Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs Frankfurt/Prag – Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, der bereits Anteile an namhaften deutschen Konzernen wie Thyssen-Krupp und Metro hält, rückt einem Bericht von Reuters zufolge möglicherweise näher an den verstaatlichten Energieversorger Uniper heran. Das Bundesfinanzministerium soll Investoren, darunter auch Kretinsky, kontaktiert haben, um einen möglichen Verkauf der fast vollständigen Staatsbeteiligung an Uniper zu prüfen. Aktuell hält der Bund 99,12 Prozent der Uniper-Anteile, nachdem der Konzern während der Energiekrise 2022 durch eine staatliche Rettung vor der Insolvenz bewahrt wurde.
Uniper ist einer der zentralen Akteure im deutschen Energiesektor. Mit rund 200 Terawattstunden Gaslieferungen pro Jahr deckt das Unternehmen ein Viertel des gesamten deutschen Gasverbrauchs ab. Zudem betreibt Uniper die größten Gasspeicher des Landes und verfügt über 2,55 Gigawatt an systemrelevanter Kraftwerkskapazität, die zur Stabilisierung des Stromnetzes notwendig ist. Diese kritische Infrastruktur macht den Konzern für potenzielle Investoren interessant, während Übernahmen außerhalb der EU aufgrund der strategischen Bedeutung des Unternehmens besonders genau geprüft werden könnten.
Laut Insidern erwägt die Bundesregierung einen vollständigen Verkauf ihrer Anteile an Uniper, nachdem sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens stabilisiert hat. Das Interesse internationaler Investoren wie dem kanadischen Vermögensverwalter Brookfield, dem norwegischen Energiekonzern Equinor und Taqa aus Abu Dhabi wurde angeblich bereits sondiert. Parallel dazu wird Kretinskys Energieholding EPH, die er über seinen Investmentarm EP Corporate Group (EPCG) kontrolliert, ebenfalls als möglicher Interessent genannt.
Der Bund hatte Uniper 2022 nach den massiven wirtschaftlichen Belastungen durch den russischen Gaslieferstopp übernommen. Mit einem Stabilisierungspaket in Höhe von 13,5 Milliarden Euro konnte der Energieriese vor der Insolvenz gerettet werden. Inzwischen hat sich Uniper erholt und schreibt wieder Milliardengewinne.
Ein möglicher Verkauf an Kretinsky oder andere ausländische Investoren könnte jedoch auf politische und regulatorische Hürden stoßen. Da Uniper als kritische Infrastruktur eingestuft ist, könnte die Bundesregierung gemäß Außenwirtschaftsgesetz Übernahmen durch Nicht-EU-Unternehmen blockieren. Gleichzeitig hat sich die EU-Kommission bei der Genehmigung der Verstaatlichung darauf verständigt, dass der Bund seine Beteiligung bis spätestens 2028 auf maximal 25 Prozent plus eine Aktie reduzieren muss. Zudem müssen bis 2026 bestimmte Vermögenswerte wie das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 veräußert werden.
Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky ist in Deutschland kein Unbekannter. Bereits 2022 erwarb er 20 Prozent der Stahlsparte von Thyssen-Krupp und führte Verhandlungen über den Erwerb eines zusätzlichen Anteils von 30 Prozent, wenngleich diese Gespräche bislang ergebnislos blieben. Zudem hält Kretinsky bedeutende Anteile am Handelskonzern Metro.
Mit seiner Energieholding EPH ist Kretinsky bereits ein relevanter Akteur im europäischen Energiesektor. Sein Portfolio umfasst Kraftwerke, Gas- und Kohleinfrastruktur in mehreren Ländern. Der mögliche Einstieg bei Uniper würde sein Engagement in der deutschen Energieversorgung erheblich ausweiten.
Ob Kretinsky tatsächlich bei Uniper einsteigt, bleibt unklar. Angesichts der strategischen Bedeutung des Unternehmens und der politischen Rahmenbedingungen dürfte jeder Verkauf von der Bundesregierung sorgfältig geprüft werden. Zudem könnte die Beteiligung mehrerer internationaler Akteure den Wettbewerb um den deutschen Energieversorger anheizen. Der Ausgang des Prozesses wird zeigen, wie die Bundesregierung die Zukunft von Uniper und die strategische Energieversorgung des Landes langfristig gestalten möchte.
Quellen:handelsblatt.com/Reuters
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