US-Broker nimmt Kunden aus und verschwindet spurlo

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US-Broker nimmt Kunden aus und verschwindet spurlo

 
05.02.02 16:04
Von Nicola Liebert, New York

Ein Kriminalstück spielt sich bei Lehman Brothers ab. Der Aufsichtsrat hinterfragt die Kontrollmechanismen der betroffenen US-Investmentbank.

Der Star-Broker der Lehman-Niederlassung in Cleveland, Ohio, soll mindestens 25 seiner zumeist wohlhabenden Klienten um bis zu 100 Mio. $ gebracht haben, möglicherweise sogar 300 Mio. $. Seit drei Wochen ist der 45-jährige Frank Gruttadauria verschwunden. Das FBI erließ einen Haftbefehl, Börsenaufsicht und Finanzamt ermitteln. Doch von dem Verdächtigen fehlt jede Spur.

Wie genau Gruttadauria seine Betrügereien durchführte, ist nicht ganz klar. Die Behörden kommentieren keine laufenden Verfahren. Fest steht, dass der Broker den betroffenen Klienten gefälschte Depotaufstellungen schickte, die den wahren Wert der Anlagen bei weitem übertrafen. Vermutlich hat er einen Teil der angelegten Gelder auf sein eigenes Konto überwiesen. Eine ältere Dame erhielt von Gruttadauria Kontoauszüge, die ein Vermögen von 2,5 Mio. $ auswiesen. In Wirklichkeit besitzt sie aber nur 83.000 $.

Dass die Depots von Gruttadaurias Kunden selbst während der Baisse der letzten zwei Jahre scheinbar beeindruckende Kapitalerträge aufwiesen, wunderte niemanden. Er galt einfach als geschickter Vermögensverwalter. Inzwischen hat mindestens ein Ex-Kunde Klage eingereicht.

Eine Frage der Kontrolle

Gruttadauria war erst seit gut einem Jahr bei Lehman Brothers angestellt. Damals kaufte die New Yorker Investmentbank von SG Cowen das Clevelander Geschäft auf, das Gruttadauria zuvor leitete. Vermutlich hat der Broker schon zu seiner Zeit bei SG Cowen Kunden betrogen. Viele von Gruttadaurias Kunden folgten ihm zu Lehman Brothers. Doch mit dem Wechsel begannen die Schwierigkeiten des Betrügers. Denn anders als SG Cowen bietet Lehman Brothers Online-Banking an. Als sich immer mehr Kunden nach einem Online-Zugang zu ihrem Depot erkundigten, wurde Gruttadauria der Boden zu heiß und verschwand.

Gruttadauria gibt seinem Arbeitgeber die Schuld. "Ich kann kaum glauben, dass ich das so lange machen konnte, ohne entdeckt zu werden", schrieb er in einem Brief an die Behörden. Die Clevelander Zeitung "The Plain Dealer", die in Besitz einer Kopie des Briefes kam, zitiert weiter: "Die Gier der verschiedenen Firmen und die mangelnde Aufmerksamkeit der Vorgesetzten haben dazu wesentlich beigetragen."

Gruttadauria brachte der Bank Kunden mit viel Geld. Dafür ließ ihn die Bank offenbar ohne nähere Überwachung gewähren. Dem Brief zufolge will Gruttadauria nicht im eigenen Interesse gehandelt haben, sondern in dem von Kunden: "Es fing als der Versuch an, verlorenes Geld von Kunden wieder zu ersetzen."

Lehman Brothers hat selbst Ermittler nach Cleveland entsandt und kooperiert mit den Behörden. Ob und inwieweit die Bank den Opfern Schadensersatz zahlt, wollte ein Sprecher jedoch nicht kommentieren.


Quelle: www.ftd.de/bm/bo/FTDU75P9BXC.html?nv=hpm
© 2002 Financial Times Deutschland
Brummer:

3,3 Milliarden Euro vernichtet

 
06.02.02 17:32
Der Millionenbetrug eines Devisenhändlers reißt die Aktie der Allied Irish Bank in die Tiefe.

Dublin/Baltimore - Die amerikanische Bank Allfirst Financial, eine Tochter der größten irischen Bank, Allied Irish Bank (AIB) , ist von einem Devisenhändler um 750 Millionen Dollar betrogen worden. Nachdem der Betrug bekannt wurde, verlor die AIB zeitweise mehr als zwei Milliarden Pfund (3,3 Milliarden Euro) oder 17 Prozent ihres Börsenwertes.

AIB-Chef Michael Buckley sagte am Mittwoch, der Angestellte der Allfirst-Zentrale sei seit Montag verschwunden. Das FBI hat die Suche nach dem Beschuldigten aufgenommen. "Das ist ein schwerer Schlag für die Bank", so Buckley. "Wir sind sehr enttäuscht, dass unsere Kontrollmechanismen versagt und den Betrug nicht früher entdeckt haben." Der Betrug bedrohe jedoch nicht deren Fortbestand. Fünf leitende Manager der Allfirst seien suspendiert worden. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie mit dem Diebstahl etwas zu tun hätten.

Ein zweifacher Familienvater

Der Devisenhändler, dessen Name noch nicht genant wurde, soll ein zweifacher Familienvater aus Pennsylvania sein. Sein Jahresgehalt gibt die AIB mit rund 85.000 Dollar an.

Die AIB-Tochter Allfirst beschäftigt in den USA 6000 Mitarbeiter und zählt mit 250 Filialen zu den 50 größten Banken der USA. Die gesamte AIB-Group hat weltweit mehr als 31.000 Beschäftigte. Der Betrag von 750 Millionen Dollar entspricht etwa 60 Prozent der Vorsteuergewinne der AIB im Jahr 2001. Nach Angaben von Buckley bedeutet dies, dass die AIB-Gewinne nach Steuern um 595 Millionen Euro einbrechen werden.

Die Analysten von Merrill Lynch bewerten den Skandal als ein "einmaliges Ereignis" und bleiben deshalb vorerst bei ihrer Kaufempfehlung "buy" für die AIB-Aktie.

Quelle: manager-magazin
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