von Elisabeth Atzler und Doris Grass (Frankfurt)
Die Dax-Konzerne haben ihre Gewinne einer Studie zufolge allein durch Anwendung des Rechnungslegungsstandards International Financial Reporting Standards (IFRS) kräftig verbessert. Der Gewinnausweis 2004 und 2005 sei dank IFRS durchschnittlich um bis zu 15 Prozent höher ausgefallen als nach früheren Rechnungsvorschriften, wie eine Studie der Ruhr-Universität Bochum und der Privatbank Sal. Oppenheim ergab.
Grund dafür seien vor allem die Regeln für die Bilanzierung von Pensionsrückstellungen und Goodwill (Firmenwertabschreibungen). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die aktuelle Bewertung der Dax-Titel irreführend ist, da viele Anleger sich nach wie vor an herkömmlichen Gewinnkennzahlen orientierten und die IFRS-Neuerungen ignorierten. Die Untersuchung zeigt, dass sich Aktienmarkt und Gewinnausweis in den letzen Jahren parallel bewegt haben. Womöglich wären ohne die neuen Bilanzregeln die Aktienkurse aber um zehn bis 15 Prozent geringer gestiegen, sagte Wolfgang Sawazki, Researchleiter bei Sal. Oppenheim. Nach 22 Prozent Aufschlag 2006 werden dem Dax auch 2007 Kurssteigerungen zugetraut. 2004 und 2005 war der Index um zusammen 34 Prozent geklettert.
IFRS lässt zu große Spielräume
IFRS wurde weltweit eingeführt, um Bilanzen besser vergleichbar zu machen. Nach Ansicht der meisten Wirtschaftsprüfer und anderer Bilanzexperten ist das aber keineswegs gelungen: Grund dafür sind die großen Interpretations- und Bewertungsspielräume. Nach Feststellungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nutzen die Unternehmen alle Wahlrechte und Freiheiten bei der Ermittlung des "fairen Werts" ihrer Vermögenswerte, um so ihre Gewinne zu steigern oder zu senken.
Die Studie warnt auch davor, dass die Ergebnisse künftig stärker schwanken werden. "Jedes Unternehmen hat die Chance, seine Geschichte neu zu schreiben", sagte der Bochumer Professor und Studienautor Bernhard Pellens. "Wir haben den Punkt erreicht, wo nur noch eine kleine Zahl von Experten tatsächlich über einen ausreichenden Kenntnisstand und ein so umfassendes Verständnis von IFRS verfügen, dass sie die Standards korrekt anwenden können", sagte Sven Hayn, Partner der Prüfungsgesellschaft Ernst & Young, der FTD.
Besonders die gerne verwendeten Maßgröße Ebit (Gewinn vor Steuern und Zinsen) unterliege keinen Standards und sind aus Sicht vieler Wirtschaftsprüfer daher nicht sehr glaubwürdig. Außenstehende benötigten aber für ihre Anlageentscheidungen verlässliche Aussagen über die künftige Entwicklung eines Unternehmens, weshalb der Cashflow immer stärker in den Fokus gerät.
Wirrwarr statt Einheit
Regeln Die International Financial Reporting Standards (IFRS) gelten in der EU seit 2005 und sollen die Bilanzen vereinheitlichen.
Prognosen Studien, unter anderem aus Großbritannien, haben allerdings ergeben, dass sehr viele Analysten ihre Prognosemodelle nicht auf die mit IFRS verbundenen Änderungen umgestellt haben - und daher auch keine Cashflow-Modelle nutzen.
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ftd.de, 09:00 Uhr
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