Primion ist nach eigener Darstellung ein international tätiger Anbieter von soft- und hardwarebasierten Systemen für Zutrittskontrolle, Zeiterfassung und integrierte Sicherheitstechnik. Dies bedeutet, daß das Unternehmen komplette Produkte und Dienstleistungen rund um jede Tür und jedes Tor bietet, von dem jemand wissen muß, wer es wann durchquert und wie lange er bleibt.Wichtig war dies vor allem für den bislang größten Kunden Toll Collect. Mauthäuschen und Kontrollbrücken werden mit Zugangskontrollen und Alarmsystemen von Primion vor der Wut der Lkw-Fahrer beschützt. Hauptkunde von Primion ist die Deutsche Telekom. Die Abhängigkeit von Großkunden und Großprojekten gilt auch als eines der Risiken. Das Unternehmen hat im vergangenen Geschäftsjahr rund ein Drittel seines Umsatzes mit Töchtern der Deutschen Telekom abgewickelt. Rund 45 Prozent des Umsatzes entfielen auf Großprojekte.
Mit zwei Übernahmen zu mehr Wachstum
Der Erlös des Börsengangs von erwarteten 19 bis 20 Millionen Euro soll die Grundlage für organisches Wachstum und Akquisitionen schaffen. Indes geschieht dies schon teilweise nachträglich, denn ebenso sollen Verbindlichkeiten in Höhe von 5,5 Millionen Euro zurückgeführt werden. Diese resultieren aus zwei jüngst unternommenen Übernahmen, namentlich der Nürnberger Dr. Städtler GmbH und der spanischen Digitek.
Damit will Primion auch das Wachstum forcieren: In den vergangenen drei Jahren stieg der Umsatz von 12,6 Millionen über 15,8 Millionen bis auf 22,1 Millionen Euro im am 30. September endenden Geschäftsjahr 2004/05. Mit den Übernahmen wären weitere 13,3 Millionen Euro Jahresumsatz hinzugekommen, so daß der Gesamtumsatz des Quasi-Unternehmens 2004/2005 bei 34,3 Millionen Euro gelegen hätte.
Weniger dynamisch verlief dagegen die Gewinnentwicklung. Betrug das Konzernergebnis 2003/2004 1,65 Millionen Euro, so waren es 2004/2005 mit 1,73 Millionen Euro nur 4,5 Prozent mehr. Grund waren gestiegene Kosten. Vor allem die Materialkosten fielen um rund ein Drittel höher aus. Das Betriebsergebnis legte in diesem Zeitraum nur um 2,6 Prozent zu.
Positiver Trend soll sich fortsetzen
Für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres gibt Primion die Umsatzerlöse mit 9,7 Millionen Euro an. Wesentlicher Treiber seien abgeschlossene Projekte, zum Beispiel mit der Deutschen Telekom, BMW und Infraserv gewesen. Das Betriebsergebnis habe 1,9 Millionen Euro betragen und das Konzernergebnis 1,1 Millionen Euro.
Vergleicht man dies mit den Pro-Forma-Zahlen für das abgelaufene Geschäftjahr, so ergibt sich, eine gleichmäßige Verteilung über das Jahr vorausgesetzt, eine durchaus positive Entwicklung. Der Auftragsbestand von Primion wird zum 31. Dezember 2005 rund 12,4 Millionen Euro angegeben. Für das Geschäftsjahr 2005/2006 erwartet die Gesellschaft eine Fortsetzung des positiven Trends hinsichtlich Gesamtleistung und Ertrag.
Rund die Hälfte der angebotenen Aktien stammen aus der Hand der Altaktionäre. Durch mittelbare und unmittelbare Beteiligung ist dies zu 66,2 Prozent Vorstandschef Heinz Roth, der Rest entfällt auf andere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie aktuelle und ehemalige Mitarbeiter.
Bewertung rechnet auf das kommende Geschäftsjahr
Im Anschluß an die Emission bestünde das Grundkapital von Primion aus 5,55 Millionen Stückaktien und eine Marktkapitalisierung auf Basis der Zeichnungsspanne von 75 bis 80 Millionen Euro. Die Emissionsstudie von Equinet sieht das Unternehmen mit einem Wert von 77 bis 90 Millionen Euro als fair bewertet an. Daraus ließe sich je Aktie ein fairer Wert von 13,87 bis 16,22 Euro ableiten.
Auf Basis der Pro-Forma ausgewiesenen Gewinn- und Verlustrechnung hat Primion gemeinsam mit den zwei neuen Töchtern im vergangenen Geschäftsjahr ein Konzernergebnis von 2,48 Millionen Euro erzielt. Rechnet man für 2005/2006 mit einem Ergebnis von drei Millionen Euro, so läge das Emissions-KGV deutlich über 20.
Konsortialführer Equinet hält Primion für günstiger bewertet als vergleichbare Firmen aus der Branche wie die Schweizer Kaba Holding oder die Münchener Atoss Software. Die Investmentbank berechnet das Kurs-Gewinn-Verhältnis allerdings auf Basis des für 2006/07 erwarteten Gewinns von 99 Cent je Aktie, das sich demnach auf 13,7 bis 14,7 beliefe. Für das laufende Geschäftsjahr (zum 30. September) hat Roth nur 42 Cent je Aktie in Aussicht gestellt. Auf dieser Basis betrüge das Emissions-KGV aber 32 bis 34,5.
Vorläufig keine hohe Dividendenrendite
Die Differenz will der Vorstandschef unter anderem durch Synergien aus den Zukäufen Städtler und Digitek erreichen. Equinet spricht Primion die Möglichkeit zu, mithilfe des IPO-Erlöses im fragmentierten Markt als Konsolidierer aufzutreten. Allerdings gebe es einige ungleich größere Wettbewerber: Primion habe in Deutschland 2004 mit einem Marktanteil von sechs Prozent nur auf Platz sieben rangiert. Marktführer Interflex habe einen doppelt so hohen Marktanteil.
Angesichts der Bewertung sollte man wohl auch diese Strategie verfolgen. Roth will den Marktanteil auf deutlich über zehn Prozent erhöhen, auch im Ausland soll die Präsenz ausgebaut werden. Dabei könne er sich Zukäufe in Italien und England vorstellen.
In jedem Fall muß Primion angesichts der eher zukunftsgerichteten Bewertung also nach dem Börsengang zeigen, daß es den Wachstumskurs deutlich beschleunigen kann. Denn auch als Dividendenwert kann sich Primion nicht unbedingt profilieren. Zwar will der Börsenaspirant an seiner bisherigen Dividendenpolitik festhalten und zwischen 30 und 35 Prozent des Überschusses auszahlen. Doch beliefe sich die Dividendenrendite für das Jahr 2005/2006 nur auf wenig mehr als ein und für 2006/2007 auf wenig mehr als zwei Prozent.
...Das allgemein gute Börsensentiment könnte der Aktie auch zu ersten Zeichnungsgewinnen verhelfen. Darauf verlassen sollte man sich indes nicht unbedingt.FAZ