POLITIK 30.03.2001
Telekom-Regulierer: Weg frei für mehr Wettbewerb
Die Bonner Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat am Freitag mit vier weit reichenden Entscheidungen die Voraussetzungen für mehr Wettbewerb im Telefon-Ortsnetz und den weiteren Ausbau von schnellen Internet-Anschlüssen geschaffen. Wie Behördenpräsident Matthias Kurth (SPD) in Bonn mitteilte, wird unter anderem die Miete für den Ortsnetzanschluss von der Deutschen Telekom AG gesenkt, eine Verpflichtung zum so genannten Line-Sharing eingeführt, der Wiederverkauf von Dienstleistungen im Ortsnetz zugelassen und der Preis für die TDSL-Tarife der Telekom nicht angetastet. Während die Erwartungen der Konkurrenten des ehemaligen Bonner Monopolisten weitgehend enttäuscht wurden, rechnet die Deutsche Telekom mit Milliardenverlusten.
Die Regulierungsbehörde entschied nach zehnwöchiger Prüfung, dass der monatliche Mietpreis für die Übernahme des Teilnehmer-Ortsanschlusses von der Deutschen Telekom AG durch Wettbewerber zum 1. April um eine Mark auf 24,40 Mark gesenkt werde. Die Telekom hatte 34,03 Mark verlangt, die Wettbewerber hatten rund 17 Mark gefordert. Bei der Kündigung des Anschlusses müssen künftig 74,45 Mark statt bislang 107,70 Mark gezahlt werden. In der Regel trägt diese Gebühr der neue Anbieter. Der monatliche Mietpreis gilt bis zum 31. März 2003, der Kündigungspreis endet am 31. März 2002.
Die Regulierungsbehörde entschied weiterhin, dass die Tarife der Telekom AG für den schnellen Internetanschluss TDSL nicht zu beanstanden sind. Trotz der von Wettbewerbern für nicht Kosten deckend gehaltenen Preise habe es für eine "wesentliche Diskriminierung" durch die Telekom keine Anhaltspunkte gegeben, hieß es. Anlaufverluste bei der Markteinführung neuer Produkte entsprächen unternehmerischem Handeln. Von einem zügigen Aufbau der DSL-Technologie in Deutschland, die eine schnelle Internet-Nutzung ermöglicht, profitierten alle Unternehmen.
Die Behörde ermöglicht zudem künftig den Wiederverkauf von Leistungen der Telekom AG im Ortsnetz. Wie Mobilfunk können als Wiederverkäufer auftretende Unternehmen wie Debitel Dienstleistungen bei der Telekom mit einem noch auszuhandelnden Abschlag einkaufen und auf eigene Rechnung an eigene Kunden weiterveräußern. Technisch bleibt die Telekom Leistungsanbieter.
Des Weiteren muss die Telekom ihren Konkurrenten binnen fünf Monaten das so genannte Line-Sharing ermöglichen. Dann können Telekom-Unternehmen den oberen Frequenzbereich der Telefonleitungen für Datenübertragungen oder die Internetnutzung anmieten, während der untere Frequenzbereich weiterhin für Sprache von der Telekom AG genutzt werden kann.
Behördenpräsident Kurth rechnet damit, dass die Entscheidungen zu einer Intensivierung des Ortsnetzwettbewerbs beitragen werden. Diesem Ziel sollen auch weitere Auflagen für die Telekom AG zur Beseitigung von Engpässen bei der Netzzusammenschaltung mit Wettbewerbern und bei Lieferungen von Mietleitungen dienen. Kurth wandte sich gegen die von der Telekom im Vorfeld der Entscheidungen geäußerte Befürchtung, vor allem die Zulassung des Wiederverkaufs könne Verluste in Milliardenhöhe nach sich ziehen. "Der Vorwurf ist nicht berechtigt", sagte Kurth. Grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass die Telekom ihre Dienstleistungen Kosten deckend an Endkunden vertreibe. Daher werde es auch Wiederverkäufen zu keiner Unterdeckung kommen.
Politische Einflussnahme seitens der Bundesregierung auf die Beschlüsse der Behörde hat es nach den Worten von Kurth nicht gegeben. "Wir haben uns bei den Entscheidungen auch nicht beeinflussen lassen", sagte der Behördenchef weiter. Am Donnerstag hatte die Nachrichtenagentur Reuters einen Brief der Telekom AG an die Bundesregierung als Hauptaktionär veröffentlicht, in dem um politische Einflussnahme auf die missliebigen Wettbewerbsentscheidungen der unabhängigen Behörde gebeten worden war. In dem Schreiben hatte die Telekom mit Hinblick auf die aus ihrer Sicht ungerechtfertigten "Regulierungstendenzen und -ziele" vor Umsatzeinbußen in Höhe mehrerer Milliarden Mark gewarnt.
Bei den Wettbewerbern stießen die Beschlüsse der Behörde einhellig auf ein negatives Echo. Es werde nicht gelingen, den bislang schon nicht in Gang gekommenen Wettbewerb im Ortsnetz deutlich voranzubringen, teilte der Branchenverband VATM mit. Im Ortsnetz und bei DSL hat die Telekom einen Marktanteil von über 95 Prozent. Die Telekom-Wettbewerber Arcor, Colt und Talkline kritisierten vor allem die nach ihrer Einschätzung ungenügende Senkung der Monatsmiete für den Ortsnetzanschluss. Der nach der Telekom-Tochter T-Online zweitgrößte Internet- Anbieter AOL erwartet, dass die Telekom ihren Wettbewerbsvorsprung bei den schnellen Internetanschlüssen DSL mit Billigung der Behörde noch weiter ausbauen kann.
von Reuters
Telekom-Regulierer: Weg frei für mehr Wettbewerb
Die Bonner Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat am Freitag mit vier weit reichenden Entscheidungen die Voraussetzungen für mehr Wettbewerb im Telefon-Ortsnetz und den weiteren Ausbau von schnellen Internet-Anschlüssen geschaffen. Wie Behördenpräsident Matthias Kurth (SPD) in Bonn mitteilte, wird unter anderem die Miete für den Ortsnetzanschluss von der Deutschen Telekom AG gesenkt, eine Verpflichtung zum so genannten Line-Sharing eingeführt, der Wiederverkauf von Dienstleistungen im Ortsnetz zugelassen und der Preis für die TDSL-Tarife der Telekom nicht angetastet. Während die Erwartungen der Konkurrenten des ehemaligen Bonner Monopolisten weitgehend enttäuscht wurden, rechnet die Deutsche Telekom mit Milliardenverlusten.
Die Regulierungsbehörde entschied nach zehnwöchiger Prüfung, dass der monatliche Mietpreis für die Übernahme des Teilnehmer-Ortsanschlusses von der Deutschen Telekom AG durch Wettbewerber zum 1. April um eine Mark auf 24,40 Mark gesenkt werde. Die Telekom hatte 34,03 Mark verlangt, die Wettbewerber hatten rund 17 Mark gefordert. Bei der Kündigung des Anschlusses müssen künftig 74,45 Mark statt bislang 107,70 Mark gezahlt werden. In der Regel trägt diese Gebühr der neue Anbieter. Der monatliche Mietpreis gilt bis zum 31. März 2003, der Kündigungspreis endet am 31. März 2002.
Die Regulierungsbehörde entschied weiterhin, dass die Tarife der Telekom AG für den schnellen Internetanschluss TDSL nicht zu beanstanden sind. Trotz der von Wettbewerbern für nicht Kosten deckend gehaltenen Preise habe es für eine "wesentliche Diskriminierung" durch die Telekom keine Anhaltspunkte gegeben, hieß es. Anlaufverluste bei der Markteinführung neuer Produkte entsprächen unternehmerischem Handeln. Von einem zügigen Aufbau der DSL-Technologie in Deutschland, die eine schnelle Internet-Nutzung ermöglicht, profitierten alle Unternehmen.
Die Behörde ermöglicht zudem künftig den Wiederverkauf von Leistungen der Telekom AG im Ortsnetz. Wie Mobilfunk können als Wiederverkäufer auftretende Unternehmen wie Debitel Dienstleistungen bei der Telekom mit einem noch auszuhandelnden Abschlag einkaufen und auf eigene Rechnung an eigene Kunden weiterveräußern. Technisch bleibt die Telekom Leistungsanbieter.
Des Weiteren muss die Telekom ihren Konkurrenten binnen fünf Monaten das so genannte Line-Sharing ermöglichen. Dann können Telekom-Unternehmen den oberen Frequenzbereich der Telefonleitungen für Datenübertragungen oder die Internetnutzung anmieten, während der untere Frequenzbereich weiterhin für Sprache von der Telekom AG genutzt werden kann.
Behördenpräsident Kurth rechnet damit, dass die Entscheidungen zu einer Intensivierung des Ortsnetzwettbewerbs beitragen werden. Diesem Ziel sollen auch weitere Auflagen für die Telekom AG zur Beseitigung von Engpässen bei der Netzzusammenschaltung mit Wettbewerbern und bei Lieferungen von Mietleitungen dienen. Kurth wandte sich gegen die von der Telekom im Vorfeld der Entscheidungen geäußerte Befürchtung, vor allem die Zulassung des Wiederverkaufs könne Verluste in Milliardenhöhe nach sich ziehen. "Der Vorwurf ist nicht berechtigt", sagte Kurth. Grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass die Telekom ihre Dienstleistungen Kosten deckend an Endkunden vertreibe. Daher werde es auch Wiederverkäufen zu keiner Unterdeckung kommen.
Politische Einflussnahme seitens der Bundesregierung auf die Beschlüsse der Behörde hat es nach den Worten von Kurth nicht gegeben. "Wir haben uns bei den Entscheidungen auch nicht beeinflussen lassen", sagte der Behördenchef weiter. Am Donnerstag hatte die Nachrichtenagentur Reuters einen Brief der Telekom AG an die Bundesregierung als Hauptaktionär veröffentlicht, in dem um politische Einflussnahme auf die missliebigen Wettbewerbsentscheidungen der unabhängigen Behörde gebeten worden war. In dem Schreiben hatte die Telekom mit Hinblick auf die aus ihrer Sicht ungerechtfertigten "Regulierungstendenzen und -ziele" vor Umsatzeinbußen in Höhe mehrerer Milliarden Mark gewarnt.
Bei den Wettbewerbern stießen die Beschlüsse der Behörde einhellig auf ein negatives Echo. Es werde nicht gelingen, den bislang schon nicht in Gang gekommenen Wettbewerb im Ortsnetz deutlich voranzubringen, teilte der Branchenverband VATM mit. Im Ortsnetz und bei DSL hat die Telekom einen Marktanteil von über 95 Prozent. Die Telekom-Wettbewerber Arcor, Colt und Talkline kritisierten vor allem die nach ihrer Einschätzung ungenügende Senkung der Monatsmiete für den Ortsnetzanschluss. Der nach der Telekom-Tochter T-Online zweitgrößte Internet- Anbieter AOL erwartet, dass die Telekom ihren Wettbewerbsvorsprung bei den schnellen Internetanschlüssen DSL mit Billigung der Behörde noch weiter ausbauen kann.
von Reuters