Wirtschaft bis zum Herbst in der Stagnation

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Wirtschaft bis zum Herbst in der Stagnation

 
16.08.01 11:28

Wirtschaft bis zum Herbst in der Stagnation


Von Birgit Marschall, Berlin und Haig Simonian, Fürstenwalde

Die deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung von Konjunkturexperten im Frühjahr in eine Stagnation geraten, deren Ende derzeit nicht abzusehen ist.

Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Summe der produzierten Waren und Dienstleistungen, im zweiten Quartal erstmals seit dem Frühjahr 1999 wieder leicht zurück. Wie das Berliner Institut sahen gestern auch andere führende Wirtschaftsforschungsinstitute und Banken keine Anzeichen für eine Besserung der schwachen Konjunkturlage im dritten Quartal des Jahres.

 
Wirtschaft bis zum Herbst in der Stagnation 393167Das dritte Quartal wird eher noch schlechter ausfallen als das zweite", sagte Carsten-Patrick Meier vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. In jedem Fall werde das von der Bundesregierung erwartete Wachstum von 1,5 bis 2,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr verfehlt, urteilte das DIW - ein Wert, an dem Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern erneut festhielt. Das DIW hatte unlängst für 2001 ein Wachstum von 1,0 Prozent vorausgesagt. "Wir sehen unsere Prognose durch die Quartalsschätzung jetzt bestätigt", sagte DIW-Experte Andreas Cors.



Frühere Prognosen bestätigt

Obwohl ein längerer Abschwung auch die Chancen von Bundeskanzler Gerhard Schröder für eine Wiederwahl in 2002 gefährden könnte, lehnten Schröder und Finanzminister Hans Eichel weitere Steuersenkungen bereits 2002 erneut als unfinanzierbar ab. Die waren zuvor von Opposition und Wirtschaftsverbänden gefordert worden.

Zugleich betonte die Regierung, dass sie im Abschwung nicht untätig bleiben werde. "Die Politik der ruhigen Hand hat nichts damit zu tun, dass man die Hände in den Schoß legt", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Charima Reinhardt unter Verweis auf die gestrigen Kabinettsbeschlüsse.

Das Bundeskabinett verabschiedete das Programm "Stadtumbau Ost" bis 2009. Bund, Länder und Gemeinden sollen insgesamt 4,2 Mrd. DM für die Sanierung ostdeutscher Städte bereitstellen. Schröder hatte die Verlängerung des Programms unmittelbar zuvor als konjunkturbelebende Maßnahme für Ostdeutschland vorgestellt. "Der Osten steht nicht auf der Kippe", betonte der Kanzler.

Während seiner Reise wies Schröder pauschale Forderungen nach einer Flexibilisierung des Arbeitsmarkts erneut zurück. Eine Deregulierung im Sinne amerikanischer Verhältnisse werde es mit ihm nicht geben, sagte Schröder am Dienstagabend in Stettin. Auch die staatliche Finanzierung des zweiten Arbeitsmarkts in den neuen Ländern ist nach Ansicht Schröders noch länger notwendig.

Nach den Schätzungen des Berliner DIW schrumpfte die deutsche Wirtschaftsleistung zwischen April und Juni leicht um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Zuwachs auf ein Plus von 0,7 Prozent gesunken, nachdem im ersten Vierteljahr noch eine Wachstumsrate von 1,6 Prozent gemessen worden war. Seit dem zweiten Quartal 2000 hat sich das Wachstum damit deutlich verlangsamt.

Bundesbank legt am Donnerstag Zahlen vor

Eine ähnliche Schätzung wird am Donnerstag von der Bundesbank erwartet. Offizielle Daten gibt das Statistische Bundesamt erst am 23. August bekannt. In die amtliche Schätzung werden allerdings deutlich revidierte Daten einfließen, so dass Ökonomen erwarten, dass ihre unabhängigen Berechnungen die Realität möglicherweise nur unzureichend abbilden. Das Amt hatte erklärt, es wolle die gesamte volkswirtschaftliche Datenbasis seit 1997 einer Revision unterziehen.

Vor allem die Investitionen der Unternehmen seien im zweiten Quartal gegenüber Vorjahr und Vorquartal weiter deutlich gesunken, sagte DIW-Forscher Cors. Diese Einschätzung bestätigte auch eine Studie des Ifo-Instituts. Demnach sank die Auslastung der westdeutschen Industrie im Juni auf 85,7 Prozent, den niedrigsten Wert seit zwei Jahren.

Der leichte Anstieg der Konsumausgaben im zweiten Quartal habe die negative Entwicklung der Investitionen nicht ausgleichen können, so das DIW. Angesichts der zuletzt stark rückläufigen Auftragseingänge sei mit einem Anziehen der Investitionen im dritten Quartal nicht zu rechnen.

Der Konsum werde kaum zu einer Belebung beitragen. "Die Preise müssten gegenüber den Vormonaten tatsächlich sinken, damit die Verbraucher reale Kaufkraftgewinne erzielen", sagte Cors. Der Preisindex sei zwar im Juli gegenüber Juni leicht rückläufig gewesen. Die Entwicklung werde sich aber kaum fortsetzen.

Kaum noch Dynamik


Stagnation

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) blieb im Frühjahr gegenüber dem Vorquartal fast unverändert. Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft damit in der Stagnation.

Rezession

In die Rezession rutscht die Wirtschaft, wenn das BIP zwei Quartale nacheinander schrumpft. Ein Schrumpfen ist im dritten Quartal nicht ausgeschlossen.

quelle ftd.

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