Neue Übernahmegerüchte beflügeln die Aktie der Telekom Austria

16. August 2004 Die Aktie der Telekom Austria setzt ihren seit zu Wochenbeginn ihren vor einer Woche begonnenen Anstieg fort und steht an der Spitze des österreichischen ATX-Index. Der Titel gewinnt 2,33 Prozent auf 13,20 Euro. Sollte er dieses Niveau bis zum Handelsende halten, ginge er mit einem neuen Rekordhoch auf Schlußkursbasis aus dem Tag; am Vormittag stieg die Aktie schon auf 13,27 Euro und damit auf ihren bisher höchsten Kurs.
Der Grund: Es gibt mal wieder Übernahmegerüchte um das größte Schwergewicht an der Wiener Börse. Und wie vor gut einem Jahr wird die Swisscom aus wahrscheinlicher Käufer genannt. Die Swisscom hat vergangene Woche die Phantasie genährt, indem sie ihr Interesse an der Telekom Austria bekundet hat.
Nun befeuert ein Bericht der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ die Gerüchteküche. Nach Angaben des Blattes, das sich auf gewöhnlich gutinformierte Finanzkreise beruft, soll der Kaufpreis für ein erstes Paket an Telekom Austria-Aktien aus dem Besitz der österreichischen Staatsholding ÖIAG bei 15 bis 16 Euro je Aktie liegen. Daraus ergibt sich ein spekulatives Kurspotential von 13,6 bis 21,2 Prozent gemessen am aktuellen Preis. Doch solche Angaben und Rechnungen sind mit Fragezeichen versehen.
„Die Presse“: Wien und Bern einig über Geschäft
Nach dem Bericht der „Presse“ haben sich der Wiener Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein Schweizer Amtskollege Hans-Rudolf Merz vergangene Woche auf eine Übernahme des Wiener Unternehmens geeinigt (Telekom Austria vor dem Verkauf). Beide Seiten halten sich indes bedeckt, ebenso die beiden betroffenen Unternehmen.
Die Swisscom AG hat am Freitag ihr Interesse an einem Einstieg bei der Telekom Austria AG bekräftigt. Das Interesse sei nach wie vor vorhanden, sagte Swisscom-Vorstandsvorsitzender Jens Alder in einer Telefonkonferenz. Hinsichtlich des Treffens von Grasser und Merz am Donnerstag sagte Alder, er wisse nicht, worüber die Minister gesprochen hätten. „Ich war nicht eingeladen“, so Alder. Zuvor hatten Medien spekuliert, die beiden Minister könnten über einen Einstieg der Swisscom bei Telekom Austria beraten.
Matthias Winkler, Kabinettschef des österreichischen Finanzministeriums, sagte am Donnerstag zu Dow Jones Newswires, die weitere Privatisierung der Telekom Austria stehe nicht auf der Agenda des Treffens der beiden Minister. Grasser selbst hatte wiederholt darauf verwiesen, daß sich weder die Swisscom noch die Schweizer Regierung an das Finanzministerium in Wien gewendet hätten.
Beobachter halten Verkauf an Swisscom für unwahrscheinlich
Auch Beobachter bewerten einen mutmaßlichen Verkauf der Telekom Austria an Swisscom als unwahrscheinlich, da Swisscom zu 63 Prozent in Staatsbesitz stehe, so Dow Jones Newswires. Dies sei implizit ein Widerspruch zum österreichischen Privatisierungsauftrag, so die Argumentation. Derzeit hält die österreichische Staatsholding ÖIAG noch 47,2 Prozent an Telekom Austria. Offiziell sollen diese Anteile bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis 2006, veräußert werden. Aus dem Finanzministerium ist aber zu vernehmen, daß dieser Zeitplan durchaus auch erweitert werden könne,
Vor diesem Hintergrund sollten Anleger nicht blindlings essen, was ihnen aus der Gerüchteküche aufgetischt wird. Zur Erinnerung: Im Juli vergangenen Jahres stieg der Kurs infolge ähnlicher Spekulationen binnen weniger Tage um rund 16 Prozent auf das damalige Rekordhoch von 10,75 Euro - aber nachdem sich die Gerüchte nicht bestätigten, verlor die Telekom Austria-Aktie rund 19 Prozent. Und sie brauchte fast ein halbes Jahr, um die 10,75 Euro zu erreichen und zu überflügeln.
Absicherung scheint bei Übernahmespiel unabdingbar
Mithin: Es kann sich durchaus lohnen, das Übernahmespiel mitzuspielen. Allerdings erscheint es unabdingbar, sich mit Stopp-Loss-Kursen abzusichern, um mögliche Kursverluste wie vor gut einem Jahr zu vermeiden, falls sich die Spekulationen wieder nicht bestätigen sollten.
Dessenungeachtet sei daran erinnert, daß die Telekom Austria zuletzt vorteilhaft auf sich aufmerksam gemacht hat. Der Konzern hat im ersten Quartal die Prognosen der Analysten deutlich übertroffen und seinen Ausblick für das laufende Jahr bestätigt. Der Konzern erwartet einen Umsatzanstieg von bis zu einem Prozent. Befügelnd wirkte auch die Aufnahme in die MSCI-Indexfamilie. Die Bilanz des ersten Halbjahrs wird die Telekom Austria am 24. August vorlegen.


