Ein Flugzeug der Ryanair-Flotte.
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Sven Wagner Sven Wagner
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Sven ist seit 2012 Redakteur bei ARIVA.DE. Sein weitreichendes Interesse an Kryptowährung und dem Finanzmarkt helfen ihm dabei, die aktuellsten Themen zu recherchieren und für die Community aufzubereiten.

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Ryanair zieht sich teilweise aus Deutschland zurück

Die Billigfluggesellschaft Ryanair reduziert ihr Flugangebot in Deutschland drastisch, zieht sich von mehreren Flughäfen ganz zurück und reagiert damit auf hohe Standortkosten. Die Konsequenz für Reisende: weniger Verbindungen und steigende Ticketpreise.
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Die irische Fluggesellschaft Ryanair hat angekündigt, ihr Flugangebot in Deutschland massiv zu reduzieren und an einigen Standorten vollständig aufzugeben. Diese Entscheidung betrifft unter anderem die Flughäfen Dortmund, Leipzig und Dresden, an denen der Billigflieger seinen Betrieb zum Sommer 2025 einstellen wird. Auch in Hamburg werden die Auswirkungen deutlich spürbar sein: Hier plant Ryanair, 60 Prozent seiner Verbindungen zu streichen. Dieser Schritt, der rund 400.000 Passagiere betrifft, ist die Folge einer lang anhaltenden Auseinandersetzung über steigende Flughafen- und Sicherheitsgebühren sowie der jüngsten Erhöhung der Luftverkehrssteuer in Deutschland.

Standortpolitik zwingt Ryanair zum Rückzug

Eddie Wilson, CEO von Ryanair, erklärte in einem Interview mit der WELT, dass die Entscheidung auf den kontinuierlichen Anstieg der Betriebskosten an deutschen Flughäfen zurückzuführen sei. „Wir verdienen pro Passagier im Durchschnitt zehn Euro. Wenn die Kosten allein durch Flughafen- und Sicherheitsgebühren bereits 60 Euro betragen, wird das Geschäftsmodell unrentabel“, so Wilson. Besonders die Anhebung der Luftverkehrssteuer im Jahr 2023 um 24 Prozent habe die Situation verschärft. Während Länder wie Spanien, Italien und Irland auf diese Steuer verzichten, erhebt Deutschland die höchsten Abgaben in Europa. Dies führt dazu, dass der Luftverkehr hierzulande weiterhin hinter den Vorkrisenniveaus zurückbleibt.

Die Entscheidung von Ryanair, Kapazitäten in Deutschland zu reduzieren, hat weitreichende Folgen. Insgesamt plant die Airline, 22 Strecken aus dem Sommerflugplan 2025 zu streichen. Auch das Angebot an wichtigen Drehkreuzen wie Berlin und Hamburg wird stark eingeschränkt. Allein in Hamburg wird Ryanair sechs Destinationen nicht mehr anfliegen, darunter beliebte Urlaubsziele wie Mailand, Malaga und Porto.

Folgen für die Passagiere: Weniger Flüge, höhere Preise

Für Passagiere bedeutet der Rückzug von Ryanair, der drittgrößten Fluggesellschaft in Deutschland, vor allem eines: steigende Ticketpreise. Durch die Reduzierung des Angebots wächst der Nachfrageüberhang, was zu höheren Preisen führen wird. Diese Entwicklung wird durch die parallelen Kürzungen von Easyjet, einer weiteren wichtigen Billigfluggesellschaft, zusätzlich verstärkt. Eddie Wilson sieht hierin einen Teufelskreis: „Je weniger Passagiere fliegen, desto höher sind die Pro-Kopf-Kosten, was wiederum die Preise weiter in die Höhe treibt.“

Auch wenn Ryanair weiterhin die günstigsten Flüge auf dem deutschen Markt anbieten wolle, werden sich die Marktpreise insgesamt nach oben bewegen. Die Passagiere an den betroffenen Flughäfen könnten zudem mit einer weiteren Reduzierung der Frequenzen rechnen, was die ohnehin eingeschränkte Flugverfügbarkeit weiter belasten wird.

Wachstumspläne in Deutschland gestoppt

Noch im Frühjahr 2023 hatte Ryanair große Wachstumspläne für den deutschen Markt vorgestellt. Das Unternehmen plante, bis zum Ende des Jahrzehnts 34 Millionen zusätzliche Passagiere zu befördern und rund 1.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Pläne sind nun hinfällig. Laut Wilson ist der Rückzug von deutschen Flughäfen eine „rationale Geschäftsentscheidung“, die auf die „irrationale“ Standortpolitik der Bundesregierung zurückzuführen sei.

Besonders kritisch sieht Ryanair die aus seiner Sicht protektionistische Politik zugunsten der Lufthansa. Wilson wirft der Regierung vor, die großen Drehkreuze in Frankfurt und München, die von der Lufthansa (Lufthansa Aktie) dominiert werden, systematisch zu bevorzugen, während andere wichtige Flughäfen wie Hamburg oder Berlin vernachlässigt würden.

Kritik aus der Luftverkehrsbranche

Die Entscheidung von Ryanair wird in der Luftverkehrsbranche als deutlicher Warnschuss verstanden. Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, bezeichnete den Schritt der Airline als „schweren Rückschlag für den deutschen Luftverkehrsmarkt“. Auch andere europäische Airlines könnten dem Beispiel von Ryanair folgen und Flugzeuge aus Deutschland abziehen, wenn sich die Kostenstruktur nicht verbessert. Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), warnt vor einem zunehmenden Standortnachteil Deutschlands. „Die Kostenschraube für den Luftverkehr ist in Deutschland überdreht. Wir laufen Gefahr, den Anschluss an die Entwicklung in anderen europäischen Ländern zu verlieren.“

Internationale Beispiele zeigen Alternativen

Ryanair hat bereits in anderen europäischen Ländern auf günstigere Rahmenbedingungen reagiert. So hat Schweden erst kürzlich seine Luftverkehrssteuer abgeschafft. Infolgedessen hat Ryanair dort zwei weitere Flugzeuge stationiert und sein Sitzplatzangebot um 30 Prozent erhöht. Auch in Deutschland sieht Eddie Wilson Potenzial, sollte sich die Kostenstruktur verbessern. Verhandlungen mit kleineren Flughäfen wie Hahn, Baden-Baden oder Memmingen laufen bereits. Diese Standorte hätten laut Wilson erkannt, dass sie in einem europäischen Wettbewerb um Kostenstrukturen stehen.

Fazit

Der Rückzug von Ryanair aus großen Teilen des deutschen Marktes ist ein deutlicher Weckruf für die Bundesregierung und die Luftverkehrsbranche. Die hohen Steuern und Gebühren machen den Standort für Billigfluggesellschaften zunehmend unattraktiv. Passagiere müssen sich in naher Zukunft auf höhere Ticketpreise und eine eingeschränkte Auswahl an Flugverbindungen einstellen. Ob die deutsche Luftverkehrspolitik auf diesen Rückzug reagiert, bleibt abzuwarten – andernfalls könnte der Abgang von Ryanair nur der Anfang einer weitergehenden Erosion des deutschen Luftverkehrsmarktes sein.

Quelle: welt.de


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