Das beschriebene Szenario stammt aus internen Stresstests Vonovias. Es soll letztlich aufzeigen, dass das Unternehmen auch bei aktuellen Turbulenzen durchaus resilient ist.
Ich denke, sollte das beschriebene Negativszenario eintreten und fortdauern (was ich in der Tiefe und Länge für eher unrealistisch halte) und Covenants zu reißen drohen, wird Vonovia nicht umhin kommen eine schmerzhafte Kapitalerhöhung durchzuführen, sofern der Gesamtmarkt passend steht. Alternativen wären die Umwandlung von gewissen Anleihen in Rücksprache mit den Haltern in Eigenkapital.
Allerdings, bereits vorherrschende Meinung am Geld- und Kapitalmarkt ist, dass wir den Zins-Peak wohl erreicht haben dürften. Ein Grund für den Overshoot beim Kursverfall der Vonovia Aktie ist (Märkte übertreiben stets in beide Richtungen), dass die Akteure schlicht nicht wussten wie weit die Zinsen steigen werden und deshalb Risiken abgestoßen haben. Bei dem Spiel möchte natürlich keiner der Letzte sein. Dies führt dazu, dass eine ganze Herde durch ein Nadelöhr drängt und der Kursverfall eben absurde Ausmaße annehmen kann.
Als Anfang Januar eine Entspannung an der Zinsfront in greifbare Sicht rückte, sprang der Kurs binnen kurzer Zeit von 19,xx Euro auf 28,xx Euro.
Ich möchte gar nicht im Detail auf alle weiteren Risiken eingehen, diese wurden in den vergangenen Monaten ausführlich diskutiert. Allerdings sehe ich es nicht so schwarz. Das sage ich nicht nur als Aktionär, sondern auch als Gesellschafter einer Vermögensverwaltenden Immobiliengesellschaft in Süddeutschland. Wir sind natürlich deutlich kleiner als Vonovia :)
Allerdings kenne ich dadurch die Probleme in der Immobilienbranche, die Chancen und anstehenden Risiken sehr genau. Nicht aus dem Handelsblatt sondern aus dem Tagesgeschäft.
Die Zinsen machen mir aktuell wenig sorgen. Wir sind langfristig finanziert und mittelfristig werden diese deutlich sinken müssen. Makroökonomisch führt kein Weg daran vorbei. Ohne Reset keine nachhaltig hohen Zinsen. Wer jetzt auf Südeuropa schimpfen mag kann das gerne tun. Wir in Deutschland sitzen im selben Boot.
Instandhaltungen haben sich enorm verteuert. Es fängt schon damit an überhaupt Handwerker zu bekommen. Hat man dann mal welche, bekommt man beinahe Sittenwidrig hohe Rechnungen präsentiert. Allerdings spüre ich mittlerweile sehr deutlich, dass Handwerker wieder besser verfügbarer sind. Die Auftragspipeline selbiger leert sich allmählich. In einigen Monaten werden sich diese teilweise in der Krise befinden und Preise und Verfügbarkeit werden sich deutlich verbessern. Hier hat Vonovia übrigens aufgrund der Anstellung eigener Handwerker deutliche Kostenvorteile.
Die Problematik um explodierende Nebenkosten wurde durch die Regierung entschärft. Wir haben nun etwa die hälfte an NK-Abrechnungen für 2022 durch und auch mit den Mietern abgerechnet. Das hat deutlich Liquidität in unsere Kassen gespült. Ausfälle haben wir nur vereinzelt gehabt. Diese Ausfälle haben unsererseits letztendlich zu Kündigungen geführt, was uns ganz Recht war. Zwar müssen wir nun hier und dort etwas machen lassen, allerdings können wir eher bonitätsschwache Mieter nun durch stärkere Ersetzen und die Mieten bei diesem Wechsel deutlich anheben.
Eine etwaige Sanierungspflicht sehen wir relativ gelassen. Wir haben uns jetzt bei einem Objekt in sehr guter Lage sogar auf das Klima gestützt und einfach mal allen Bewohnern gekündigt. Für die Sanierung haben wir ein KfW Darlehen für 0,88 Prozent (mittlerweile bei 1,18 Prozent bei 30 jähriger Laufzeit) gefixt, welches zu insgesamt 25 Prozent Tilgungszuschuss (KfW 55 soll erreicht werden, ohne EE) führen wird. Der angenehmste Aspekt ist jedoch, dass uns so die Kündigung erst ermöglicht wurde. Die aktuellen Mieter wohnen dort zu rund 6 Euro. Nach der Sanierung (Universitätsstadt in Süddeutschland) werden die Wohnungen für nicht unter 15 Euro pro qm vermietet. Die zusätzlichen Mieteinnahmen werden den Zins und die Tilgung für das Sanierungsdarlehen mehr als ausgleichen. Wir sprechen hier schlicht über eine Verzweieinhalbfachung der Mieteinnahmen.
In nem anderen Objekt haben wir nun (ebenfalls mittels KfW Darlehen) Fenster getauscht, Fassade gedämmt, Dach gedämmt, etc. und 8 Prozent auf die Mieter umgelegt. Verhält sich bei uns hinsichtlich des Cashflows neutral.
Kurzum, energetische Sanierungen sind nicht Lasten sondern durchaus Chancen.
Hinsichtlich des Verbotes des Einbaus neuer fossiler Heizungen muss ich wirklich lachen. Das haben wir in abgeschwächter Form bereits jetzt. Wer eine fossile Heizung austauscht, braucht seit Jahren 15 Prozent EE. Wir umgehen das ganz easy dadurch, dass wir defekte Heizungen schlicht nicht im Ganzen austauschen lassen, sondern letztendlich zur Not alles bis auf das Gehäuse (Typenschild, Seriennummer) austauschen.
Fakt ist, dass wir im Falle eines Verkaufes natürlich wesentlich schlechtere Preise aktuell erzielen könnten als z.B. noch im Januar 2022. Allerdings, siehe oben, wird sich das mit fallenden Zinsen wieder legen. Ferner wird ein großer Teil des Kaufkraftverlustes in den nächsten Jahren nachgeholt werden. War auch während der großen Ölkrise so. Und dann sind Mieten und Kaufen auch wieder relativ gesehen erschwinglicher.
Ich könnte jetzt noch ewig aus dem Alltag Geschichten erzählen.
Meine persönliche Meinung ist, dass jede Regelung ihre Umgehungsmöglichkeiten bietet bzw. Chancen generiert. Insofern halte ich es mit den in den Raum geworfenen Risiken nicht so dramatisch.