. In der dritten Augustwoche zeigte sich die Wall Street dann in ausgesprochener Rekordlaune, was schließlich auch in anderen Teilen der Erde zu steigenden Kursen führte. Die Superhausse, die mit kurzen Unterbrechungen bis ins Jahr 2000 anhalten sollte, war geboren. Der DAX, das deutsche Leitbarometer, konnte in den folgenden Jahren deutlich zulegen, wie die folgende Tabelle beweist:
Indexstand Performance
Dezember 1982 552,80 -
Dezember 1983 774,00 40,01%
Dezember 1984 820,90 6,06%
Dezember 1985 1366,20 66,43%
Dezember 1986 1432,30 4,84%
Auch der Dow konnte bis 1986 um fast 1000 Punkte zulegen. Doch die Hausse stand auf wackeligen Beinen.
Zwischen 1981 und 1987 hatten sich die Industrie-Nationen ungewöhnlich gegenläufig entwickelt. Einerseits mit einem Defizit auf amerikanischer Seite und Überschüssen vor allem auf japanischer und deutscher Seite andererseits. Nach dem Amtsantritt Reagans stieg der Dollar wieder mehr in der Gunst der Märkte und die restriktive Geldpolitik der US-amerikanischen Zentralbank unter dem Vorsitzenden Paul Volker konnte die Nachfrage nach der US-Währung weiter steigern. Bis 1982 wurde die Währung mehrmals aufgewertet. Als der Dollar im Februar 1985 erneut um 20 Prozent anstieg, regten sich erste Stimmen, die ein solches Ungleichgewicht als Problem bezeichneten. Im Plaza-Abkommen beschlossen die G-5 Länder deshalb 1985 eine Abwertung des Dollars. Dies zeigte zunächst auch die gewünschte Wirkung.
Am 22. Februar 1987 vereinbarten die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden westlichen Industrienationen in Paris im sogenannten Louvre-Abkommen eine intensivere Abstimmung der Wirtschafts- und Währungspolitik, um die immer noch vorhandenen Ungleichgewichte abzubauen und die Währungskurse auf dem zu diesem Zeitpunkt erreichtem Niveau zu stabilisieren. In Folge dieses Abkommens gelang es tatsächlich den Dollar bei einem Kurs von 1,80 DM zu stabilisieren. Die Börse reagierte auf das Abkommen mit weiteren Kurssteigerungen und konnte im August neue Höchststände im Dow (2722,42 Punkte am 25. August 1987) und dem DAX (knapp 1550 Punkte) erreichen.
Bereits im Juni 1987 warnte Börsenaltmeister Kostolany mit folgenden Worten vor einem Crash: "Von den Insidern spekuliert im Augenblick kaum mehr einer an den deutschen Börsen. Hier ist im Moment nämlich kein Geld zu machen. Sie haben während des Booms der letzten Jahre reichlich abkassiert und sind längst ausgestiegen. Im Augenblick ist an Bundesdeutschlands Börsen die Zeit der "Zittrigen" angebrochen, die weder über das erforderliche Kleingeld noch über die Geduld, aber schon gar nicht über das Feeling verfügen, um aus den Gesamtzusammenhängen messerscharf die nötigen Schlussfolgerungen ziehen zu können".
In der Tat kam wenig später der Wendepunkt. Da der Druck auf die amerikanische Währung trotz dem Louvre-Abkommen nicht nachließ, entschloss sich die amerikanische Notenbank zu einer Erhöhung der kurzfristigen Zinsen zur Stützung des Wechselkurses. Plötzlich überfiel Unsicherheit die Märkte und der Dow verlor zwischen August und Oktober 1987 in mehreren großen Sprüngen bei großen Umsätzen bereits 475 Punkte.
Am 17. Oktober kritisierte der amerikanische Finanzminister James Baker in einem Interview die geplante deutsche Quellensteuer und die kurz zuvor erfolgte leichte Anhebung des Zinssatzes für kurzfristige Wertpapieremissionsgeschäfte der Bundesbank. Durch die Leitzinsanhebung in Deutschland stieg der Kurs der D-Mark gegenüber dem Dollar weiter an. Als Gegenmaßnahme kündigte Baker eine überraschende Anhebung der amerikanischen Zinsen an.
In der Folge kam es am darauffolgenden Montag, den 19. Oktober 1987, zu Handelsbeginn zu einem starken Verkaufsdruck an der Wall Street. Erstmals in der Geschichte hatten dabei Computer großen Anteil an den fallenden Kursen. Der damals noch neue elektronische Handel eröffnete erstmals die Möglichkeit, Aktien in großen Mengen automatisch abzustoßen, sobald der Kurs unter eine bestimmte Kursmarke fällt. Der Überhang an Verkaufsaufträgen und die computergesteuerten Verkaufsprogrammen zur Kursabsicherung führten so zu einem sich selbst verstärkenden Preisverfall. Verkaufsorders führten zum Auslösen von Stoppmarken und diese wieder zu neuen Verkaufsorders, die die Kurse erneut unter die nächsten Stoppmarken schickten usw.
Ab Mittag, der Dow war bereits um 200 Punkte abgesackt, verschlimmerte sich die Situation abermals. Die auf ein Maximum von 400 Millionen Transaktionen ausgelegten Computer waren vollkommen überlastet und gaben falsche Preissignale ab. Zudem kamen erste Gerüchte über angeblich in Schwierigkeit geratene US-Unternehmen auf. Der Markt kollabierte. Beim Handelsschluss notierte der Dow nur noch bei 1738 Punkten, bis heute der größte prozentuale (-22,61%) und einer der höchsten absoluten (508 Punkte) Verluste des Dow Jones. 604 Millionen Papiere waren im Tagesverlauf umgeschlagen worden, die dreifache Menge eines normalen Handelstages. 479 Milliarden US-Dollar wurden an diesem einen Tag verloren.
Der deutliche Einbruch des Dow schockte Anleger weltweit und zog damit eine Flut von Crashs an den internationalen Handelplätzen mit sich. Auch in Australien, Deutschland, Frankreich, Hong Kong, Singapore, Tokio und Spanien gab es am 19. und 20. Dezember massive Kursverluste. Die dramatischen Einbrüche wurden sofort mit dem des Oktobers 1929 verglichen, dem ja eine langjährige Weltwirtschaftskrise folgte. Die Situation war deswegen äußerst kritisch und drohte in einer Katastrophe zu enden. In den USA war man deswegen nach dem Crash um Schadensbegrenzung bemüht. Noch am Abend des 19. Oktober trafen sich der amerikanische und der deutsche Finanzminister Baker und Stoltenberg und bekräftigten gemeinsam den Willen, die Beschlüsse der Louvre-Akte aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig versuchte Präsident Reagan die Wirtschaft und Finanzmärkte mit der Aussage "there is nothing wrong with the economy" zu beruhigen. Viele Unternehmen begannen in den auf den Crash folgenden Tagen demonstrativ eigene Aktien über die Börse zurückzukaufen, was ebenfalls einen positiven Signaleffekt auf die Börse hatte. Die wichtigste Rolle in dieser Phase spielte aber die amerikanische Zentralbank unter dem neuen Chef Alan Greenspan.
Im August 1987 hatte Greenspan die Führung der US-Notenbank (Fed) übernommen und nur gut zwei Monate später sah er sich bereits mit einer der schlimmsten Krisen seiner Amtszeit konfrontiert. Die Fed hatte die Zinsen bis Oktober schrittweise auf 7,5 Prozent angehoben. Bis Mitte November wurde der Zinssatz als Reaktion auf den Kurssturz auf 6,75 Prozent zurückgefahren. Doch noch eine andere Maßnahme förderte das Vertrauen der Anleger, die sehr gut im Buch "Alan Greenspan, Die Macht der Worte" aus dem TM Börsenverlag dargestellt ist:
"Greenspan macht das Vorgehen manchen Banken deutlich, die in den Tagen vor der Einlagensicherung deutlich sichtbar jede Menge Bargeld in ihren Schaufenstern zeigten: In gewisser Hinsicht griff die Zentralbank nach dem 19. Oktober auf ähnliche Maßnahmen zurück, denn man versuchte, die vernunftwidrigen Reaktionen im Finanzsystem auf ein Minimum zu reduzieren. Am frühen Morgen des 20. Oktober brachten wir ein Statement in Umlauf, in dem wir darauf hinwiesen, dass die Zentralbank bereit sei, der Volkswirtschaft und dem Finanzmarkt finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Um dieser Bereitschaft Nachdruck zu verleihen, trat die Zentralbank in Form von Geschäften und Transaktionen auf dem offenen Markt für jedermann sichtbar in Erscheinung. Jeden Tag, vom 19. bis zum 30. Oktober, wurden Rückkaufvereinbarungen getroffen. Diese waren ihrer Summe nach sehr hoch und wurden häufig zu einem früheren Zeitpunkt als gewöhnlich arrangiert, wodurch unsere Bestrebung, den Markt mit Mitteln flüssig zu halten, zusätzlich unterstrichen wurde."
Damit schaffte es Grenspan schließlich die Märkt zu beruhigen. Dennoch war die Hausse erst mal unterbrochen. Die Aktienmärkte konsolidierten. Der DAX schloss das Jahr bei 1000 Punkten, doch schon ein Jahr später begannen die Aktienkurse wieder zu steigen. Anfang der Neunziger warfen dann die Krise in Asien und der Golfkrieg erneut ihre Schatten auf die Börse. Immerhin hatte die NYSE ihre Lehren aus dem Crash gezogen und führte wenig später Sicherheitsbremsen im Computerhandel ein. Sinkt der Dow Jones um mehr als 350 Punkte, wird der Handel seitdem für 30 Minuten unterbrochen, bei einem Verlust von 550 Punkten für eine Stunde. Wenige Jahre später brach in Japan der Aktienmarkt zusammen und schickte das Land in eine tiefe Rezession.
Gruß JULIUS
Werden Börsianer heute nach dem schlimmsten Börsencrash befragt, so kommt als häufigste Antwort neben dem Crash des Jahres 1929 fast gleichzeitig auch der des Jahres 1987. Immerhin brach an jenem 19. Oktober 1987 der Dow Jones um über 500 Punkte ein. Die enge Vernetzung der Wirtschaften und die immer weiter vorangeschrittene Computerisierung des Handels führte damals zu einem weltweiten Kurseinbruch der Aktienmärkte. Gleichzeitig war die Krise auch die erste wirkliche Bewährungsprobe für den neuen US-Notenbankchef Alan Greenspan.
Der Aufschwung der 80er Jahre begann in einer politisch äußerst angespannten Lage. Nach dem erdrutschartigen Sieg des Republikaners Ronald Reagan bei der US-Präsidentenwahl 1980 setzte der als konservativ bekannte Reagan viele Energien in die Erneuerung des amerikanischen Selbstbewußtseins, das durch den Vietnamkrieg und die Watergate-Affäre stark gelitten hatte. Die Wiederherstellung der weltweiten Führungsposition der Vereinigten Staaten sollte vor allem in den Bereichen Militär und Wirtschaft erfolgen. Reagan senkte zunächst drastisch die Steuern und baute vor allem im Sozialbereich die Staatsausgaben rigoros ab. Gleichzeitig erhöhte er die Rüstungsausgaben enorm und begann ein neues Wettrüsten. So beschloss Reagan ohne die politisch Verbündeten zu unterrichten den Bau der Neutronenbombe und initiierte ein stark umstrittenes Raketen-Abwehrsystem. Damit wurde Anfang der Achtziger die Gefahr eines Atomkrieges erneut eines der Hauptgesprächsthemen von Politik und Gesellschaft.
Der Aktienmarkt hatte 1982 eine lange Seitwärtsbewegung hinter sich. So schaffte es der Dow Jones, der im November 1972 die 1000 Punkte-Marke überschritten hatte, erst knapp elf Jahre später am 24. Februar 1983 auch erstmals die 1100 zu überwinden. Auch in Deutschland hatte es der Index der Börsenzeitung im Jahr 1982 mit einem Schlusstand von 552 Punkten gerade einmal geschafft das Niveau vom Dezember 1972 zu überbieten. Die Schwankungsbreite lag bei nur 100 Punkten. In Deutschland hatte der Index mit dem von der AEG im Jahr 1982 beantragten Vergleichsverfahren im Juni 1982 bei rund 500 Punkten (Index der Börsenzeitung) einen neuen Jahrestiefststand erreicht. Das reale Bruttosozialprodukt lag bei minus einem Prozent und die Arbeitslosigkeit war 1982 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik auf über 2 Millionen geklettert. Die Ausgangslage für die Börsen schien also alles andere als positiv. Doch genau in dieser Phase begann eine der längsten Aufwärtsbewegungen, die die Börse bislang gesehen hat. Ausgangspunkt war wie so oft der amerikanische Aktienmarkt. Die Stärkung der Wirtschaft durch Reagan zeigte erste Wirkungen. In der dritten Augustwoche zeigte sich die Wall Street dann in ausgesprochener Rekordlaune, was schließlich auch in anderen Teilen der Erde zu steigenden Kursen führte. Die Superhausse, die mit kurzen Unterbrechungen bis ins Jahr 2000 anhalten sollte, war geboren. Der DAX, das deutsche Leitbarometer, konnte in den folgenden Jahren deutlich zulegen, wie die folgende Tabelle beweist:
Indexstand Performance
Dezember 1982 552,80 -
Dezember 1983 774,00 40,01%
Dezember 1984 820,90 6,06%
Dezember 1985 1366,20 66,43%
Dezember 1986 1432,30 4,84%
Auch der Dow konnte bis 1986 um fast 1000 Punkte zulegen. Doch die Hausse stand auf wackeligen Beinen.
Zwischen 1981 und 1987 hatten sich die Industrie-Nationen ungewöhnlich gegenläufig entwickelt. Einerseits mit einem Defizit auf amerikanischer Seite und Überschüssen vor allem auf japanischer und deutscher Seite andererseits. Nach dem Amtsantritt Reagans stieg der Dollar wieder mehr in der Gunst der Märkte und die restriktive Geldpolitik der US-amerikanischen Zentralbank unter dem Vorsitzenden Paul Volker konnte die Nachfrage nach der US-Währung weiter steigern. Bis 1982 wurde die Währung mehrmals aufgewertet. Als der Dollar im Februar 1985 erneut um 20 Prozent anstieg, regten sich erste Stimmen, die ein solches Ungleichgewicht als Problem bezeichneten. Im Plaza-Abkommen beschlossen die G-5 Länder deshalb 1985 eine Abwertung des Dollars. Dies zeigte zunächst auch die gewünschte Wirkung.
Am 22. Februar 1987 vereinbarten die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden westlichen Industrienationen in Paris im sogenannten Louvre-Abkommen eine intensivere Abstimmung der Wirtschafts- und Währungspolitik, um die immer noch vorhandenen Ungleichgewichte abzubauen und die Währungskurse auf dem zu diesem Zeitpunkt erreichtem Niveau zu stabilisieren. In Folge dieses Abkommens gelang es tatsächlich den Dollar bei einem Kurs von 1,80 DM zu stabilisieren. Die Börse reagierte auf das Abkommen mit weiteren Kurssteigerungen und konnte im August neue Höchststände im Dow (2722,42 Punkte am 25. August 1987) und dem DAX (knapp 1550 Punkte) erreichen.
Bereits im Juni 1987 warnte Börsenaltmeister Kostolany mit folgenden Worten vor einem Crash: "Von den Insidern spekuliert im Augenblick kaum mehr einer an den deutschen Börsen. Hier ist im Moment nämlich kein Geld zu machen. Sie haben während des Booms der letzten Jahre reichlich abkassiert und sind längst ausgestiegen. Im Augenblick ist an Bundesdeutschlands Börsen die Zeit der "Zittrigen" angebrochen, die weder über das erforderliche Kleingeld noch über die Geduld, aber schon gar nicht über das Feeling verfügen, um aus den Gesamtzusammenhängen messerscharf die nötigen Schlussfolgerungen ziehen zu können".
In der Tat kam wenig später der Wendepunkt. Da der Druck auf die amerikanische Währung trotz dem Louvre-Abkommen nicht nachließ, entschloss sich die amerikanische Notenbank zu einer Erhöhung der kurzfristigen Zinsen zur Stützung des Wechselkurses. Plötzlich überfiel Unsicherheit die Märkte und der Dow verlor zwischen August und Oktober 1987 in mehreren großen Sprüngen bei großen Umsätzen bereits 475 Punkte.
Am 17. Oktober kritisierte der amerikanische Finanzminister James Baker in einem Interview die geplante deutsche Quellensteuer und die kurz zuvor erfolgte leichte Anhebung des Zinssatzes für kurzfristige Wertpapieremissionsgeschäfte der Bundesbank. Durch die Leitzinsanhebung in Deutschland stieg der Kurs der D-Mark gegenüber dem Dollar weiter an. Als Gegenmaßnahme kündigte Baker eine überraschende Anhebung der amerikanischen Zinsen an.
In der Folge kam es am darauffolgenden Montag, den 19. Oktober 1987, zu Handelsbeginn zu einem starken Verkaufsdruck an der Wall Street. Erstmals in der Geschichte hatten dabei Computer großen Anteil an den fallenden Kursen. Der damals noch neue elektronische Handel eröffnete erstmals die Möglichkeit, Aktien in großen Mengen automatisch abzustoßen, sobald der Kurs unter eine bestimmte Kursmarke fällt. Der Überhang an Verkaufsaufträgen und die computergesteuerten Verkaufsprogrammen zur Kursabsicherung führten so zu einem sich selbst verstärkenden Preisverfall. Verkaufsorders führten zum Auslösen von Stoppmarken und diese wieder zu neuen Verkaufsorders, die die Kurse erneut unter die nächsten Stoppmarken schickten usw.
Ab Mittag, der Dow war bereits um 200 Punkte abgesackt, verschlimmerte sich die Situation abermals. Die auf ein Maximum von 400 Millionen Transaktionen ausgelegten Computer waren vollkommen überlastet und gaben falsche Preissignale ab. Zudem kamen erste Gerüchte über angeblich in Schwierigkeit geratene US-Unternehmen auf. Der Markt kollabierte. Beim Handelsschluss notierte der Dow nur noch bei 1738 Punkten, bis heute der größte prozentuale (-22,61%) und einer der höchsten absoluten (508 Punkte) Verluste des Dow Jones. 604 Millionen Papiere waren im Tagesverlauf umgeschlagen worden, die dreifache Menge eines normalen Handelstages. 479 Milliarden US-Dollar wurden an diesem einen Tag verloren.
Der deutliche Einbruch des Dow schockte Anleger weltweit und zog damit eine Flut von Crashs an den internationalen Handelplätzen mit sich. Auch in Australien, Deutschland, Frankreich, Hong Kong, Singapore, Tokio und Spanien gab es am 19. und 20. Dezember massive Kursverluste. Die dramatischen Einbrüche wurden sofort mit dem des Oktobers 1929 verglichen, dem ja eine langjährige Weltwirtschaftskrise folgte. Die Situation war deswegen äußerst kritisch und drohte in einer Katastrophe zu enden. In den USA war man deswegen nach dem Crash um Schadensbegrenzung bemüht. Noch am Abend des 19. Oktober trafen sich der amerikanische und der deutsche Finanzminister Baker und Stoltenberg und bekräftigten gemeinsam den Willen, die Beschlüsse der Louvre-Akte aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig versuchte Präsident Reagan die Wirtschaft und Finanzmärkte mit der Aussage "there is nothing wrong with the economy" zu beruhigen. Viele Unternehmen begannen in den auf den Crash folgenden Tagen demonstrativ eigene Aktien über die Börse zurückzukaufen, was ebenfalls einen positiven Signaleffekt auf die Börse hatte. Die wichtigste Rolle in dieser Phase spielte aber die amerikanische Zentralbank unter dem neuen Chef Alan Greenspan.
Im August 1987 hatte Greenspan die Führung der US-Notenbank (Fed) übernommen und nur gut zwei Monate später sah er sich bereits mit einer der schlimmsten Krisen seiner Amtszeit konfrontiert. Die Fed hatte die Zinsen bis Oktober schrittweise auf 7,5 Prozent angehoben. Bis Mitte November wurde der Zinssatz als Reaktion auf den Kurssturz auf 6,75 Prozent zurückgefahren. Doch noch eine andere Maßnahme förderte das Vertrauen der Anleger, die sehr gut im Buch "Alan Greenspan, Die Macht der Worte" aus dem TM Börsenverlag dargestellt ist:
"Greenspan macht das Vorgehen manchen Banken deutlich, die in den Tagen vor der Einlagensicherung deutlich sichtbar jede Menge Bargeld in ihren Schaufenstern zeigten: In gewisser Hinsicht griff die Zentralbank nach dem 19. Oktober auf ähnliche Maßnahmen zurück, denn man versuchte, die vernunftwidrigen Reaktionen im Finanzsystem auf ein Minimum zu reduzieren. Am frühen Morgen des 20. Oktober brachten wir ein Statement in Umlauf, in dem wir darauf hinwiesen, dass die Zentralbank bereit sei, der Volkswirtschaft und dem Finanzmarkt finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Um dieser Bereitschaft Nachdruck zu verleihen, trat die Zentralbank in Form von Geschäften und Transaktionen auf dem offenen Markt für jedermann sichtbar in Erscheinung. Jeden Tag, vom 19. bis zum 30. Oktober, wurden Rückkaufvereinbarungen getroffen. Diese waren ihrer Summe nach sehr hoch und wurden häufig zu einem früheren Zeitpunkt als gewöhnlich arrangiert, wodurch unsere Bestrebung, den Markt mit Mitteln flüssig zu halten, zusätzlich unterstrichen wurde."
Damit schaffte es Grenspan schließlich die Märkt zu beruhigen. Dennoch war die Hausse erst mal unterbrochen. Die Aktienmärkte konsolidierten. Der DAX schloss das Jahr bei 1000 Punkten, doch schon ein Jahr später begannen die Aktienkurse wieder zu steigen. Anfang der Neunziger warfen dann die Krise in Asien und der Golfkrieg erneut ihre Schatten auf die Börse. Immerhin hatte die NYSE ihre Lehren aus dem Crash gezogen und führte wenig später Sicherheitsbremsen im Computerhandel ein. Sinkt der Dow Jones um mehr als 350 Punkte, wird der Handel seitdem für 30 Minuten unterbrochen, bei einem Verlust von 550 Punkten für eine Stunde. Wenige Jahre später brach in Japan der Aktienmarkt zusammen und schickte das Land in eine tiefe Rezession.
Gruß JULIUS