RUECKBLICK: ZEITBOMBE PENSIONSFONDS: WAS STECKT DAHINTER?
Index Hoechststand Aenderung z. 25.10. Aenderung
52/W-Hoch Schlusskurs zum 17.10.
Internet 177,29 -56% 77,54 6,70%
S&P 500 1.226,29 -27% 897,65 2,10%
Nasdaq 2.102,53 -37% 1.331,13 4,62%
Nasdaq-QQQ 44,00 -44% 24,62 4,54%
Dow Jones 10.673,10 -21% 8.443,99 2,04%
Volatilitaet 57,31 -37% 36,27 -9,69%
30-Jahr Anl. 5,86 -13% 5,08 0,00%
Gold 327,05 -4% 313,00 0,72%
Die Rallye ist noch voll im Gange. Schlechte Meldungen werden
abgeschuettelt, halbwegs gute, oder auch neutrale Meldungen
werden als positiv interpretiert. Die Boersen lechzen foermlich
nach einer Rallye und lassen sich ihre Laune nicht durch etwaige
Fakten vermiesen.
Es ist nicht leicht, in diesem Boersentrubel den Ueberblick zu
behalten. Wenngleich viele der Konjunkturdaten ein duesteres
Bild zeichnen, wenngleich das in dieser Woche von der Fed
veroeffentlichte Beige Book zur konjunkturellen Situation keinen
Grund zum Optimismus gibt, wenngleich Unternehmen sich
bestenfalls verhalten, wenn nicht gar pessimistisch geben, dann
suchen doch Boersianer nach dem Funkten Hoffnung, nach dem Licht
am Ende des Tunnels.
Denn, und das weiss jeder, der an der Boerse agiert,
Arbeitslosigkeit ist ein Spaetindikator fuer eine
Wirtschaftsschwaeche. Das heisst, selbst wenn die Wirtschaft
schon wieder anzieht wird die Arbeitslosigkeit noch eine Weile
lang weiter ansteigen.
Und auch das weiss jeder: Die Boerse nimmt zukuenftige
Entwicklungen vorweg. Also, wenn der Aufschwung in Sicht ist,
wenn man auch nur das Licht am Ende des Tunnels erahnen kann,
dann wird die Boerse zu einem wahren Kursfeuerwerk ansetzen.
Bis sich dann anschliessend die wirtschaftliche Lage
tatsaechlich verbessert, koennen dann noch 6 bis 9 Monate
verstreichen.
Es gilt aber auch: Die ersten Kurssteigerungen am Ende einer
Baisse sind die heftigsten. Vom Boden aus kann man die groessten
und schnellsten Gewinne einfahren. Das moechte niemand
verpassen.
Und wenn Sie sich nun vorstellen, dass diese Fakten in den
Koepfen junger Boersenhaendler herumschwirren, die noch immer
davon traeumen, die Verluste der vergangenen 2 ½ Jahre in
kuerzester Zeit wett zu machen, dann werden Sie sicherlich
verstehen, wie solch heftige Rallyes, wie wir sie in den letzten
beiden Wochen gesehen haben, entstehen koennen.
Ein paar gute Meldungen, ein paar neutrale, und sofort macht
sich das Geruecht breit, dass wir den Boden der Baisse
durchschritten haben koennten. Niemand moechte nun zu spaet auf
den angefahrenen Zug aufspringen. Niemand moechte die ersten
Tage oder Wochen der Trendwende verpassen.
Und dann kommt da noch der Bush und zeigt sich einsichtig, dass
ein Angriff des Iraks in einem Desaster enden koennte. Sein
Vorgehen wird vorsichtiger. Die Boersen (und wir Menschen
ebenso) atmen erleichtert auf.
Die treuen Leser unter Ihnen kennen meine Meinung: Mit einer
gehoerigen Portion Unterstuetzung seitens der UN haette es
eventuell gelingen koennen, den Irak zum Einlenken zu bewegen,
ohne ihn anzugreifen. Nun hat sich diese Moeglichkeit
zerschlagen, Bush bleibt nicht anderes uebrig, als vorerst
einmal den Schwanz einzukneifen.
Dennoch halte ich einen Einmarsch noch nicht fuer abwegig. Ich
koennte mir vorstellen, dass Anfang naechsten Jahres die
Situation wieder voellig anders aussieht.
Die Frage, ob das richtig ist, ist eine andere. Das vermag ich
nicht zu beurteilen, ich versuche lediglich herauszufinden, was
wahrscheinlich ist.
Allerdings, um den Vorwuerfen ein Ende zu setzen, ich wuerde
einen Krieg herbeireden, muss ich feststellen, dass die USA
einen Krieg ohne Landesgrenzen mit einem Krieg gegen Laender
beantworten. Einen idealistischen Glaubenskrieg, der ueber
Landesgrenzen hinweg organisiert und nicht auf Eroberung,
sondern nur auf Zerstoerung aus ist, kann man meines Erachtens
nicht mit einem herkoemmlichen Krieg gegen eine Nation, die
eventuell oder auch nicht mehr oder weniger in diesem
ideologischen Schlamassel drin steckt bekaempfen.
So einfach wird man das Pulverfass in der arabischen Welt nicht
entschaerfen koennen.
Aber, bei der Einschaetzung kuenftiger Entwicklungen richte ich
mein Augenmerk weniger auf das, was ich fuer richtig oder
falsch, als vielmehr auf das, was ich fuer wahrscheinlich halte.
Und da denke ich, dass die Cowboys irgendwann ein Showdown
organisieren werden.
Was ist noch passiert in dieser Woche?
S&P hat die Ergebnisse der Unternehmen, die den Index ausmachen,
zusammenaddiert. Heraus kam, dass der S&P 500, bei einem
Indexstand von 897 ein Ergebnis von $26,74 haben wuerde. Das
entspricht etwa einem KGV von 33.
Nicht gerade ein KGV, dass ein Ende der Baisse wahrscheinlich
erscheinen laesst, oder?
Weit schlimmer wird es jedoch noch, wenn dabei die merkwuerdigen
Bilanztricks findiger amerikanische Buchhalter herausgerechnet
werden. Dann naemlich reduzieren sich die Ertraege auf $18,48.
Dies entspricht einem KGV von 48! Also: Soll man nun schon
Aktien kaufen?
Lassen Sie mich ein wenig den Hintergrund dieser Rechnung
erklaeren, damit Sie sehen, wie sich die amerikanische
Wirtschaft in den vergangenen zwanzig Jahren in die eigene
Tasche gelogen hat:
Anlass zur Kritik gab in dem Bericht von Standard & Poor's die
Bilanzierungspraxis der Pensionsrueckstellungen. Jedes groessere
Unternehmen in den USA hat einen eigenen Pensionsfonds. Diese
Fonds legen kontinuierlich bestimmte Betraege zur Altersvorsorge
an.
Ueber die Jahre kann man feststellen, dass die konservative
Kalkulation mit einer Verzinsung von nur 3 oder 5% stets
uebertroffen werden konnte. Seit zwanzig Jahren bereits, also
laenger, als die meisten von uns ueberhaupt im Berufsleben
stecken. Man kann also leichthin zu dem Schluss kommen, dass die
Bilanzierung mit einem erwarteten Ertrag von 3 oder 5% stets
uebertroffen wird. Meist waren es Verzinsungen von 9%, in der
Hausse der spaeten 90er Jahre gar 14% und mehr.
Nun entspricht es aber nicht den Grundsaetzen ordnungsgemaesser
Buchfuehrung, wenn man dann fuer die folgenden Jahre ebenfalls
14% ansetzt. Das US-System fand eine vermeintlich faire Loesung:
Man nehme den Durchschnitt der letzten drei oder fuenf Jahre.
Dieser werde schon nicht so sehr schwanken, er koennte sich so
um die 9% einpendeln...
Nun muessen Sie weiterhin bedenken, dass in den Jahren des Booms
Unternehmen stets verpflichtet waren, ihre Erwartungen weiter
nach oben zu schrauben und anschliessend in der Erwartung
standen, diese gestiegenen Erwartungen auch noch zu
uebertreffen. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass
findige Buchhalter Wege fanden, die damals reichlich fliessenden
Ueberschuesse aus dem Anlagegeschaeft der Pensionsfonds in der
Bilanz in den Bereich der Gewinn- und Verlustrechnung zum
Unternehmensergebnis zuzurechnen.
Somit ergab sich eine gleich doppelte Verzerrung: Die
Erwartungen fuer Pensionsfonds waren aufgrund der Gewohnheit der
reichlich vorhandenen Anlageueberschuesse in die Hoehe
geschnellt. Und Teile der Anlageueberschuesse konnten noch
verwendet werden, um das Geschaeftsergebnis aufzupolieren.
Heute, nach 2 1/2 Jahren Baisse, hat ein Unternehmen diese
Moeglichkeit nicht mehr. Das Unternehmensergebnis kann nicht
mehr mit Anlageueberschuessen aufpoliert werden, denn es wurden
keine Gewinne in den Pensionsfonds erwirtschaftet.
Ausserdem entsteht eine Unterdeckung in den Pensionsfonds. Die
Kalkulation mit den Durchschnittsrenditen von 9% wird zur
Makulatur, wenn ueber einen laengeren Zeitraum diese Renditen
nicht erwirtschaftet werden. So haben beispielsweise bereits im
Jahr 2001 die amerikanischen Unternehmen durchschnittlich mit
einem Ertrag von 9% gerechnet. Das Resultat war jedoch ein
glattes Minus. Nur 5% aller Pensionsfonds konnten ueberhaupt ein
kleines Plus ausweisen. Der Rest vernichtete Pensionsgelder.
Fuer das laufende Jahr 2002 haben die Pensionsfonds Ihre
Prognosen drastisch gesenkt: Auf rund 7% im Durchschnitt. Ich
habe Ihnen dies vor einigen Wochen an dieser Stelle bereits
berichtet.
Nun schauen Sie sich den Boersenverlauf dieses Jahres an. Denken
Sie, dass die 7% noch erreicht werden koennen?
Ich komme auf das Grundproblem der amerikanischen Wirtschaft
zurueck: Alles ist auf Wachstum ausgerichtet. Mit einer
anhaltenden Rezession werden die nicht fertig. Irgendwann muss
das Unternehmen aus eigenen Gewinnen die Pensionsfonds
auffuellen, um den Pensionsverpflichtungen nachzukommen.
Bei John Deere (DE, $46,99) beispielsweise hatte man 2001
erwartet, $657 Spekulationsgewinne zu erwirtschaften. Das
Ergebnis war dann jedoch ein Verlust von $1.419 Mio. Das ist ein
Loch im Portemonnaie von rund $2 Mrd. Ein solches Loch muss erst
einmal gestopft werden.
Also, die Gefahr lauert gleich doppelt: Es muessen nicht nur die
eigenen Rechnungen drastisch nach unten korrigiert werden,
sondern es muessen vielmehr auch noch die entstandenen Loecher
gestopft werden. Fuer ein Unternehmen mit $13 Mrd. Umsatz ist es
nicht leicht, $2 Mrd. UEberschuss abzuzweigen, zumal derzeit
ohnehin hart am Wind gesegelt wird.
Lassen Sie im laufenden Jahr nochmals eine Milliarde Dollar
hinzu kommen. Wenn das Geschaeft dann wieder anziehen sollte,
dann wird John Deere wohl so rund 5 Jahre benoetigen, um dieses
Loch aus dem Nettogewinn zu stopfen. Und das Geschaeft mit
Landmaschinen und Treckern ist kein Geschaeft mit jaehrlichen
Wachstumsraten im zweistelligen Bereich.
Ich werde John Deere als Shortkandidat beobachten.
Naja, ich sammle noch immer Mosaiksteinchen, um sie davon zu
ueberzeugen, dass die US-Wirtschaft auf toenernen Fuessen steht.
Natuerlich, wenn die US-Konjunktur wieder anzieht, dann koennte
sich alles binnen eines Jahres in Wohlgefallen aufloesen und man
wird mich mit meiner Schwarzmalerei auslachen.
Ich sehe aber keinen Grund, warum die Wirtschaft wieder anziehen
sollte. Die Liste der Gruende, die fuer eine lang anhaltende
Rezession sprechen, wird jedoch immer laenger.
Die amerikanische „Wachstumsgesellschaft" hat eine Vielzahl von
Geschwueren produziert, die wie das Geschwuer der Pensionsfonds
jederzeit aufbrechen koennen. Im folgenden Kapitel habe ich noch
eine Anzahl weiterer Geschwuere zusammen gestellt.
Index Hoechststand Aenderung z. 25.10. Aenderung
52/W-Hoch Schlusskurs zum 17.10.
Internet 177,29 -56% 77,54 6,70%
S&P 500 1.226,29 -27% 897,65 2,10%
Nasdaq 2.102,53 -37% 1.331,13 4,62%
Nasdaq-QQQ 44,00 -44% 24,62 4,54%
Dow Jones 10.673,10 -21% 8.443,99 2,04%
Volatilitaet 57,31 -37% 36,27 -9,69%
30-Jahr Anl. 5,86 -13% 5,08 0,00%
Gold 327,05 -4% 313,00 0,72%
Die Rallye ist noch voll im Gange. Schlechte Meldungen werden
abgeschuettelt, halbwegs gute, oder auch neutrale Meldungen
werden als positiv interpretiert. Die Boersen lechzen foermlich
nach einer Rallye und lassen sich ihre Laune nicht durch etwaige
Fakten vermiesen.
Es ist nicht leicht, in diesem Boersentrubel den Ueberblick zu
behalten. Wenngleich viele der Konjunkturdaten ein duesteres
Bild zeichnen, wenngleich das in dieser Woche von der Fed
veroeffentlichte Beige Book zur konjunkturellen Situation keinen
Grund zum Optimismus gibt, wenngleich Unternehmen sich
bestenfalls verhalten, wenn nicht gar pessimistisch geben, dann
suchen doch Boersianer nach dem Funkten Hoffnung, nach dem Licht
am Ende des Tunnels.
Denn, und das weiss jeder, der an der Boerse agiert,
Arbeitslosigkeit ist ein Spaetindikator fuer eine
Wirtschaftsschwaeche. Das heisst, selbst wenn die Wirtschaft
schon wieder anzieht wird die Arbeitslosigkeit noch eine Weile
lang weiter ansteigen.
Und auch das weiss jeder: Die Boerse nimmt zukuenftige
Entwicklungen vorweg. Also, wenn der Aufschwung in Sicht ist,
wenn man auch nur das Licht am Ende des Tunnels erahnen kann,
dann wird die Boerse zu einem wahren Kursfeuerwerk ansetzen.
Bis sich dann anschliessend die wirtschaftliche Lage
tatsaechlich verbessert, koennen dann noch 6 bis 9 Monate
verstreichen.
Es gilt aber auch: Die ersten Kurssteigerungen am Ende einer
Baisse sind die heftigsten. Vom Boden aus kann man die groessten
und schnellsten Gewinne einfahren. Das moechte niemand
verpassen.
Und wenn Sie sich nun vorstellen, dass diese Fakten in den
Koepfen junger Boersenhaendler herumschwirren, die noch immer
davon traeumen, die Verluste der vergangenen 2 ½ Jahre in
kuerzester Zeit wett zu machen, dann werden Sie sicherlich
verstehen, wie solch heftige Rallyes, wie wir sie in den letzten
beiden Wochen gesehen haben, entstehen koennen.
Ein paar gute Meldungen, ein paar neutrale, und sofort macht
sich das Geruecht breit, dass wir den Boden der Baisse
durchschritten haben koennten. Niemand moechte nun zu spaet auf
den angefahrenen Zug aufspringen. Niemand moechte die ersten
Tage oder Wochen der Trendwende verpassen.
Und dann kommt da noch der Bush und zeigt sich einsichtig, dass
ein Angriff des Iraks in einem Desaster enden koennte. Sein
Vorgehen wird vorsichtiger. Die Boersen (und wir Menschen
ebenso) atmen erleichtert auf.
Die treuen Leser unter Ihnen kennen meine Meinung: Mit einer
gehoerigen Portion Unterstuetzung seitens der UN haette es
eventuell gelingen koennen, den Irak zum Einlenken zu bewegen,
ohne ihn anzugreifen. Nun hat sich diese Moeglichkeit
zerschlagen, Bush bleibt nicht anderes uebrig, als vorerst
einmal den Schwanz einzukneifen.
Dennoch halte ich einen Einmarsch noch nicht fuer abwegig. Ich
koennte mir vorstellen, dass Anfang naechsten Jahres die
Situation wieder voellig anders aussieht.
Die Frage, ob das richtig ist, ist eine andere. Das vermag ich
nicht zu beurteilen, ich versuche lediglich herauszufinden, was
wahrscheinlich ist.
Allerdings, um den Vorwuerfen ein Ende zu setzen, ich wuerde
einen Krieg herbeireden, muss ich feststellen, dass die USA
einen Krieg ohne Landesgrenzen mit einem Krieg gegen Laender
beantworten. Einen idealistischen Glaubenskrieg, der ueber
Landesgrenzen hinweg organisiert und nicht auf Eroberung,
sondern nur auf Zerstoerung aus ist, kann man meines Erachtens
nicht mit einem herkoemmlichen Krieg gegen eine Nation, die
eventuell oder auch nicht mehr oder weniger in diesem
ideologischen Schlamassel drin steckt bekaempfen.
So einfach wird man das Pulverfass in der arabischen Welt nicht
entschaerfen koennen.
Aber, bei der Einschaetzung kuenftiger Entwicklungen richte ich
mein Augenmerk weniger auf das, was ich fuer richtig oder
falsch, als vielmehr auf das, was ich fuer wahrscheinlich halte.
Und da denke ich, dass die Cowboys irgendwann ein Showdown
organisieren werden.
Was ist noch passiert in dieser Woche?
S&P hat die Ergebnisse der Unternehmen, die den Index ausmachen,
zusammenaddiert. Heraus kam, dass der S&P 500, bei einem
Indexstand von 897 ein Ergebnis von $26,74 haben wuerde. Das
entspricht etwa einem KGV von 33.
Nicht gerade ein KGV, dass ein Ende der Baisse wahrscheinlich
erscheinen laesst, oder?
Weit schlimmer wird es jedoch noch, wenn dabei die merkwuerdigen
Bilanztricks findiger amerikanische Buchhalter herausgerechnet
werden. Dann naemlich reduzieren sich die Ertraege auf $18,48.
Dies entspricht einem KGV von 48! Also: Soll man nun schon
Aktien kaufen?
Lassen Sie mich ein wenig den Hintergrund dieser Rechnung
erklaeren, damit Sie sehen, wie sich die amerikanische
Wirtschaft in den vergangenen zwanzig Jahren in die eigene
Tasche gelogen hat:
Anlass zur Kritik gab in dem Bericht von Standard & Poor's die
Bilanzierungspraxis der Pensionsrueckstellungen. Jedes groessere
Unternehmen in den USA hat einen eigenen Pensionsfonds. Diese
Fonds legen kontinuierlich bestimmte Betraege zur Altersvorsorge
an.
Ueber die Jahre kann man feststellen, dass die konservative
Kalkulation mit einer Verzinsung von nur 3 oder 5% stets
uebertroffen werden konnte. Seit zwanzig Jahren bereits, also
laenger, als die meisten von uns ueberhaupt im Berufsleben
stecken. Man kann also leichthin zu dem Schluss kommen, dass die
Bilanzierung mit einem erwarteten Ertrag von 3 oder 5% stets
uebertroffen wird. Meist waren es Verzinsungen von 9%, in der
Hausse der spaeten 90er Jahre gar 14% und mehr.
Nun entspricht es aber nicht den Grundsaetzen ordnungsgemaesser
Buchfuehrung, wenn man dann fuer die folgenden Jahre ebenfalls
14% ansetzt. Das US-System fand eine vermeintlich faire Loesung:
Man nehme den Durchschnitt der letzten drei oder fuenf Jahre.
Dieser werde schon nicht so sehr schwanken, er koennte sich so
um die 9% einpendeln...
Nun muessen Sie weiterhin bedenken, dass in den Jahren des Booms
Unternehmen stets verpflichtet waren, ihre Erwartungen weiter
nach oben zu schrauben und anschliessend in der Erwartung
standen, diese gestiegenen Erwartungen auch noch zu
uebertreffen. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass
findige Buchhalter Wege fanden, die damals reichlich fliessenden
Ueberschuesse aus dem Anlagegeschaeft der Pensionsfonds in der
Bilanz in den Bereich der Gewinn- und Verlustrechnung zum
Unternehmensergebnis zuzurechnen.
Somit ergab sich eine gleich doppelte Verzerrung: Die
Erwartungen fuer Pensionsfonds waren aufgrund der Gewohnheit der
reichlich vorhandenen Anlageueberschuesse in die Hoehe
geschnellt. Und Teile der Anlageueberschuesse konnten noch
verwendet werden, um das Geschaeftsergebnis aufzupolieren.
Heute, nach 2 1/2 Jahren Baisse, hat ein Unternehmen diese
Moeglichkeit nicht mehr. Das Unternehmensergebnis kann nicht
mehr mit Anlageueberschuessen aufpoliert werden, denn es wurden
keine Gewinne in den Pensionsfonds erwirtschaftet.
Ausserdem entsteht eine Unterdeckung in den Pensionsfonds. Die
Kalkulation mit den Durchschnittsrenditen von 9% wird zur
Makulatur, wenn ueber einen laengeren Zeitraum diese Renditen
nicht erwirtschaftet werden. So haben beispielsweise bereits im
Jahr 2001 die amerikanischen Unternehmen durchschnittlich mit
einem Ertrag von 9% gerechnet. Das Resultat war jedoch ein
glattes Minus. Nur 5% aller Pensionsfonds konnten ueberhaupt ein
kleines Plus ausweisen. Der Rest vernichtete Pensionsgelder.
Fuer das laufende Jahr 2002 haben die Pensionsfonds Ihre
Prognosen drastisch gesenkt: Auf rund 7% im Durchschnitt. Ich
habe Ihnen dies vor einigen Wochen an dieser Stelle bereits
berichtet.
Nun schauen Sie sich den Boersenverlauf dieses Jahres an. Denken
Sie, dass die 7% noch erreicht werden koennen?
Ich komme auf das Grundproblem der amerikanischen Wirtschaft
zurueck: Alles ist auf Wachstum ausgerichtet. Mit einer
anhaltenden Rezession werden die nicht fertig. Irgendwann muss
das Unternehmen aus eigenen Gewinnen die Pensionsfonds
auffuellen, um den Pensionsverpflichtungen nachzukommen.
Bei John Deere (DE, $46,99) beispielsweise hatte man 2001
erwartet, $657 Spekulationsgewinne zu erwirtschaften. Das
Ergebnis war dann jedoch ein Verlust von $1.419 Mio. Das ist ein
Loch im Portemonnaie von rund $2 Mrd. Ein solches Loch muss erst
einmal gestopft werden.
Also, die Gefahr lauert gleich doppelt: Es muessen nicht nur die
eigenen Rechnungen drastisch nach unten korrigiert werden,
sondern es muessen vielmehr auch noch die entstandenen Loecher
gestopft werden. Fuer ein Unternehmen mit $13 Mrd. Umsatz ist es
nicht leicht, $2 Mrd. UEberschuss abzuzweigen, zumal derzeit
ohnehin hart am Wind gesegelt wird.
Lassen Sie im laufenden Jahr nochmals eine Milliarde Dollar
hinzu kommen. Wenn das Geschaeft dann wieder anziehen sollte,
dann wird John Deere wohl so rund 5 Jahre benoetigen, um dieses
Loch aus dem Nettogewinn zu stopfen. Und das Geschaeft mit
Landmaschinen und Treckern ist kein Geschaeft mit jaehrlichen
Wachstumsraten im zweistelligen Bereich.
Ich werde John Deere als Shortkandidat beobachten.
Naja, ich sammle noch immer Mosaiksteinchen, um sie davon zu
ueberzeugen, dass die US-Wirtschaft auf toenernen Fuessen steht.
Natuerlich, wenn die US-Konjunktur wieder anzieht, dann koennte
sich alles binnen eines Jahres in Wohlgefallen aufloesen und man
wird mich mit meiner Schwarzmalerei auslachen.
Ich sehe aber keinen Grund, warum die Wirtschaft wieder anziehen
sollte. Die Liste der Gruende, die fuer eine lang anhaltende
Rezession sprechen, wird jedoch immer laenger.
Die amerikanische „Wachstumsgesellschaft" hat eine Vielzahl von
Geschwueren produziert, die wie das Geschwuer der Pensionsfonds
jederzeit aufbrechen koennen. Im folgenden Kapitel habe ich noch
eine Anzahl weiterer Geschwuere zusammen gestellt.