Comeback der Baumaschinen-Aktien: Können Wacker-Neuson und Co. von den Konjunkturpaketen profitieren?
13.07.2009 12:11:00
Die Kurse der Hersteller von Baumaschinen sind im Keller. Doch die Milliarden der Regierungen für Infrastruktur bilden ein gutes Fundament für ein Comeback der Aktien. Investoren-Informationen zu diesem Artikel finden Sie hier.
€uro am Sonntag: Die Beurteilungen mancher Analysten oder Branchenkenner für die Wacker-Neuson-Aktie fielen nach der Jahreshauptversammlung nicht gerade gut für Sie aus.
Sick: Das liegt sicher daran, dass wir keine Prognosen gegeben haben. Wir sind hier zurückhaltend, auch weil wir in der Vergangenheit unsere Prognosen immer eingehalten haben. Auch in Anbetracht der Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts des Aufschwungs haben wir diesmal darauf verzichtet und auf die Möglichkeit eines Verlustes im ersten Halbjahr hingewiesen. Erwartungsgemäß hat es offensichtlich nicht geholfen, dass wir darauf hingewiesen haben, dass sich der April ähnlich wie der März stärker als die Vormonate erwiesen hat.
Wacker-Neuson-Chef Georg Sick: "Unsere Investitionen wirken sich in einem Aufschwung gehebelt auf unseren Erfolg aus"
€uro am Sonntag: Was spricht denn für die Wacker Neuson Aktie?
Sick: Nach 160 Jahren verlustfreien Wirkens haben wir in dieser Weltwirtschaftskrise nun immer noch einen positiven Cash-Flow, wir haben die ohnehin niedrige Nettoverschuldung im April noch einmal zurückgeführt und wir haben eine Eigenkapitalquote von weit über 70 Prozent. Man muss auch beachten, dass uns derzeit hohe Abschreibungen belasten, schließlich sind wir in einem Wachstumsmodus. So haben wir viel in die neuen Vermiet-Center investiert, in den Forschungsstandort München oder in neue Fertigungswerke z.B. von Weidemann in Korbach, Kramer Allrad in Pfullendorf, aber auch in USA und Manila.
€uro am Sonntag: Sie haben trotz der absehbaren Verluste eine Dividende von 19 Cent je Aktie ausbezahlt. War das ein Treuebonus für die Großinvestoren?
Sick: Erstens bezieht sich die Dividende auf das erfolgreiche Jahr 2008, zudem haben wir die Fusion mit Neuson Kramer wie versprochen durchgezogen und deshalb gemäß unserer Vereinbarung mindestens 30 Prozent der Nettoerträge an die Aktionäre – das sind ja auch die beiden Eigentümerfamilien der fusionierten Unternehmen – ausbezahlt. Und über 30 Millionen Euro gingen in die Gewinnrücklage. Natürlich mussten einige der institutionellen Investoren aus eigener Zwangslage heraus in den vergangenen Monaten Anteile verkaufen, was den Aktienkurs gedrückt hat. Aber viele Anteilsinhaber sind uns seit dem Börsengang treu.
€uro am Sonntag: Wo läuft es denn in diesem Jahr besonders schlecht?
Sick: Allgemein im Bereich Baumaschinen. Der neue Markt in Russland ist schnell wieder zusammengebrochen. In Spanien waren wir stark, die Immobilienkrise dort hat die Branche stark getroffen, auch im United Kingdom ging es uns so. Und die USA als wichtiger Markt befinden sich weiterhin in einer schlechten Phase. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz hingegen konnten wir die Umsätze halten und in China hat sich das Geschäft im 1. Quartal verdoppelt .
€uro am Sonntag: Wollen Sie denn in China eine Produktion errichten?
Sick: Die asiatischen Märkte werden bevorzugt aber nicht ausschließlich von unserer Produktion auf den Philippinen beliefert. Dort sind wir sehr zufrieden, wir haben Rechtssicherheit englischsprachige Mitarbeiter und keine kulturellen Probleme. Und trotz guter Qualifikation der Angestellten ist das Lohnniveau inzwischen niedriger als in China.
€uro am Sonntag: Sie haben 180 Standorte weltweit. Wie stark spielen die Währungsschwankungen für Wacker-Neuson eine Rolle?
Sick: Durch die vernetzte Querbelieferung und die Fertigung der Produkte in jeweils darauf spezialisierten Werken haben wir eine Art „Natural Hedge“, viele Währungsschwankungen gleichen sich untereinander aus. Das gilt auch für die Zulieferung von Fremdkomponenten, beispielsweise beziehen wir viele Motoren aus Japan und eigene Fertigprodukte für Europa aus unseren Werken in USA. Für das Ergebnis wirkt in diesem Beispiel ein steigender Yen-Kurs gegen einen fallenden Dollar. Sichtbare Einzelrisiken werden auch bei uns währungsgesichert.
€uro am Sonntag: Und die Volatilitäten bei den Rohstoffpreisen?
Sick: Beim Stahl etwa haben wir langfristige Verträge mit unseren Lieferanten. Auch da gleichen sich Vorteile und Nachteile gegenüber den Marktpreisen oftmals aus.
€uro am Sonntag: Wenn Sie derzeit schon keine Prognosen abgeben – was sind die Risiken für Wacker-Neuson in den nächsten Monaten?
Sick: Im Bereich Bau kann es auch länger dauern, bis sich die Branche erholt. Auch von den Konjunkturprogrammen z.B. der deutschen Regierung erwarten wir in 2009 noch nicht allzu viel, denn selbst wenn diese im Markt wirksam werden, wirken sich etwa die verringerten Steuereinnahmen der Kommunen auf deren Bautätigkeit bei anderen Projekten wieder aus.
€uro am Sonntag: Und die positiven Assets?
Sick: Wir sind sehr forschungs- und innovationsgetrieben, aktuell haben wir rund 400 Patente originär, mit den Auslandsanmeldungen kommen wir auf mehr als 1000. Dazu haben wir eine sehr effiziente, bewusst hohe Fertigungstiefe. So fertigen wir beispielsweise viele Elektro- oder kraftstoffgetriebene Motoren selbst und bringen ständig neue Maschinen bzw. Modelle auf den Markt, 2008 waren das beispielsweise 63. Damit kann man in der Krise einen Umsatzeinbruch im Verkauf zwar nicht auf die Kürze kompensieren, diese Investitionen wirken sich aber in einem Aufschwung gehebelt auf unseren Erfolg aus.
€uro am Sonntag: Welche Rolle spielt der Bereich Landmaschinen bei Wacker-Neuson?
Sick: Er wirkt stabilisierend und steht oft unter anderen Vorzeichen wie der Bau, aber nach den Erfolgen während des Agrarbooms macht sich auch hier etwas Ernüchterung breit, angesteckt durch Negativthemen wie sinkende Milchpreise für die Erzeuger oder die doch nicht so rosigen Perspektiven im Bereich Bio-Kraftstoffe. Das haben wir auch bei unserer Tochter Weidemann gespürt, dort ist es im Frühjahr etwas zäher gelaufen.
€uro am Sonntag: Das klingt jetzt sehr negativ...
Sick: Die enormen Wachstumsraten der Vergangenheit sehe ich derzeit nicht. Nichtsdestotrotz haben wir im Vergleich erstes Quartal 08 und Q1 2009 allerdings unter Einbeziehung der für Claas von uns gefertigten Telehandler in der Landwirtschaft ein Umsatzplus von 15,8 Prozent verzeichnet. Und seit der Übernahme von Weidemann im Jahr 2005 haben wir den Umsatz auf über 100 Millionen Euro verdoppelt. So haben wir im Weidemann-Werk im Gegensatz zu den Werken für Baumaschinen auch keine Kurzarbeit. Die Landwirtschaft ist also bereits ein wichtiges Standbein für uns. Und mit den langfristigen Trends im Bereich Rohstoffe und Nahrung wird sie noch mehr ein interessanter Markt für uns.
€uro am Sonntag: Ergeben sich denn Synergieeffekte bei den Geräten für den Bau und den Agrarbereich?
Sick: Aufgund der angewendeten Plattformtstrategie sicherlich, das ist ein Vorteil für uns. Doch es bleibt ganz klar: Unter der Marke Weidemann werden ausschließlich für die Landwirtschaft zugeschnittene Maschinen angeboten, da sind die Ansprüche interessanter Weise viel höher als beim Bau. Die Geräte müssen viel wendiger sein und über andere Ausstattungen verfügen. Schließlich wechselt der Gerätenutzer im Bereich Agrar nicht so oft, die Bediener, oftmals die Eigner verbringen viel Zeit auf einer Maschine, die Nutzungen sind vielfältiger.
€uro am Sonntag: Beispiele?
Sick: In der Landwirtschaft, auf dem Hof bestehen enge Arbeitsräume. Unser Hoftrac von Weidemann bringt auf kleinstem Raum bei extremer Wendigkeit viel Leistung. Ganz auf die Bedürfnisse der Landwirte zugeschnitten ist auch der Teleskoplader von Weidemann, der sehr klein baut aber große Höhe erreicht.
€uro am Sonntag: Spüren Sie bei der Nachfrage etwas von den aktuellen Agrartrends, etwa den verstärkten Bau von Biogasanlagen?
Sick: Überall, wo bei der Landwirtschaft Material umgeschlagen wird, sind auch wir gefragt, natürlich auch beim Biogas. Das sind dann aber nicht nur die Weidemann-Produkte, sondern auch die allradgelenkten Radlader von Kramer. Oder die Teleskop-Lader, die wir in einer Kooperation mit Claas entwickelt haben und exklusiv fertigen. Hier gewinnt Claas derzeit Marktanteile hinzu. In Zentraleuropa noch nicht so gefragt aber mit viel Potenzial ausgestattet sind auch die im Konzern für den Bau hergestellten Skid-Steer-Lader, die wie eine Raupe oder ein Panzer auf der Stelle wenden können.
€uro am Sonntag: Beim Vertrieb hält Wacker-Neuson an der strikten Trennung von Weidemann für die Landwirtschaft und Wacker Neuson und Kramer für den Bau fest. Viele Händler sind aber nicht glücklich darüber, wenn die roten Weidemann-Lader in gelb als Baumaschinen z.B. im Wacker Neuson Vertrieb verkauft werden...
Sick: Wir hören gelegentlich diesen Vorwurf und von den Konflikten, die sich daraus ergeben können. Aber das ist extrem selten . Sehen Sie, die Ausstattung ist ganz anders, der Bau hat ganz abgestrippte Versionen, wie sie die in dieser Branche für oft wechselnde Fahrer angemessen sind. Die von Weidemann angebotenen Lader waren schon immer speziell für die Landwirtschaft konzipiert, der Bereich braucht eine besondere Ausstattung und spezielle Anschlüsse und Zusatzgeräte und das können wir trotz teilweise gleicher Technologie-Plattformen in der Bauwirtschaft, nur bei Weidemann anbieten.
€uro am Sonntag: Noch einmal für den Bereich Landmaschinen – wie sind die Aussichten, da insbesondere die Hersteller von Großmaschinen nun auch in das Segment drängen?
Sick: Zum einen: Man kann nicht einfach einen Radlader vom Bau mitbringen und damit in der Landwirtschaft Erfolg haben. Zum anderen: Wir sind spezialisiert im Light- und Kompaktbereich, das gilt für alle Produkte, ob für den Bau- oder die Agrarmärkte. Hier haben wir schließlich unser Know-how, hier konzentrieren wir unsere Innovationen. Wichtig ist mir auch: Selbst in der Krise wollen wir gegenüber unseren Mitarbeitern und Partner anders agieren als Wettbewerber, die mit dem Rücken zur Wand stehen. So werden die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten nicht angetastet. Dank unserer guten Eigenkapitalausstattung können wir das auch.
Dr.Ing. Georg Sick ist seit 2007 Vorsitzender des Vorstands, verantwortlich für Personal, Recht, Unternehmenskommunikation, Qualitätsmanagement, Revision.
Die Wacker Neuson SA ist ein weltweit tätiger Hersteller hochwertiger Baugeräte (Light Equipment) und Kompakt-Baumaschinen (Compact Equipment) mit weltweit über 30 Tochtergesellschaften. Der Umsatz 2008 betrug 870,3 Millionen Euro, das Ebitda 100,9 Millionen Euro.
Wacker Neuson
Finanzstark aus der Krise
Im ersten Quartal sanken die Umsätze im Jahresvergleich um 40 Prozent, die Auftragseingänge gingen sogar um 70 Prozent zurück. Springt die Baukonjunktur an, dürfte Wacker v. a. mit seinen kompakten Maschinen schnell die Verluste aufholen. Sicherheit gibt zudem die Landmaschinensparte Weidemann. Die Börsenbewertung beträgt aktuell nur noch die Hälfte des Eigenkapitals von rund 900 Millionen Euro.
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