- Rheinmetall plant den Bau von 40 LEO-Satelliten.
- Die Bundeswehr investiert 35 Milliarden Euro in Raumfahrt.
- Airbus, Thales und Leonardo fusionieren ihre Raumfahrtsparten.
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Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs
Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall (Rheinmetall Aktie) steht laut übereinstimmenden Informationen des Handelsblatts unmittelbar vor dem Abschluss eines historischen Auftrags: Erstmals in seiner Unternehmensgeschichte soll Rheinmetall einen großangelegten Weltraumauftrag erhalten und zwar direkt von der Bundeswehr. Im Mittelpunkt steht die Lieferung von 40 radarbasierenden Low-Earth-Orbit-Satelliten (LEO), die das Rückgrat einer eigenständigen deutschen Aufklärungsfähigkeit aus dem All bilden sollen. Der Vertrag gilt als „unterschriftsreif“ und soll, nach Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestages, noch 2025 finalisiert werden.
CEO Armin Papperger bestätigte im Handelsblatt-Podcast Disrupt, dass man die Bundeswehr in den kommenden zwei Jahren mit 40 SAR-Satelliten ausstatten wolle. Die Satelliten werden gemeinsam mit dem finnischen Unternehmen Iceye gebaut – einem der führenden Anbieter im Bereich Synthetic Aperture Radar (SAR), einer Technologie, die hochauflösende Bilder bei jeder Wetterlage und auch nachts liefern kann.
Im nordrhein-westfälischen Neuss wird die Fertigung der neuen Satelliten vorbereitet. Ursprünglich produzierte Rheinmetall an diesem Standort Komponenten für die Automobilindustrie. Inzwischen wird hier an militärischen Hochtechnologien gearbeitet. In einem gemeinsamen Joint Venture mit Iceye hält Rheinmetall 60 % der Anteile, die restlichen 40 % verbleiben bei den Finnen.
Die technische Basis des Projekts ist hochentwickelt: Mit einer geschätzten Auflösung von bis zu 25 Zentimetern ermöglichen die Satelliten präzise Lagebilder. Damit können militärische Bewegungen weltweit nahezu in Echtzeit analysiert werden. Diese Fähigkeit gilt spätestens seit dem Ukrainekrieg als entscheidend.
Der Impuls zum Aufbau eigener Aufklärungskapazitäten aus dem All kam nicht zuletzt durch geopolitische Spannungen. Laut Insiderberichten soll ein Vorfall im März 2025, als Ex-US-Präsident Donald Trump der Ukraine vorübergehend den Zugang zu Starlink-Aufklärungsdiensten verweigerte, bei der Bundeswehr für Alarmstimmung gesorgt haben. Besonders die fehlenden Lagebilder aus der Ukraine sollen die Notwendigkeit einer nationalen Aufklärungslösung verdeutlicht haben.
Die Bundeswehr, bislang auf veraltete SAR-Satelliten und ausländische Daten angewiesen plant damit den Aufbau einer der größten radarbasierten Satellitenkonstellationen weltweit. Das Projekt ist aktuell im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) zur Prüfung. Eine Genehmigung durch das Parlament gilt als wahrscheinlich.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte Ende September beim BDI-Weltraumkongress Investitionen von insgesamt 35 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren in den Raumfahrtbereich an. Die neue Teilstreitkraft Cyber- und Informationsraum (CIR) unter Führung von Vizeadmiral Thomas Daum und Generalmajor Jürgen Setzer koordiniert dabei sämtliche satellitengestützten Aufklärungsaktivitäten der Bundeswehr.
Aktuell betreibt die Bundeswehr acht SAR-Satelliten, von denen fünf jedoch seit über 20 Jahren im Orbit sind. Drei neue SAR-Satelliten, gefertigt vom Bremer Raumfahrtunternehmen OHB (OHB Aktie), hatten bei ihrer Inbetriebnahme technische Schwierigkeiten, die erst kürzlich behoben wurden.
Mit der neuen Rheinmetall-Konstellation könnte die Bundeswehr laut Raumfahrtexperte Ulrich Walter (ehemals TU München) pro Zielpunkt bis zu zwei hochauflösende Bilder täglich erhalten – ein erheblicher Sprung in der „Revisit Time“, der durch Softwareoptimierungen weiter verbessert werden könnte.
Für Rheinmetall bedeutet dieser Auftrag mehr als Umsatzwachstum: Er ist Teil einer strategischen Neuausrichtung. Das Unternehmen will nicht mehr nur als klassischer Panzer- und Munitionshersteller auftreten, sondern als integrierter Systemanbieter, der Gefechtsfeldinformationen in Echtzeit bereitstellen kann. Die Kontrolle über satellitengestützte Aufklärungsdaten wird damit zur Schlüsselkompetenz im digitalen Gefecht der Zukunft.
Laut Insidern ist bereits in Planung, neben Radaraufklärungssatelliten auch Kommunikations- und Erdbeobachtungssatelliten ins All zu bringen. Solche Konstellationen könnten jeweils zwischen drei und zehn Milliarden Euro kosten. Auch die Datenverarbeitung und Analyse – traditionell in staatlicher Hand – will Rheinmetall mit Iceye künftig als kommerziellen Service anbieten.
Der mögliche Einstieg Rheinmetalls in die Raumfahrt fällt in eine Phase strategischer Konsolidierung im europäischen Raumfahrtsektor. So kündigten Airbus, Thales und Leonardo am 24. Oktober 2025 die Gründung eines gemeinsamen Joint Ventures an. Ziel: Aufbau eines europäischen Satelliten-Champions, der als Alternative zu Elon Musks dominierendem Starlink-Netzwerk fungieren soll.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen soll jährlich hunderte Millionen Euro an Synergien bringen und bis zu 25.000 Mitarbeitende beschäftigen. Airbus wird mit 35 % größter Anteilseigner, Leonardo und Thales teilen sich die restlichen 65 %. Eingebracht werden unter anderem Thales Alenia Space, Space Systems (Airbus) sowie Leonardo-Anteile an Telespazio.
Der französische Präsident Emmanuel Macron begrüßte die Fusion als „strategische Maßnahme zur Wahrung europäischer Souveränität im All“. Gleichzeitig warnen italienische Abgeordnete davor, SpaceX in nationale Programme einzubinden. Europa versucht damit, wieder Kontrolle über Schlüsseltechnologien der Zukunft zu gewinnen.
Auch außerhalb Europas ziehen die großen Verteidigungsunternehmen ihre Konsequenzen aus geopolitischen Spannungen. In den USA hoben GE Aerospace, RTX, Northrop Grumman und Lockheed Martin ihre Prognosen für das laufende Jahr an. Auslöser ist eine robuste Nachfrage nach militärischen Systemen und Triebwerken, trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und steigender Zollbelastungen.
GE Aerospace meldete im dritten Quartal einen Umsatzsprung auf 11,31 Milliarden US-Dollar (+83 % im Verteidigungsbereich) und erhöhte seine Prognose für den freien Cashflow auf bis zu 7,3 Milliarden US-Dollar. RTX hob die Gewinnprognose für das Gesamtjahr auf 6,10 bis 6,20 US-Dollar je Aktie an – die Aktie legte nach Bekanntgabe der Zahlen um 9 % zu.
Lockheed Martin meldete einen Gewinn von 6,95 US-Dollar pro Aktie und hob sowohl Umsatz- als auch Gewinnprognosen an. CEO Jim Taiclet verwies auf eine „beispiellose Nachfrage weltweit“. Das Unternehmen baut seine Produktionskapazitäten für Hightech-Rüstungsgüter stark aus und investiert parallel in digitale Infrastrukturen.
Besonders das US-Verteidigungsprojekt „Golden Dome“ mit einem geplanten Volumen von 175 Milliarden US-Dollar soll zum künftigen Wachstumstreiber werden. Allein 25 Milliarden davon sind bereits im Budget 2025 eingeplant.
Die geplante Satellitenkonstellation der Bundeswehr unter Beteiligung von Rheinmetall markiert eine neue Phase in der deutschen Verteidigungspolitik. Die Abhängigkeit von ausländischen Systemen wird reduziert, die Fähigkeit zur eigenständigen Lagebeurteilung massiv ausgebaut. Rheinmetall positioniert sich mit zunehmender Kompetenz im Bereich Raumfahrt und Datenanalyse damit strategisch als umfassender Systemanbieter im digitalen Gefechtsfeld.
Gleichzeitig signalisiert die Fusion von Airbus, Thales und Leonardo, dass Europa sich im internationalen Raumfahrtwettbewerb neu aufstellt. Die aktuellen Quartalszahlen der US-Rüstungsriesen zeigen zudem: Die globale Verteidigungsindustrie befindet sich auch weiterhin im strukturellen Aufschwung, angetrieben durch geopolitische Konflikte, technologische Transformation und politische Prioritäten.
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