Analysten-Empfehlungen bringen kaum Mehrwert

Beitrag: 1
Zugriffe: 1.253 / Heute: 1
DAX 20.893,91 +1,22% Perf. seit Threadbeginn:   +256,58%
 
NRWTRADER:

Analysten-Empfehlungen bringen kaum Mehrwert

4
31.08.06 23:55

WELT-Analyse
Analysten-Empfehlungen bringen Anlegern kaum Mehrwert
Lieblinge der  Profis schneiden schlechter ab als der Dax. Außenseiter-Aktien können sich dagegen auszahlen.
Von Daniel Eckert

Berlin - Irgendein Spötter in Frankfurt soll Analysten mal "Gorillas im Nebel" genannt haben. Fest steht, dass die hoch bezahlten Kapitalmarktexperten (Jahresgehälter von 200 000 Euro sind für Spitzenkräfte keine Seltenheit) mit ihren Kursprognosen oft ebenso im Trüben fischen wie die Amateure. Das hat jetzt eine Analyse der WELT bestätigt: Demnach wären Anleger diesen Sommer besser gefahren, auf die bei Analysten unbeliebtesten Dax-Aktien zu setzen. Mit den Darlings der Auguren hätten sie dagegen eine im Vergleich zum Index leicht unterdurchschnittliche Wertentwicklung erzielt.

"Eine Vielzahl von Kaufempfehlungen allein ist keine ausreichende Basis für eine Investmententscheidung", sagt Wolfgang Mayr, Lenker des Aktienfonds WM Aktien Global UI. Und Thiemo Lang, Fondsmanager bei der Schweizer Privatbank Lombard Odier Darier Hentsch (LODH) ergänzt: "Sich bei Aktienkäufen und -verkäufen ohne weiteres Hinterfragen auf den Analystenkonsens zu verlassen, zahlt sich in der Regel nicht aus."

Tatsächlich wären Anleger, die Ende Juni, also nach dem Ende der Marktturbulenzen, gegen den Konsens gehandelt und die zehn unbeliebtesten Werte im deutschen Börsenbarometer geordert hätten, mit einer Outperformance von 3,2 Prozent gegenüber dem Index belohnt worden. Wer sich indes an die Profis hielt, schnitt mit seinem Favoritendepot sogar etwas schlechter ab als der Index. Grundlage für den ermittelten "Beliebtheitsgrad" einer Aktie waren die vom Finanzinformationsdienst Bloomberg gesammelten Dax-Analystenempfehlungen zum 30. Juni 2006.

Konkret verzeichneten die zehn von Branchenexperten favorisierten Papiere des Index in den vergangenen zwei Monaten eine durchschnittliche Wertentwicklung von 3,1 Prozent. Die zehn "Außenseiter" der Auguren legten im Mittel 6,5 Prozent zu. Der Dax stieg im gleichen Zeitraum um 3,3 Prozent. Besonders eklatantes Beispiel für eine Fehleinschätzung ist die Volkswagen-Aktie. Bei dem Autobauer-Papier konnten sich Ende Juni nur 36 Prozent der Profis zu einer "Kauf-Empfehlung" durchringen, ein gutes Fünftel votierte für "Verkaufen". Seither ist der VW-Kurs um 13,9 Prozent geklettert - stärker als jeder andere Dax-Titel außer FMC (mit 52 Prozent "Kauf-Empfehlungen"). Die größte Enttäuschung bescherte Anlegern dagegen die Siemens-Aktie. Sie hat seit Ende Juni 2,5 Prozent an Wert verloren - obwohl damals 80 Prozent der Experten zum "Kaufen" aufriefen. Auch bei der Commerzbank und Adidas wurde das Kurspotenzial deutlich überschätzt.

Beobachter führen für diesen Mangel an Mehrwert diverse Gründe an: "Viele Analysten sind Trendfolger. Sie empfehlen jene Werte zum Kauf, die gerade in sind", sagt Joachim Paech, Stratege bei Prime Asset Management. Je größer das allgemeine Lob für eine Firma und ihre Aktie, desto weniger seien die Profis geneigt, sich gegen die vorherrschende Meinung zu stellen.

Zudem sind Analysten nicht immer frei von Interessenkonflikten. Wenn die Investmentbank, für die der Branchenexperte arbeitet, für das analysierte Unternehmen noch eine Anleihenplatzierung vornehmen oder eine Übernahme organisieren will, kann die Expertise schon einmal positiver ausfallen als eigentlich gerechtfertigt. Solche Interessenkonflikte müssen zwar seit einigen Jahren offengelegt werden, das verhindert aber nicht, dass sie weiter bestehen und Analystenempfehlungen beeinflussen.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Einschätzungen der Profis der tatsächlichen Situation in Unternehmen und Volkswirtschaft meist ein Stück hinterherhinken. "Wenn es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass sich die Geschäftslage verschlechtert, haben Analysten einen Titel oft noch auf "Kaufen", gibt es doch keine offizielle Bestätigung des Managements für die Eintrübung", moniert Paech. Erst wenn ernüchternde Unternehmenszahlen herauskämen, würden die Analysten einen negativeren Kommentar veröffentlichen: "Bis dahin haben hellhörige Investoren das Papier längst schon abgestoßen und damit den Kurs auf Talfahrt geschickt - trotz der positiven Analystenvoten."

Dasselbe gilt auch umgekehrt: "Die beste Rendite erzielt man an der Börse oft mit Werten, bei denen man einsteigt, solange der Grundkonsens noch negativ ist, und dann abwartet, bis dieser nach und nach ins Positive dreht", weiß Lang. Die sukzessiven Heraufstufungen könnten die Notierungen dann beflügeln und dem Anleger eine Outperformance bescheren: "Nur wer erfolgreich vom Konsens abweicht, kann Mehrwert schaffen."

Das funktioniert freilich nur bei Konzernen, die keine strukturellen Probleme mit sich herumschleppen. Lang rät Anlegern, sich selbst ein Bild zu machen, indem sie nicht nur die Analystenreports studieren, sondern auch auf unabhängige Nachrichten aus der betreffenden Branche zurückzugreifen. Mayr legt Anlegern ans Herz, die Firmenanalysen in erster Linie als Quelle für Sachinformationen wie die Umsatz- und Gewinndynamik zu nutzen, ohne sich von Kauf- oder Verkaufsempfehlungen allzu sehr blenden zu lassen.

Artikel erschienen am Fr, 1. September 2006

© WELT.de 1995 - 2006  
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen

Neueste Beiträge aus dem DAX Index Forum

Wertung Antworten Thema Verfasser letzter Verfasser letzter Beitrag
327 313.803 COMMERZBANK kaufen Kz. 28 € semico Real Cinderella born 18.01.25 23:50
98 34.652 QuoVadisDax - das Original - Nachfolgethread MHurding MHurding 18.01.25 23:28
51 657 2025-QV-GDAXi-DJ-GOLD-EURUSD-JPY lo-sh MHurding 18.01.25 21:00
4 2.032 Beispiele (DAXi)für erfolgreiche Handelsstrategien w301425 MHurding 18.01.25 20:05
143 77.272 Börse ein Haifischbecken: Trade was du siehst gekko823 Kurt H. 17.01.25 10:17

--button_text--