Ein historischer Meilenstein: Gold (Goldkurs) knackt 4.000 US-Dollar
Am 8. Oktober 2025 wurde eine historische Schwelle überschritten: Der Spotpreis für eine Unze Gold erreichte 4.036,22 US-Dollar, während die US-Futures für Dezember bei 4.058 US-Dollar notierten. Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis damit um über 54 % gestiegen. Damit übertrifft Gold nicht nur alle relevanten Aktienindizes, sondern auch Kryptowährungen wie Bitcoin oder Rohstoffe wie Rohöl, die in diesem Jahr teils deutliche Verluste verzeichneten.
Die Treiber dieser Rallye sind vielfältig: geopolitische Unsicherheiten, ein anhaltender Regierungsstillstand in den USA, die Aussicht auf fallende Zinsen, ein schwächelnder Dollar (Dollarkurs) sowie eine intensive Nachfrage durch Zentralbanken und institutionelle Investoren.
Kapitalflucht in unsicheren Zeiten: Die Rolle der Zentralbanken
Besonders auffällig ist das Verhalten der Zentralbanken. Seit dem Jahr 2022 kaufen sie jährlich rund 1.000 Tonnen Gold. Dies ist doppelt so viel wie im Durchschnitt des vorherigen Jahrzehnts. Die Beweggründe sind geopolitisch und währungspolitisch motiviert: Die Sanktionen gegen Russland, insbesondere die Blockierung von Devisenreserven, haben zahlreiche Schwellenländer dazu bewegt, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.
Daten des World Gold Council (WGC) belegen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Allein im August 2025 stockten Zentralbanken weltweit ihre Reserven um weitere 15 Tonnen auf, darunter China und Kasachstan. Polen kündigte sogar an, den Goldanteil in seinen Währungsreserven von 20 auf 30 % zu erhöhen, was ein klares Signal für wachsende Vorsicht gegenüber den internationalen Finanzstrukturen ist.
Laut Goldman Sachs könnten die Zentralbankkäufe noch mindestens drei weitere Jahre auf hohem Niveau bleiben, insbesondere da viele Schwellenländer im Vergleich zu westlichen Industriestaaten weiterhin unterdurchschnittlich in Gold investiert sind.
Unsicherheit, Inflation, Zinspolitik – die makroökonomischen Treiber
Die Unsicherheit an den globalen Märkten ist der zentrale Impulsgeber für den Höhenflug des Goldpreises. Der politische Stillstand in den USA – mittlerweile der achte Tag ohne verabschiedeten Haushalt – hat zu einer Verzögerung wichtiger Wirtschaftsdaten geführt. Infolgedessen müssen sich Marktteilnehmer zunehmend auf alternative, nichtstaatliche Informationsquellen verlassen. Die Aussicht auf eine Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed um 25 Basispunkte bei der nächsten Sitzung ist in den Märkten bereits eingepreist.
Zudem verschärft sich der Druck auf die Fed durch politische Einflüsse. US-Präsident Donald Trump setzt sich öffentlich für niedrigere Zinsen ein, um die Wirtschaft zu stützen. Dies ist eine Parallele zu den 1970er-Jahren, als Präsident Richard Nixon ebenfalls Einfluss auf die Geldpolitik nahm. Damals führte die Lockerung der Zinspolitik trotz hoher Inflation zu einem tiefgreifenden Vertrauensverlust in den US-Dollar. Marktbeobachter wie Ray Dalio warnen vor einer vergleichbaren Entwicklung und verweisen auf das Edelmetall als Wertspeicher.
Schmuckbranche unter Druck – steigende Materialkosten belasten Margen
Für die Schmuckindustrie bedeutet der steigende Goldpreis eine erhebliche Herausforderung. Unternehmen wie Pandora, Signet oder Mejuri sehen sich gezwungen, auf die drastisch steigenden Rohstoffpreise zu reagieren.
So verzeichnete Signet Jewelers in seinem jüngsten Quartalsbericht einen Anstieg der Goldkosten um mehr als 30 %. Pandora meldete einen Rückgang der Bruttomarge um 80 Basispunkte aufgrund höherer Materialpreise. Beide Unternehmen kündigten Preisanpassungen an, um den Kostendruck abzufangen.
Mejuri, ein auf erschwinglichen Luxus spezialisierter Anbieter, informierte seine Kunden bereits Ende September über bevorstehende Preiserhöhungen. In einer Mitteilung hieß es, man habe alle Möglichkeiten zur Kostensenkung geprüft, müsse jedoch die Preise anpassen, um die Qualität und Handwerkskunst aufrechtzuerhalten. Dazu gehören Optimierungen in der Lieferkette und die Entwicklung neuer Produktlinien wie 10-Karat-Gold.
Strategien zur Preisdämpfung: Demi-Fine, Vergoldung und Titan
Einige Anbieter reagieren mit innovativen Produktstrategien. BaubleBar, ein Hersteller von sogenanntem „Demi-Fine“-Schmuck, verwendet eine dicke Schicht 18-karätiger Vergoldung auf Sterlingsilber-Basis. Dadurch bleiben die Preise moderat, während der Schmuck dennoch hochwertig wirkt. CEO Daniella Yacobovsky erklärt, dass die Nachfrage nach dieser Mittelklasse-Kategorie gerade bei preissensiblen Konsumenten stark zugenommen habe.
Auch Alexis Bittar, CEO des gleichnamigen Schmuckunternehmens, setzt verstärkt auf vergoldete Varianten und hält die Preise für bestehende Produkte stabil. Die Strategie: innerhalb einer bekannten Preisspanne bleiben, um die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten nicht zu überschreiten.
Beim Ohrlochstech-Unternehmen Rowan kommt 14-karätiges Gold lediglich als Beschichtung auf chirurgischem Stahl oder Titan zum Einsatz. Dennoch musste das Unternehmen im dritten Quartal einige Preise anheben. CEO Louisa Schneider sieht in der aktuellen Situation einen „Angstindikator“ und betont die Notwendigkeit enger Lieferantenbeziehungen sowie Absicherungsstrategien.
ETF-Zuflüsse und der Einfluss institutioneller Anleger
Neben den Zentralbanken sind es vor allem ETFs, die in den letzten Monaten massiv Kapital in den Goldmarkt gelenkt haben. Laut World Gold Council flossen allein im September rund 17,3 Milliarden US-Dollar in Gold-ETFs – ein Allzeitrekord.
Insbesondere institutionelle Investoren aus Nordamerika und Asien nutzen ETFs, um sich gegen geopolitische Risiken und Währungsabwertungen abzusichern. Im ersten Quartal 2025 investierten chinesische Anleger aufgrund wachsender Spannungen rund um US-Zölle 44 % mehr in physisches Gold in Form von Barren und Münzen.
Im zweiten Quartal war dann eine Wiederbelebung westlicher Nachfrage zu beobachten. Die Analysten von WisdomTree erwarten, dass der Goldpreis bis zum dritten Quartal 2026 auf 4.530 US-Dollar steigen könnte. UBS sieht kurzfristig ein Ziel bei 4.200 US-Dollar. Goldman Sachs geht langfristig sogar von einem Goldpreis von 4.900 US-Dollar bis Ende 2026 aus.
Ein globales Signal der Unsicherheit
Die aktuelle Rallye unterscheidet sich grundlegend von früheren Goldpreiszyklen. Während früher Zinserwartungen und Inflation die Hauptrolle spielten, ist es heute eine Mischung aus:
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geopolitischer Unsicherheit (Ukraine, Nahost, Frankreich, Japan),
struktureller US-Verschuldung,
Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbanken,
und langfristigem Misstrauen gegenüber Papierwährungen.
Der Goldmarkt wird zunehmend von fundamentalen Veränderungen getragen. Gold ist nicht mehr nur eine Reaktion auf akute Krisen, sondern ein Signal wachsender globaler Unsicherheit.
Ausblick: Gold bleibt teuer, Industrie muss sich anpassen
Ob der Goldpreis weiter steigt, lässt sich nicht sicher prognostizieren. Laut Analysten ist eine kurzfristige Trendumkehr jedoch unwahrscheinlich. Für Anleger bleibt Gold ein sicherer Hafen, für die Schmuckindustrie hingegen ein Kostenfaktor, der Innovationsdruck erzeugt.
Unternehmen, die ihre Produktionsmethoden diversifizieren, alternative Materialien einsetzen oder den direkten Kundenkontakt zur Erklärung von Preisanpassungen nutzen, werden besser durch diese Phase navigieren können. Kleinere Anbieter mit engen Margen und preissensibler Kundschaft stehen hingegen vor erheblichen Herausforderungen.
Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich der Goldpreis auf diesem hohen Niveau stabilisieren kann oder ob politische Entwicklungen, etwa in den USA, eine neue Dynamik erzeugen. In jedem Fall bleibt Gold ein Gradmesser für das Vertrauen in die Stabilität der globalen Finanzarchitektur und aktuell schlägt dieser deutlich aus. Es lässt sich also festhalten, dass wohl ein mittelfristiger Aufwärtstrend bestehen bleiben wird.