Gold und Silber nicht zu bremsen
(Die Presse) 13.05.2006
Rally. Der Goldpreis könnte bald den alten Rekord von 850 Dollar knacken.
Ausschlaggebend für den Edelmetallboom ist auch ein Rückgang der weltweiten Minenproduktion. | (c) AP
Ausschlaggebend für den Edelmetallboom ist auch ein Rückgang der weltweiten Minenproduktion. | (c) AP
wien (red./ag). Gold und Silber sind nicht zu bremsen: Die Preise beider Edelmetalle sind seit den jüngsten Anstiegen so hoch wie seit 25 Jahren nicht mehr. Der Goldpreis hat die Schallmauer von 700 Dollar je Feinunze offenbar nachhaltig durchbrochen (am Freitag notierte das Edelmetall mit bis zu 726 Dollar), Silber kratzt an der "Traummarke" von 15 Dollar.
Analysten gehen davon aus, dass die Höchststände noch nicht erreicht sind: Bis zum Jahresende sei ein Preis von 800 Dollar durchaus möglich, hieß es. Manche meinen sogar, die bisherige Rekordmarke von 850 Dollar könnte fallen. Dazwischen könnte es freilich auch kurzfristige Rückschläge geben.
Ausschlaggebend für den Edelmetallboom sind nicht nur Inflationsängste und geopolitische Spannungen (die klassischen Goldpreistreiber), sondern auch ein Rückgang der weltweiten Minenproduktion. Offensichtlich tragen aber auch an der Börse gehandelte Fonds zur Rally bei den Rohstoffpreisen bei. Die so genannten Exchange Traded Funds (ETFs) erleichterten Privatanlegern den Zugang zu Märkten, die früher Profis vorbehalten waren, und locken Spekulanten an, warnen Investoren.
Edward Keon, Chef-Investmentstratege bei Prudential Equity Group LLC, empfahl vergangenen Monat, die Aktien von Gold- und Grundstoffproduzenten zu verkaufen. Die Preise hätten durch die Nachfrage der ETFs ein ungerechtfertiges Niveau erreicht. Die Fonds vereinfachten es den Leuten offenbar, in Rohstoffe zu investieren, nachdem diese schon ein gutes Stück gestiegen waren.
Seit ihrer Einführung haben Gold-ETFs in den USA fast neun Mrd. Dollar (sieben Mrd. Euro) eingesammelt. Der StreetTracks Gold Trust ist seit seiner Premiere im November 2004 auf ein Volumen von 8,05 Mrd. Dollar angeschwollen. Der iShares Comex Gold Trust von Barclays Global ist seit Jänner 2005 auf 938,32 Mill. Dollar angewachsen.
Die Anbieter von ETFs argumentieren, die Fonds seien zu klein, um den breiten Markt zu beeinflussen. "Der Gedanke, dass ein ETF die Börse bewegt, ist weit hergeholt, selbst im Fall von Gold", sagte Gary MacDonald, Marketingdirektor von State Street Global Advisors in Boston zur Nachrichtenagentur Bloomberg. Sein Unternehmen hat die ETFs 1993 mit dem Standard & Poor's 500 SPDR Trust erfunden und ist derzeit der zweitgrößte Anbieter.
Während institutionelle Anleger durch die Fonds kurzfristige Wetten auf spezielle Märkte und Branchen abschließen, empfehlen Gesellschaften wie Barclays und State Street ETFs Privatleuten als Alternative zu normalen Anlagefonds.
ETFs absorbieren über 400 Tonnen Gold oder ein Zehntel der jährlichen Nachfrage von 4000 Tonnen, rechnet Stuart Thomas von World Gold Trust Services vor, der Sponsor des StreetTracks-Fonds. Mit 713,50 Dollar je Unze hat der Tagespreis für Gold am Donnerstag das höchste Niveau seit 1980 erreicht, auch weil Investoren aus Sorge über das Atomprogramm des Iran eine sichere Anlagemöglichkeit suchen.
Insgesamt hat sich das Volumen der Fonds zwischen 2000 und 2005 auf 296 Mrd. Dollar vervierfacht. 2005 floss einer von vier an Börsen neu investierten Dollars in diese Anlageform. Den größten Einfluss hätten ETFs wohl auf kleinere Märkte wie Silber, sagt MacDonalds. Als der Barclays iShares Silver Trust am 28. April in New York erstmals gehandelt wurde, verzeichnete der Preis für das Edelmetall seinen größten Anstieg seit elf Jahren.
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gruß michelb