Goldman Sachs rechnet mit einer Verdoppelung der US-Leitzinsen bis Jahresende. Die Aktienmärkte könnten dadurch weiter unter Druck geraten. Angesichts der nahenden Zinserhöhung bergen aber auch die scheinbar sicheren Staatsanleihen ein hohes Risiko.
Hamburg - Die Formel "Raus aus Aktien - rein in Anleihen" funktioniert derzeit nicht. Parallel zum US-Aktienmarkt ist in den vergangenen Tagen auch der Kurs der zehnjährigen US-Staatsanleihe abgestürzt: Seit März betragen die Kursverluste bei den scheinbar sicheren Papieren 10 Prozent.
Vier Prozent Wirtschaftswachstum in den USA
Grund für den Kollaps der langfristigen Anleihen ist, dass die Anleger bereits in diesem Jahr mit deutlich steigenden Zinsen in den USA rechnen. Die US-Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um solide 4 Prozent wachsen, und auch am Arbeitsmarkt gibt es positive Signale. Die Analysten von Goldman Sachs gehen deshalb davon aus, dass die US-Notenbank den Leitzins noch in diesem Jahr von 1 auf 2 Prozent anheben wird - beginnend mit einem ersten Zinsschritt um 0,25 Prozent Ende Juni.
Mit einer Verdoppelung der Leitzinsen könnte die US-Notenbank (Fed) auf das steigende Inflationsrisiko reagieren: Hohe Öl- und Energiepreise treiben derzeit die Teuerung an. Die Verbraucherpreise in den USA, die am Freitag gemeldet werden, könnten erstmals in diesem Jahr wieder über die Marke von 2 Prozent klettern. Obwohl steigende Zinsen den Aufschwung und den Konsum in den USA bremsen dürften, könnte die Fed auf Grund des Inflationsrisikos die Zinsschraube in den kommenden Monaten spürbar anziehen und es nicht bei einem kleinen Zinsschritt belassen.
"Cash is king"
Mit einem Anstieg der kurzfristigen Zinsen der Notenbank wie auch der langfristigen Zinsen am Kapitalmarkt steigen die Renditen von Anleihen, was sich negativ auf den Kurs der festverzinslichen Papiere auswirkt. Die Kursrisiken schrecken Anleihenkäufer ab: Wozu jetzt eine Anleihe kaufen, wenn man sie bei steigenden Zinsen später deutlich günstiger erwerben kann. Lediglich kurzfristige Anleihen bieten nach Ansicht von Händlern am Rentenmarkt derzeit Chancen: Als "sichere Häfen" für risikoscheue Anleger dienen derzeit lediglich Geldmarktfonds.
"Cash is king" lautet derzeit die Devise der Anlagestrategen von Credit Suisse First Boston (CSFB). Da viele Anleger in den vergangenen Monaten laut CSFB Aktien und Emerging-Market-Anleihen auf Pump gekauft haben, dürften sie sich bei steigenden Zinsen rasch wieder von ihren Investments trennen. Daher könnte sowohl auf dem Aktien- wie auf dem Anleihemarkt weiterer Verkaufsdruck aufkommen. Empfehlenswert sei es daher, Cash-Positionen aufzubauen.
Bereits die guten Arbeitsmarktdaten der vergangenen Woche und die dadurch aufziehenden Zinsängste hatten für einen Ausverkauf auf den Aktien- und Anleihemärkten geführt. Der deutsche Rentenmarkt gab am Dienstag erneut nach. Die durchschnittliche Umlaufrendite der börsennotierten Bundeswertpapiere legte auf 3,97 (Vortag: 3,96) Prozent zu, teilte die Deutsche Bundesbank in Frankfurt mit.