Wir müssen über Geld reden

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calexa:

Wir müssen über Geld reden

 
18.03.04 20:10
Die Deutschen sind in Geldfragen nicht gerade mit Sachkenntnis beschlagen. Selbst um das Wissen des wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland ist es nicht gut bestellt. Beobachter haben in diesem Kontext gar von einer erschreckenden Unkenntnis gesprochen. Die Commerzbank, die unlängst diese betrübliche Tatsache publik gemacht hat, ist jetzt mit einer weiteren Studie dem Dilemma auf den Grund gegangen.

Im Kern lautet das Ergebnis der Untersuchung: Die Tabuisierung des Geldes in unserer Gesellschaft und auch psychische Hemmschwellen führen dazu, dass sich viele Menschen zu wenig mit ihren privaten Finanzen beschäftigen. Der zunehmende Zwang zur privaten Altersvorsorge und noch mehr finanzieller Eigenverantwortung verlangt von den Menschen genau das Gegenteil.


Desinteresse kann in die "Katastrophe" führen

Für den Einzelnen seien diese Hemmschwellen eine "mittlere Katastrophe", warnte Professor Stefan Hradil vom Soziologischen Institut der Universität Mainz am Montag in Hamburg. "Wer finanziell wenig kompetent ist, kann unter heutigen Bedingungen nicht lebenstüchtig und schon gar nicht autonom sein", kommentierte der Experte die Ergebnisse der Studie "Die Psychologie des Geldes".

Das Marktforschungsinstitut "Sinus Sociovision" hatte für die Untersuchung zwischen Oktober und Dezember vergangenen Jahres 50 Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und aus allen sozialen Schichten in psychologischen Tiefeninterviews nach der Einstellung zu ihren Finanzen befragt. Die Forscher gingen bei ihrer Untersuchung von sechs möglichen Ursachen für die Wissensdefizite aus. Alle Thesen seien durch die Untersuchung bestätigt worden.


Geld hat ein schlechtes Image

So werde das Thema Geld in der Gesellschaft tabuisiert. Die Menschen empfänden es als unangenehm, über Geld zu sprechen. Insbesondere das Reden über zu wenig Geld löse bei vielen Schamgefühle aus.
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Geld habe zudem ein schlechtes Image. Wer sich als "Finanzfuchs" erweist, genieße in der Gesellschaft eher einen schlechten Ruf. Finanzielle Cleverness und finanzieller Erfolg würden als Übervorteilung anderer bewertet. Deshalb bestehe auch kein Anlass, darüber zu reden. Nicht zuletzt habe die negative Entwicklung an den Aktienmärkten diese Wahrnehmung verfestigt und zu einem generellen Misstrauen gegenüber Finanzexperten geführt.

So long,
Calexa
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calexa:

Teil 2

 
18.03.04 20:11
Zudem kapitulierten die Menschen oft vor der Komplexität beim Thema Geld. Die Produkte und Dienstleistungen seien zu kompliziert und würden in einer unverständlichen Sprache vermittelt. Die Komplexität löse Angst und Unsicherheit aus. Deshalb würden die Menschen die Auseinandersetzung mit diesen Produkten vermeiden oder Geldangelegenheiten an den Partner delegieren.

Doch das Vertrauen auf andere berge auch die Gefahr der Unmündigkeit in finanziellen Fragen, warnen die Forscher. Insbesondere bei jungen Menschen in der Ausbildung oder bei älteren Hausfrauen stellten die Forscher diese Tendenz fest. Dabei würden die Betroffenen ihre Unmündigkeit selbst gar nicht als eine ebensolche wahrnehmen, weil sie sich durch den Partner oder im Zweifelsfall vom Staat gut versorgt fühlten.

Vielen erscheint die Beschäftigung mit Geld zudem als abstrakt. Den Menschen fehlten klare, lebenswichtige Bezüge. Im Bereich der Altersvorsorge zum Beispiel seien Entscheidungen zu treffen, deren Auswirkungen erst in einigen Jahrzehnten sichtbar werden. Nicht zuletzt beschäftigten sich Frauen und Männer ungern mit Geldfragen, weil für sie der Aufwand und der Ertrag dieser Tätigkeit in keinem annehmbaren Verhältnis stehe.

Sicherlich würden nicht alle Menschen durch Hemmschwellen daran gehindert, sich über Geld zu informieren und finanzielle Entscheidungen kompetent zu treffen. Es gebe sie, die "Souveränen", die außerordentlich gut über Finanzfragen informiert seien - oder auch die "Ambitionierten", für die darüber hinaus Geld auch Mittel zur Selbstverwirklichung und Selbstbestätigung sei.

Sie seien aber in der Minderzahl. Am anderen Ende der von dem Marktforschungsinstitut "Sinus Sociovision" entworfenen Skala der "Geldtypen" stehen diesen "Finanzfüchsen" die "Resignierten" gegenüber. Sie ignorierten das Thema gänzlich, führten häufig "ein Leben auf Pump" und litten unter ihrer finanziellen Situation.

Soziologe Hradil räumte zwar ein, dass diese Hemmschwellen und damit auch die Erkenntnisse nicht unbedingt neu seien. Selbstverständlich ließe sich auch nicht jeder Mensch in seiner Einstellung zu Geld eindeutig typologisieren. Den meisten dieser "Typen" sei aber gemein, dass sie letztlich versuchten, das Thema Geld zu verdrängen. Die Brisanz des Befundes ergebe sich vor allem aus dem erwähnten Zwang, dass Menschen in Deutschland künftig ihre Altersvorsorge stärker in die eigene Hand nehmen müssten.

So long,
Calexa
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js111:

Mitschuld an der Misere haben ja gerade genau die

 
18.03.04 20:19
banken und einige andere, weil die ja gerade an der Unkenntnis der Leute mitverdienen. GEnauso wie der Herr Finanzminister.

calexa:

"Schuld"?

 
19.03.04 16:46
Ist immer schwer festzustellen, wer "Schuld" hat. Nach meiner nun inzwischen 9-jährigen Börsenerfahrung kann ich feststellen, daß zum größten Teil die Anleger selbst informiert sind, weil sie sich zu wenig informieren, und wenn sie es tun, dann meisten bei den Banken.

So long,
Calexa
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Schwachmat:

meine neue geschäftsidee lautet aufklärung

 
19.03.04 17:39
vor dem täglichen betrügereien seriös getarnter geschäftsleute (speziell banken und versicherungen). die zukunft liegt eher in dem erhalt von besitztümern, als in deren vermehrung.
es ist erschütternd mit welcher energie beispielsweise mit der neuen masche der "privaten altervorsorge" institutionen wie z.b. banken und versicherungen mit staatlicher beihilfe millionen von blinden und naiven kleinanlgern das nächste massengrab der zukunft schaufeln. diesen menschen muß geholfen werden durch aufklärung, bevor sie am eigenen leib die bittere erfahrung machen, daß diese institutionen kein stück ehrlicher oder menschenfreundlicher agieren als politiker.  
calexa:

@ schwachmat

 
19.03.04 17:49
Ich habe das Gefühl, als würdest Du da über Erfahrung verfügen. Was ist denn bei Dir rausgekommen?

So long,
Calexa
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PS: Aufklärung tut in der Tat Not!
007Bond:

Zum Thema Banken sei angemerkt:

 
19.03.04 18:31
Gerade beim sog. Dispokredit und insbesondere auch bei der Überziehung von diesem, verdienen Banken doch eigentlich am meisten und reagieren gleichzeitig auch noch am sensibelsten. Paradox erscheint mir, dass es sich bei dem Personenkreis, den ich in diesem Zusammenhang gerne als "Abgezockte" betiteln möchte, meist um langjährige Kunden der Banken handelt. Bankkunden sollte man eigentlich nur raten, anstelle der Inanspruchnahme eines Dispo's, einen günstigen Kredit einer anderen Bank in Form eines Darlehens mit einer Laufzeit zwischen 12, 24 oder 36 Monaten in Anspruch zu nehmen (die eff. Jahreszinsen sind hier meist zwischen 8 und mehr Prozent günstiger als der Dispo). Auf den Punkt gebracht könnte man unterstellen, dass die Banken sich die Bequemlichkeit und manchmal auch Unkenntnis ihrer Kunden konsequent ausnutzen. Die Behauptung "der Kunde ist König" trifft hier in Deutschland und vielleicht inzwischen auch in anderen europäischen Ländern leider immer weniger zu. Viel eher jedoch, "der Kunde ist die Kuh, die gemolken werden muss - je stärker die Melkmaschine, umso besser".
calexa:

@ oo7Bond

 
19.03.04 20:13
Banken machen sich die Bequemlichkeit und Unkentnis ihrer Kunden zu nutze? Das hätte ich ja wirklich nicht gedacht.....*g*

Banken sind schlimmer als ein stehendes Heer!

So long,
Calexa
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Schwachmat:

"private altersvorsorgeversicherung"

2
21.03.04 15:20
für calexa und andere.

fangen wir doch mal von vorne an zu denken: wie sollen verlogene geldgierige banken und versicherungen mit der "privaten altersvorsorgeversicherung" in zukunft für sichere garantierte renten sorgen (was ist sicher und garantiert außer dem tod???), wenn dies bereits verlogene geldgeile politiker in der vergangenheit nicht geschafft haben?
der sog. generationenvertrag so wie auch die "private altersvorsorgeversicherung" ist genauso kalkulierter betrug, wie auch schon die "sichere garantierte" staatliche rente. die versprochenen sicherheiten und garantien sind lügen die sich wie ein roter faden durch die geschichte ziehen (fragt mal ältere semester). interessante lektüre und eindrucksvolle beweise dazu liefert u.a. auch prof. eberhard hamer.  
das geschäftmodell "private altersvorsorge" stammt wie so viele neuartige geschäftsmodelle hierzulande aus den usa. es basiert auf dem prinzip "viel einzahlen, wenig zurückerhalten, abhängigkeit". die korrekte bezeichnung müßte eigentlich lauten "ertragssteigerungs vorsorgeplan für multinationale großkonzerne mit integrierter volksversklavung". hör dich mal in den usa um, wie die renten von arbeitnehmern z.z. stehen? sie stehen ca. 35% unter dem stand des ath des djia, obwohl sie 1:1 korrelieren sollten, und der djia lediglich ca. 12% unter ath notiert. nur warum lesen wir davon nichts in den medien und warum klären uns die die "banken und versicherungen unseres vertrauens" bei ihren beratungsgesprächen nicht darüber auf?

ich kann nur jedem menschen drigend davon abraten eine private altersvorsorge versicherung abzuschließen. ihr versklavt euch damit selbst auf lebenszeit und fördert die allmacht der banken und versicherungen.



noch viel spaß in fl und gutes wetter.


calexa:

@schwachmat

 
25.03.04 02:36
Deshalb habe ich ja die sACHE SELBST IN DIE Hand genommen......

So long,
Calexa
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