EZB-Entscheidung und US-Konjunkturdaten belasten Europas Börsen Die Spekulationen waren groß wie immer, die Reaktionen der Märkte dagegen
eher verhalten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen erneut
unverändert gelassen. Im Vorfeld war mehrheitlich von einer Senkung um 25
Basispunkte ausgegangen worden. Ganz große Optimisten sprachen sogar von
einer Reduzierung um 50 Basispunkte. Kurzfristig kam es an den Märkten in
Europa zu leichten Kursabschlägen, doch die Hoffnungen richten sich jetzt
bereits auf die Sitzung der EZB in zwei Wochen. Die Zinssenkungsfantasien
sind also nicht vom Tisch, sondern gehen in die Verlängerung. Bis 15.03 Uhr
MESZ reduziert sich der Euro-Stoxx-50 um 2,5 Prozent auf 3.519,53 Punkte,
während der Stoxx-50 um 2,2 Prozent auf 3.480,07 Stellen nachgibt.
Der Handelstag in Europa wird, neben der EZB-Entscheidung, durch
Gewinnmitnahmen geprägt. Besonders Titel die in den vergangenen Tagen starke
Aufschläge verzeichneten, stehen am Berichtstag auf der Verliererseite. Dazu
gehören besonders Technologie- und Telekommunikationswerte. Aber weiterhin
stehen auch die Quartalszahlen der Unternehmen im Blickpunkt des Interesses.
So geben France Telecom 3,4 Prozent ab, obwohl die Zahlen für die ersten
neun Monate im Rahmen der Erwartungen ausgefallen waren. Händler begründen
das Minus mit Spekulationen um Platzierungen einer großen Anzahl von Aktien.
Bestätigt seien diese Gerüchte zwar nicht, heißt es. Dennoch bestehe eine
gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen oder Regierungen ihre
Beteiligungen nach den gestiegenen Kurse abbauen könnten.
Um 14.30 Uhr MESZ sorgten zudem schlechte US-Konjunkturdaten für eine
Beschleunigung der Abwärtstendenz in Europa. Der US-Auftragseingang
langlebiger Güter lag im September bei minus 8,5 Prozent. Das sei weit
hinter den Erwartungen, meinen Händler. Die Arbeitskosten seien hingegen
gestiegen, was für die Konjunktur sehr schlecht sei. Danach sind auch die
US-Futures deutlich zurückgegangen. "Insgesamt sind die Daten schlecht",
meint ein Händler, der vor dem Hintergrund der schlechten Daten die EZB
kritisiert. "Sie haben das total falsche Signal geschickt".
Ebenfalls unter Druck stehen die Chemie- und Pharmawerte. Vor allem die
deutlichen Verluste bei Bayer sorgen für schlechte Stimmung. Zwar bestellt
die US-Regierung 100 Millionen Tabletten des Bayer-Milzbrandmedikaments
Ciprobay für 95 Millionen US-Dollar und hat eine Option für weitere 200
Millionen Tabletten. In diesem Zusammenhang überraschen auch die
Preiszugeständnisse von Bayer bei dem Geschäft wegen der großen Volumina
nicht. Viele Anleger nutzten die Meldung aber zu Gewinnmitnahmen, nachdem
der Bayer-Kurs bereits positiv auf das Potenzial des Medikaments reagiert
hatte, heißt es. Zudem kursieren Gerüchte um eine Gewinnwarnung von Bayer
Mitte November, die der Leverkusener Konzern mittlerweile aber dementiert
hat. Der Kurs fällt um 6,0 Prozent. In Europa geben die Pharmawerte im
Schnitt um 2,4 Prozent, die Chemiewerte um rund 2,6 Prozent nach.
Auch für die Eröffnung an Wall Street erwarten Händler nichts Gutes. Die
Kurse dürften mit einer schwachen Tendenz die Sitzung in New York beginnen.
Die US-Konjunkturdaten seien sehr schlecht ausgefallen. Besonders die Daten
zu den Auftrageingängen würden sich katastrophal lesen. "So etwas habe ich
noch nie gesehen", heißt es lakonisch. Es sei auch nicht damit zu rechnen,
dass sich der Markt im Handelsverlauf noch einmal drehe. Vielmehr dürften
viele Investoren ihre Gewinne der letzten Tage realisieren. Es sei fraglich,
ob sich der positive Grundton an der Börse noch lange halte.
+++ Thomas Rossmann
vwd/25.10.2001/ros
15:07.11 Uhr