Roland Leuschel
Niccolò Alan Greeenspans Welt der Superlative
Nachdem wir die grösste Kapitalvernichtung aller Zeiten (über 10.000 Milliarden Dollar) und die grösste Firmenpleite in Amerika (Enron rund 70 Milliarden Dollar) bereits hinter uns haben, meldet der Medienkonzern AOL Time Warner im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres einen Rekordverlust von 54,2 Milliarden Dollar, wie gesagt im ersten Quartal 2002, dabei hatte der Konzern einen Supererfolg mit dem Film „Herr der Ringe“. Vielleicht gibt es demnächst eine Folge „Der Herr der Verluste“.
Wie Honig auf der Seele der Kapitalisten wirkte die Meldung des IWF in seiner Frühjahrsprognose: „Die Erholung der Weltwirtschaft schreitet viel schneller voran als bislang angenommen. Die USA stehen vor einem neuen Boom etc.etc.“ Wie ich öfters in meiner Kolumne hier an dieser Stelle wiederholt habe, unter anderem Anfang April: „Lassen Sie sich von den euphorischen Meldungen, die auf Grund eines Lageaufbaus bzw. kräftiger Staatsausgaben zustande kommen, nicht beirren und bleiben mit Ihrer Cashposition in Wartestellung.“ Es kann zum „Double Dip“ kommen, und dann gehen so manche Lichter in Amerika aus aber auch in Europa. Die Tiefststände vom Herbst letzten Jahres können an der Börse wieder getestet werden, und zum heutigen Zeitpunkt müssen wir hoffen, dass dieselben halten; denn ansonsten droht die Weltwirtschaftskrise II, uns was das bedeutet, brauche ich nicht auszumalen.
Übrigens die Protokolle der Offenmarktausschuss-Sitzungen (FOMC) der Federal Reserve sind nach 5 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich. Ich besitze diese Protokolle, uns aus der Sitzung vom 24. September 1996 geht eindeutig hervor, dass Alan Greenspan zugab, dass es eine Aktienblase gab („I recognize that we have a stockmarket problem...“), und ein Gouverneur Lawrence Lindsey voraussagte, sollte die Fed keine entsprechenden Maßnahmen treffen, dann bräuchte man nur an 1929 in Amerika und 1989 in Japan zu erinnern. („Die langfristigen Kosten einer Blase sind potentiell gross. Dazu zählt, dass die Sparquote sinkt, Vermögen scheinbar zufällig umverteilt wird und die Fähigkeiten knapper Finanzexperten auf das Ziel abgelenkt werden, sich Vermögen anzueignen.“)
Bei dem letzten Treffen dieses Offenmarktausschusses wurden unkonventionelle Maßnahmen besprochen, für den Fall, dass trotz der niedrigsten Zinsen seit 40 Jahren keine dauerhafte wirtschaftliche Erholung folgt. Darunter wurde auch der Kauf von Aktien durch Zentralbanken diskutiert. Ist es da nicht seltsam, dass auch der Bundesbankpräsident Welteke davon sprach, einen Teil der Goldreserven der Bundesbank zu verkaufen und in europäische Aktien zu tauschen? Die Notenbank als „buyer of last resort“ auf dem Aktienmarkt? Dann muss es aber ganz schön krachen.
Seltsamerweise hat Alan Greenspan auf die Gefahren des hohen Defizits der Leistungsbilianz Amerikas (4,5% des BSP Ende 2001) hingewiesen. Mit anderen Worten er befürchtet einen Kollaps des amerikanischen Dollars. Interessant insofern als er die eigene Aktienblase jahrelang gehegt und gepflegt hat, und jetzt vor dem Kongress am 17.04 ausdrücklich erklärte, im amerikanischen Immobilienmarkt gäbe es keine Blase. Übrigens wenn er damit empfahl, dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, könnte das nur weniger Importe und höhere Sparquoten in Amerika bedeuten, das heisst allgemein eine erheblich niedrigere Konsumquote. Wo soll dann das Wirtschaftswachstum herkommen? Hier ein Zitat aus dem lesenswerten Werk von Charles Kindleberger: „Manias, Panics and Crashes“: „Der Hang betrügen und betrogen zu werden verläuft während des Booms parallel zu dem Hang zu spekulieren“. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Spitzer soll über 50 „Dossiers“ gesammelt haben. An der Wall Street geht das Zittern um.
In der letzten Ausgabe der Zeitschrift „GoingPublic 5/02“ habe ich eine Kolumne „Standpunkt“ geschrieben „Alans Tulpenzwiebel.com oder der Hohepriester der Blasen“ und erklärt, warum Alan Greenspan sich einen zweiten Vornamen Niccolò zulegen sollte. Dies war der Vorname Macciavellis, der einst verkündete: „Es ist für einen Fürsten, der Grosses vollbringen will, notwendig zu lernen, wie man Menschen betrügt“: In Alan Greenspan hat Macciavelli einen würdigen Nachfolger in Sachen Geldpolitik gefunden, der die monetären Rahmenbedingungen für eine „Bubble Economy“ meisterlich organisiert hat.
Also bleiben Sie nach wie vor untergewichtet in Aktien, höchstens 30%, und fassen Sie nur Triple A Kurzläufer an und halten Sie maximale Cashpositionen. Allein im ersten Quartal dieses Jahres fielen 34 Milliarden Dollar Anleihen aus, eine Rekordpleitewelle in der Geschichte. Auch der Markt für Commercial Paper in den USA ist um über 50% eingebrochen. „Das Finanzgebäude wackelt“, schrieb die Financial Times am 24.04.02. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Roland Leuschel
26.04.2002
Niccolò Alan Greeenspans Welt der Superlative
Nachdem wir die grösste Kapitalvernichtung aller Zeiten (über 10.000 Milliarden Dollar) und die grösste Firmenpleite in Amerika (Enron rund 70 Milliarden Dollar) bereits hinter uns haben, meldet der Medienkonzern AOL Time Warner im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres einen Rekordverlust von 54,2 Milliarden Dollar, wie gesagt im ersten Quartal 2002, dabei hatte der Konzern einen Supererfolg mit dem Film „Herr der Ringe“. Vielleicht gibt es demnächst eine Folge „Der Herr der Verluste“.
Wie Honig auf der Seele der Kapitalisten wirkte die Meldung des IWF in seiner Frühjahrsprognose: „Die Erholung der Weltwirtschaft schreitet viel schneller voran als bislang angenommen. Die USA stehen vor einem neuen Boom etc.etc.“ Wie ich öfters in meiner Kolumne hier an dieser Stelle wiederholt habe, unter anderem Anfang April: „Lassen Sie sich von den euphorischen Meldungen, die auf Grund eines Lageaufbaus bzw. kräftiger Staatsausgaben zustande kommen, nicht beirren und bleiben mit Ihrer Cashposition in Wartestellung.“ Es kann zum „Double Dip“ kommen, und dann gehen so manche Lichter in Amerika aus aber auch in Europa. Die Tiefststände vom Herbst letzten Jahres können an der Börse wieder getestet werden, und zum heutigen Zeitpunkt müssen wir hoffen, dass dieselben halten; denn ansonsten droht die Weltwirtschaftskrise II, uns was das bedeutet, brauche ich nicht auszumalen.
Übrigens die Protokolle der Offenmarktausschuss-Sitzungen (FOMC) der Federal Reserve sind nach 5 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich. Ich besitze diese Protokolle, uns aus der Sitzung vom 24. September 1996 geht eindeutig hervor, dass Alan Greenspan zugab, dass es eine Aktienblase gab („I recognize that we have a stockmarket problem...“), und ein Gouverneur Lawrence Lindsey voraussagte, sollte die Fed keine entsprechenden Maßnahmen treffen, dann bräuchte man nur an 1929 in Amerika und 1989 in Japan zu erinnern. („Die langfristigen Kosten einer Blase sind potentiell gross. Dazu zählt, dass die Sparquote sinkt, Vermögen scheinbar zufällig umverteilt wird und die Fähigkeiten knapper Finanzexperten auf das Ziel abgelenkt werden, sich Vermögen anzueignen.“)
Bei dem letzten Treffen dieses Offenmarktausschusses wurden unkonventionelle Maßnahmen besprochen, für den Fall, dass trotz der niedrigsten Zinsen seit 40 Jahren keine dauerhafte wirtschaftliche Erholung folgt. Darunter wurde auch der Kauf von Aktien durch Zentralbanken diskutiert. Ist es da nicht seltsam, dass auch der Bundesbankpräsident Welteke davon sprach, einen Teil der Goldreserven der Bundesbank zu verkaufen und in europäische Aktien zu tauschen? Die Notenbank als „buyer of last resort“ auf dem Aktienmarkt? Dann muss es aber ganz schön krachen.
Seltsamerweise hat Alan Greenspan auf die Gefahren des hohen Defizits der Leistungsbilianz Amerikas (4,5% des BSP Ende 2001) hingewiesen. Mit anderen Worten er befürchtet einen Kollaps des amerikanischen Dollars. Interessant insofern als er die eigene Aktienblase jahrelang gehegt und gepflegt hat, und jetzt vor dem Kongress am 17.04 ausdrücklich erklärte, im amerikanischen Immobilienmarkt gäbe es keine Blase. Übrigens wenn er damit empfahl, dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, könnte das nur weniger Importe und höhere Sparquoten in Amerika bedeuten, das heisst allgemein eine erheblich niedrigere Konsumquote. Wo soll dann das Wirtschaftswachstum herkommen? Hier ein Zitat aus dem lesenswerten Werk von Charles Kindleberger: „Manias, Panics and Crashes“: „Der Hang betrügen und betrogen zu werden verläuft während des Booms parallel zu dem Hang zu spekulieren“. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Spitzer soll über 50 „Dossiers“ gesammelt haben. An der Wall Street geht das Zittern um.
In der letzten Ausgabe der Zeitschrift „GoingPublic 5/02“ habe ich eine Kolumne „Standpunkt“ geschrieben „Alans Tulpenzwiebel.com oder der Hohepriester der Blasen“ und erklärt, warum Alan Greenspan sich einen zweiten Vornamen Niccolò zulegen sollte. Dies war der Vorname Macciavellis, der einst verkündete: „Es ist für einen Fürsten, der Grosses vollbringen will, notwendig zu lernen, wie man Menschen betrügt“: In Alan Greenspan hat Macciavelli einen würdigen Nachfolger in Sachen Geldpolitik gefunden, der die monetären Rahmenbedingungen für eine „Bubble Economy“ meisterlich organisiert hat.
Also bleiben Sie nach wie vor untergewichtet in Aktien, höchstens 30%, und fassen Sie nur Triple A Kurzläufer an und halten Sie maximale Cashpositionen. Allein im ersten Quartal dieses Jahres fielen 34 Milliarden Dollar Anleihen aus, eine Rekordpleitewelle in der Geschichte. Auch der Markt für Commercial Paper in den USA ist um über 50% eingebrochen. „Das Finanzgebäude wackelt“, schrieb die Financial Times am 24.04.02. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Roland Leuschel
26.04.2002