SPIEGEL ONLINE - 02. Dezember 2001, 10:25
URL: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,170727,00.html
Augenzeugen der Anschläge
"Es ist einfach absurd"
Vor allem Teeanger und Twens waren unter den Opfern der Selbstmordattentate in Jerusalem. Überlebende, die die Anschläge miterlebten, sind angesichts der sinnlosen Gewalt fassungslos.
Jerusalem - Die matt beleuchtete Bar war vollbesetzt, die Rockmusik dröhnte und Koch Janai Sapir warf gut gelaunt Shrimps in einen Wok. Dann erschütterten plötzlich zwei Explosionen einen Häuserblock entfernt das "Sansibar". Gäste wurden von den Stühlen gerissen, Glasscheiben zerbrachen.
Zwei Palästinenser hatten sich unter die jungen Leute gemischt, die Samstagnacht scharenweise in der größten Fußgängerzone Jerusalems bummelten. Es war 22.30 Uhr, Hochbetrieb im Cafe-Bezirk. Sie zündeten, 30 Meter entfernt voneinander stehend, ihre mit Nägeln und Metallteilen gefüllten Sprengsätze und rissen mit sich zehn Israelis in den Tod. 150 weitere wurden nach Angaben der Behörden verletzt, einige lebensgefährlich.
Der 20-jährige Nir Ledani war mit Freunden unterwegs, als er von einem Metallsplitter und Nagel der explodierenden Sprengsätze in der Schulter getroffen wurde. "Ich hörte das Geräusch einer Sicherung", sagt er eine Stunde später im Krankenhaus. "Dann hörte ich einen Knall und sah eine großen, orangenfarbenen Blitz."
Metallsplitter und Nägel sollten die tödliche Wirkung der Sprengsätze verstärken. Auf der Straße bot sich nach den Explosionen ein Bild des Grauens. Auf Glasscherben und in Blutlachen lagen Körperteile, Fleischfetzen, Tote und Verletzte. Das Blut spritzte bis zum zweiten Stock umliegender Gebäude. Überall lagen Metallsplitter, Nägel und Schrauben herum.
Kurz nach den beiden Detonationen ein weiterer Schock: Ein vor einem Eiscafe geparktes Auto flog in die Luft. Unter den Überlebenden der beiden ersten Explosionen brach erneut Panik aus, Menschen liefen in allen Richtungen davon.
Ihnen entgegen kam der 17-jährige Eliashiw Cohen, der Überlebenden der ersten Explosionen helfen wollte. "Ich hatte auf dem Weg viele Flaschen Mineralwasser gekauft, um sie den Leuten zu geben und sie zu beruhigen", sagte Cohen. Dann explodierte die Autobombe - "und so etwas wie ein Motorteil oder andere Autoteile flogen mir entgegen und trafen mich am Kopf. Ich erinnere mich, dass es schwarz war. Ich brach zusammen und das ist das letzte woran ich mich erinnere, bevor ich im Krankenhaus wieder aufwachte."
Einige Leute brachen zusammen und erlitten Weinkrämpfe, als die Polizei versuchte, das Gebiet abzusperren und nach weiteren Sprengsätzen zu suchen. Rettungsmannschaften versorgten die Verwundeten und brachten sie in Krankenhäuser. Alle Straßen, die in das Herz der Innenstadt führen, wurden gesperrt, darunter auch die Hauptverkehrsschlagader der Stadt, die Jaffa-Straße.
Im "Sansibar" saßen noch die konsternierten Angestellten. Sie wagten es nicht, hinauszugehen, und sahen sich die schrecklichen Bilder im Fernsehen an. "Man sieht kein Ende von all dem", sagte der 24-jährige Sapir. "Das ist Terror. Man weiß nie, wo es geschehen wird." Das alles erinnere ihn an ein israelisches Theaterstück, `in dem es einen Spirale der Gewalt gibt, in der rachsüchtige Menschen immer die falschen umbringen". Sapir hält einen Moment inne und sagt: "Es ist einfach absurd."
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© SPIEGEL ONLINE 2001
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Augenzeugen der Anschläge
"Es ist einfach absurd"
Vor allem Teeanger und Twens waren unter den Opfern der Selbstmordattentate in Jerusalem. Überlebende, die die Anschläge miterlebten, sind angesichts der sinnlosen Gewalt fassungslos.
Jerusalem - Die matt beleuchtete Bar war vollbesetzt, die Rockmusik dröhnte und Koch Janai Sapir warf gut gelaunt Shrimps in einen Wok. Dann erschütterten plötzlich zwei Explosionen einen Häuserblock entfernt das "Sansibar". Gäste wurden von den Stühlen gerissen, Glasscheiben zerbrachen.
Zwei Palästinenser hatten sich unter die jungen Leute gemischt, die Samstagnacht scharenweise in der größten Fußgängerzone Jerusalems bummelten. Es war 22.30 Uhr, Hochbetrieb im Cafe-Bezirk. Sie zündeten, 30 Meter entfernt voneinander stehend, ihre mit Nägeln und Metallteilen gefüllten Sprengsätze und rissen mit sich zehn Israelis in den Tod. 150 weitere wurden nach Angaben der Behörden verletzt, einige lebensgefährlich.
Der 20-jährige Nir Ledani war mit Freunden unterwegs, als er von einem Metallsplitter und Nagel der explodierenden Sprengsätze in der Schulter getroffen wurde. "Ich hörte das Geräusch einer Sicherung", sagt er eine Stunde später im Krankenhaus. "Dann hörte ich einen Knall und sah eine großen, orangenfarbenen Blitz."
Metallsplitter und Nägel sollten die tödliche Wirkung der Sprengsätze verstärken. Auf der Straße bot sich nach den Explosionen ein Bild des Grauens. Auf Glasscherben und in Blutlachen lagen Körperteile, Fleischfetzen, Tote und Verletzte. Das Blut spritzte bis zum zweiten Stock umliegender Gebäude. Überall lagen Metallsplitter, Nägel und Schrauben herum.
Kurz nach den beiden Detonationen ein weiterer Schock: Ein vor einem Eiscafe geparktes Auto flog in die Luft. Unter den Überlebenden der beiden ersten Explosionen brach erneut Panik aus, Menschen liefen in allen Richtungen davon.
Ihnen entgegen kam der 17-jährige Eliashiw Cohen, der Überlebenden der ersten Explosionen helfen wollte. "Ich hatte auf dem Weg viele Flaschen Mineralwasser gekauft, um sie den Leuten zu geben und sie zu beruhigen", sagte Cohen. Dann explodierte die Autobombe - "und so etwas wie ein Motorteil oder andere Autoteile flogen mir entgegen und trafen mich am Kopf. Ich erinnere mich, dass es schwarz war. Ich brach zusammen und das ist das letzte woran ich mich erinnere, bevor ich im Krankenhaus wieder aufwachte."
Einige Leute brachen zusammen und erlitten Weinkrämpfe, als die Polizei versuchte, das Gebiet abzusperren und nach weiteren Sprengsätzen zu suchen. Rettungsmannschaften versorgten die Verwundeten und brachten sie in Krankenhäuser. Alle Straßen, die in das Herz der Innenstadt führen, wurden gesperrt, darunter auch die Hauptverkehrsschlagader der Stadt, die Jaffa-Straße.
Im "Sansibar" saßen noch die konsternierten Angestellten. Sie wagten es nicht, hinauszugehen, und sahen sich die schrecklichen Bilder im Fernsehen an. "Man sieht kein Ende von all dem", sagte der 24-jährige Sapir. "Das ist Terror. Man weiß nie, wo es geschehen wird." Das alles erinnere ihn an ein israelisches Theaterstück, `in dem es einen Spirale der Gewalt gibt, in der rachsüchtige Menschen immer die falschen umbringen". Sapir hält einen Moment inne und sagt: "Es ist einfach absurd."
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