Adieu China. Den Zweikampf in Asien gewinnt Indien

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ER2DE2:

Adieu China. Den Zweikampf in Asien gewinnt Indien

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23.04.06 19:26
Von Winand von Petersdorff

23. April 2006

Im Wettstreit mit China erfüllt Indien alle Voraussetzungen, die keinen Zweifel daran lassen, in wessen Händen die wirtschaftliche Zukunft Asiens liegt. Hier sind acht Gründe, warum China hinter Indien zurückbleiben wird.


1. Das Unternehmertum

Die indische Regierung hegt und schützt ihre privaten Unternehmer. Die größten privaten Firmen in dem Land sind deshalb bis zu zehnmal größer als ihre Counterparts in China. Dort haben private Unternehmer Schwierigkeiten, Kredite von den zumeist staatlichen Banken zu bekommen. Die politische Klasse fürchtet eine selbstbewußte Mittelschicht der Entrepreneure. Das führt in China zu einer Begünstigung ausländischer Investoren. „In den letzten 20 Jahren hob die chinesische Wirtschaft ab, aber nur wenig lokale Firmen folgten. In Chinas privatem Sektor gibt es keinen Weltklasse-Konzern, der mit den multinationalen Konzernen mithalten kann“, schreiben die Harvard-Wissenschaftler Yasheng Huang und Tarun Khanna. In Indien dagegen werden ausländische Konzerne protektionistisch auf Abstand gehalten. Doch diese Attitüde ändert sich nach und nach, seit mehrere indische Unternehmen wie Infosys beweisen, daß sie auf dem Weltmarkt nicht nur mithalten können, sondern von ihm profitieren.


2. Die Finanzen

Die meisten indischen Banken befinden sich in privater Hand. Ihre Kreditvergabe und ihr Risikomanagement orientiert sich an den betriebswirtschaftlichen Kennziffern und Aussichten des Kreditnehmers. Rund 15 Prozent der vergebenen Kredite sind in Indien notleidend, schätzen Experten. In China wird der Anteil der faulen Kredite offiziell auf 25 Prozent taxiert, 30 bis 40 Prozent seien realistisch, behaupten dagegen Experten. Das Bankensystem wäre Bankrott, würde der Staat ihm keine Rückendeckung gewähren.


3. Die Demographie

Indien ist ein junges Land. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 30 Jahre alt. Das entspricht 450 Millionen Menschen im Vergleich zu 400 Millionen Menschen in China. Und Indien vergreist nicht so schnell wie das Reich der Mitte. 2050 wird in China fast ein Drittel der Bevölkerung 60 Jahre alt und älter sein, in Indien beträgt der Anteil der Alten dann nur ein Fünftel. Dort macht sich die im Land lange propagierte Einkind-Ehe negativ bemerkbar. Vor allem die Versorgung und Pflege armer alter Menschen auf dem Lande birgt in China gewaltigen sozialen Sprengstoff. In Indien können die Familien die Altersarmut etwas besser abmildern.


4. Die Rechtssicherheit

Für Technologie-Konzerne ist der Schutz des geistigen Eigentums eine wichtige Größe. Indien respektiert das Know- how ausländischer Unternehmen deutlich stärker als China, das laut dem Magazin Far Eastern Review als Hauptquartier der internationalen Produktpiraterie gilt. Die Konsequenz ist, daß inzwischen westliche Konzerne wie General Electric Teile der Forschung und Entwicklung nach Indien verlegen, ohne fürchten zu müssen, daß Innovationen rasch abgekupfert werden. Das indische Rechtssystem fußt auf dem britischen System und ist für europäische und amerikanische Investoren leichter nachzuvollziehen als das politische Recht Chinas.


5. Die Bildung

Beide Länder unternehmen gewaltige Anstrengungen, um ihre jungen Bürger gut auszubilden. Während China frühzeitig auf die Alphabetisierung der Bevölkerung setzte, stärkte Indien die akademische Bildung. Indien hat nach Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey 14 Millionen junge Universitätsabsolventen. Das sind 1,5 Mal so viele wie China (und fast doppelt so viele wie in den Vereinigten Staaten). 80.000 Inder sind zur Zeit in amerikanischen Universitäten eingeschrieben. Dem gegenüber stehen nur 62.000 Chinesen. Dieses geballte Know-how ist attraktiv für die Wirtschaft. Gleichzeitig sind - anders als in China - viele Inder noch des Lesens unkundig.


6. Die Technologie

Microsoft-Gründer Bill Gates will 1,7 Milliarden Dollar in Indiens Computerbranche stecken. 4000 Inder arbeiten bereits für den Softwarekonzern. Chip-Produzent Intel und Netzwerkausrüster Cisco investieren je eine Milliarde Dollar und bestätigen das Image Indiens als guter Standort für Informationstechnik. Indische Technologie-Unternehmen wie Infosys und Wipro sind längst auch im Westen bekannt. Inder, die im kalifornischen Silicon Valley groß geworden sind, kehren jetzt in ihre Heimat zurück. Eine vergleichbare technologische Erfolgsgeschichte kann China noch nicht vorweisen, wenn auch das Land Milliarden in die High-Tech-Entwicklung investiert.


7. Die Sprache

Die gesamte indische Elite in den Metropolen spricht die (noch) wichtigste Handelssprache der Welt: Englisch. Das gibt dem Land einen natürlichen Vorsprung gegenüber China, das zumeist auf seine in Amerika und England ausgebildeten Bürger angewiesen ist, um sich international zu verständigen.


8. Die Politik

Indiens Premierminister Manmohan Singh gilt als Marktwirtschaftler. Seine Reformen in den neunziger Jahren haben zunächst Indiens Börse für Ausländer geöffnet. Branche für Branche wird für ausländische Investoren und den Wettbewerb geöffnet. Die Reformpolitik fußt auf einem großen politischen Konsens über Parteigrenzen hinweg. Indien muß noch gewaltige Summen in die Verkehrsinfrastruktur stecken, um wenigstens an China heranzukommen. In Armutsbekämpfung, sozialer Sicherheit und medizinischer Versorgung hat China ebenfalls noch einen großen Vorsprung gegenüber Indien. Das Reich der Mitte hat schon viel früher mit einschneidenden Reformen begonnen und sich für den Weltmarkt geöffnet.

Beobachter hegen allerdings leichte Zweifel, ob die Reformpolitik in China nachhaltig ist. Es mehren sich die Stimmen, die Chinas „sozialistische Marktwirtschaft“ als Versuch der politischen Nomenklatura werten, die ökonomischen und sozialen Probleme in den Griff zu bekommen, ohne die eigene Position zu gefährden. Wenn das nicht klappt, wird eben was anderes versucht.


Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23.04.2006, Nr. 16 / Seite 44
Aktienwolf:

Adieu Europa,

 
23.04.06 20:04
im Wettstreit der 2 Länder verlieren der Dritte, zumindest ein großer Teil der Bevölkerung.
In den Volkswirtschaften Asiens wird es in 10 Jahren viele geben, die das Gefühl haben, dass es ihnen besser geht.

Bei uns gibt es kaum einen der glaubt, dass er in 10 Jahren real noch so viel Einkommen hat wie heute.

Altes Thema, aber so ist es nun mal.

ER2DE2:

Abgesang auf Europa? Quatsch!

 
23.05.07 19:36
Euopa wurde schon öfters für tot oder zumindest für scheintot erklärt aber Europa ist immer noch das Flecken Erde wo es sich mit am besten leben läßt

ich kann mich noch erinnern als der wirtschaftliche Aufstieg Japans begann

zuerst haben wir die Japsen belächelt und dann gefürchtet

lange war dann das Motto wir müßten alles wie die super cleveren Japaner machen und so

letztendlich haben wir aber die Japsen wirtschaftlich auch überlebt und in Europa gab es auch keine Banken- oder Asienkrise

solange wir uns in Europa nicht von irgendwelchen tumpen Organisationen (Regierungen, Parteien, Gewerkschaften, ...) blockieren lassen solange werden wir uns immer behaupten

Wirtschaft ist immer auch Wirtschaftskrieg und wir Europäer waren schon immer irgendwie Krieger! 60 Jahre Frieden sollten darüber nicht hinweg täuschen

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