Sagenhafte Renditen
Der jüngste Mega-Deal in der Computerspielbranche bringt zwei Details ans Tageslicht, auf die Insider lange gewartet haben: 1,1 Milliarden Dollar Umsatz, 520 Millionen Dollar Betriebsergebnis. Das sind Zahlen, die auch Spielemuffel hellhörig werden lassen. Und es ist der Beweis dafür, dass die Branche gerade in eine neue Dimension vorstößt.
DÜSSELDORF. Der französische Medienkonzern Vivendi will seine Spielesparte mit dem US-Spielehersteller Activision verschmelzen. Im neuen Firmennamen - Activision Blizzard - taucht ein Unternehmen auf, dass nicht nur Millionen von Freizeithelden, sondern auch Betriebswerte begeistert: Blizzard.
Das Unternehmen wurde Anfang der 90er Jahre in Kalifornien gegründet und gehört seit 1998 zu Vivendi. Heute steht der Name Blizzard nicht nur für faszinierende Spielewelten, sondern auch für das erfolgreichste Geschäftsmodell, das die Branche je gesehen hat. Es gibt Spiele, die sich besser verkauft haben als jene von Blizzard. Aber keiner verdient mit einem einzigen Titel so viel Geld.
9,3 Millionen Europäer, Amerikaner und Asiaten spielen regelmäßig "World of Warcraft" von Blizzard. Nur sehr wenige Titel erreichen jemals eine solche Verbreitung - und bei einem Kaufpreis von 40 bis 50 Euro kommt bei diesen Absatzahlen schon eine gewaltige Summe zusammen. Doch die Kunden von Blizzard haben einen besonderen Vorteil: Sie zahlen nicht nur einmal, sondern immer wieder.
Zwölf Euro pro Monat kostet ein Abonnement bei World of Warcraft in Deutschland. Für diese Gebühr erhalten die Spieler Zugang zu einer schier grenzenlosen Online-Welt, in der sie als Krieger oder Zauberer verschiedene Missionen erfüllen können. Viele Spieler schließen sich zusammen und verbringen gemeinsam viel Zeit in dieser sagenhaften Fantasiewelt - oft mehrere Stunden pro Tag. World of Warcraft gilt vielen als zweites Zuhause.
Während Blizzard die "Bevölkerungszahl" der Fantasiewelt gern veröffentlichte, wurde mit betriebswirtschaftlichen Details stets gespart. Erst bei dem Deal mit Activision verriet Blizzard: Die Rendite liegt bei 40 Prozent. Von den 520 Mill. Dollar Betriebsergebnis, die Blizzard 2007 verdient, entfällt der Großteil auf World of Warcraft.
Der gewaltige Erfolg weckt Begehrlichkeiten. Der Filmkonzern Warner Bros. übernahm Monolith Productions, die eine Online-Spielewelt auf Basis der Matrix-Trilogie entwickelte. Der bisher größte Computerspielhersteller Electronic Arts, obwohl schon stark im Online-Geschäft vertreten, kaufte zusätzlich den Spezialisten Mythic Entertainment.
Doch das Geschäft mit Online-Welten ist mindestens so schwierig wie bei anderen Spielen - und Misserfolg viel teurer. Während die Kosten für "normale" Titel bei 20 Mill. Dollar liegen, erreicht das Budget für eine Online-Welt leicht 100 Mill. Dollar. Die Spieler müssen ständig mit Aufgaben versorgt werden - die Fantasiewelt darf nicht starr sein, sondern muss sich entwickeln. Bei mehreren Millionen Einwohnern gibt es auch ständig Streit und Fragen - ein enormer Verwaltungsaufwand. Blizzard beschäftigt 1 700 Kundenbetreuer nur für World of Warcraft.
Selbst erfahrene Hersteller wie Electronic Arts sind vor massiven Fehlschlägen nicht gefeit. Sein Versuch "Sims Online", basierend auf einer der erfolgreichsten Spiele-Serien aller Zeiten, war ein einziges Debakel - finanzielle Details nennt der Konzern lieber nicht.
Die Größe der möglichen Verluste ist für den Mega-Deal zwischen Activision und der Blizzard-Mutter Vivendi nun ein ebenso gutes Argument wie die Aussichten auf neue Geldesel. Gemeinsam lassen sich Fehler besser wegstecken, und kein anderer Hersteller hat ein mit Blizzard vergleichbares Know-How in der Einrichtung und Pflege von Onlinespielen. Wenn es gelingt, auch die Titel von Activision (Call of Duty, Tony Hawk) zu erfolgreichen Welten auszubauen, wachsen für Activision Blizzard die Bäume in den Spielehimmel.
Quelle: Handelsblatt.com
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