Task Force One

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Task Force One

 
19.09.01 00:25
Task Force One

Von Yvonne Esterhazy, Hubert Wetzel und Anton Notz

Ein kleiner Zirkel von Vertrauten berät George W. Bush bei seinem Feldzug gegen den Terror. Wer sind diese Leute, was haben sie vor?


Zwölf nervenaufreibende Stunden musste US-Präsident George W. Bush nach den Terrorattacken auf das World Trade Center und das Pentagon durchstehen, bevor er endlich ein wenig Geborgenheit fand: im Kreis seiner engsten Vertrauten. Hermetisch abgeriegelt, im Bunker des Weißen Hauses, versammelte Bush am vergangenen Dienstagabend zum ersten Mal in seiner Amtszeit den Kriegsrat. Mit der Sitzung verfolgte der geschockte Präsident vor allem einen Zweck: sich und seiner Mannschaft zu beweisen, dass er, W., unter dem Druck der Ereignisse nicht zusammenbricht.

Mit am Tisch saßen an jenem Abend Vizepräsident Dick Cheney, Außenminister Colin Powell, Justizminister John Ashcroft und Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Dieses Team führt gemeinsam mit einer kleinen Schar weiterer Bush-Vertrauter den vom Präsidenten proklamierten Kreuzzug gegen den Terrorismus. Wer sind diese Leute, die mitten in der Schaltzentrale der Macht sitzen? Was haben sie vor? Und wie teilen sie sich ihre Aufgaben untereinander auf?

Der Premier


Der erfahrene und mächtige Dick Cheney wird gerne als "Premierminister" der USA bezeichnet. Der Vizepräsident behält auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf. Er war es, der vom Bunker des Weißen Hauses aus am Tag der Katastrophe die Krise managte, als Bush fernab von Washington weilte. Er war es auch, der dem Präsidenten riet, entführte Maschinen im Notfall von US-Kampfjets abschießen zu lassen.

Direkt nach dem Anschlag war Cheney in den Bunker evakuiert worden. Die Sicherheitsbeamten "packten mich und schleppten mich nach unten, meine Füße berührten kaum den Boden", erinnert er sich.

Aus Sicherheitsgründen muss Cheney diese Woche in Camp David, dem Landsitz des Präsidenten, bleiben. Der zweite Mann an der Staatsspitze, so das Kalkül der Strategen, dürfe sich bis auf weiteres nicht im selben Ort aufhalten wie der Präsident.

Der Diplomat


Während Cheney zu den "Falken" in der Regierung Bush gezählt wird, gilt der diplomatische Frontmann bei der Vergeltungsoperation eher als gemäßigt. Außenminister Powell, der 1991 als Generalstabschef für Bushs Vater den Golfkrieg geführt hat, schmiedet zur Zeit an einer weltweiten Koalition, die sich den Terroristen politisch und militärisch entgegenstemmen soll.

Während Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, mit der Bush häufig Arbeitswochenenden auf Camp David verbringt und die in den Medien bislang als seine engste und wichtigste Vertraute gehandelt wurde, derzeit eher im Hintergrund steht, erlebt Powell eine Art politisches Comeback. Noch vor kurzem hatte die Presse darüber spekuliert, dass er von Vize Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Rice an den Rand gedrängt worden sei. Nun bringt der Vier-Sterne-General die Alliierten rastlos und mit viel Geschick auf Linie.

Die 18 Nato-Partner hat der Ex-Soldat bereits auf seiner Seite. Fast täglich steht er mit den europäischen Verbündeten in Kontakt. Die sehen in dem moderaten Außenminister einen Garanten dafür, dass die USA sich zu keinen übereilten Aktionen hinreißen lassen.

Wie vor zehn Jahren will Powell aber auch islamische Staaten einbinden, bevor die Jagd auf den fundamentalistischen Top-Terroristen Osama Bin Laden beginnt. Mit einer Mischung aus Charme und Härte bearbeitet er arabische Herrscherhäuser am Golf und wirbt bei Regimen um Kooperation, die bisher auf der schwarzen Liste des State Department standen, wie Pakistan, Syrien und Algerien.

Powell, der bei seinen öffentlichen Auftritten immer souverän, entspannt und humorvoll wirkt, genießt bei den Amerikanern hohes Ansehen. Ohne ihn wäre es für Bush schwer, die Bevölkerung auf seinen Kurs einzuschwören.

Der Kriegsherr


Anders als Powell scheint jener Mann, der für den militärischen Part des "neuen Krieges" zuständig ist, derzeit noch in der zweiten Reihe zu stehen. Verteidigungsminister Rumsfeld, der den Anschlag auf das Pentagon in seinem Büro erlebt hat, gilt eigentlich als Schwergewicht im US-Kabinett. Rumsfelds Vorbereitungen für einen Gegenschlag laufen unter strengster Geheimhaltung ab. Was die US-Regierung vorhat, weiß keiner wirklich. Sicher ist nur: Sobald Bush grünes Licht gibt, dürfte die Aktion die Handschrift des "Falken" aus dem Pentagon tragen.

"Die Regierung wird das sehr viel ernster nehmen als den Kosovo-Krieg", sagt Josh Muravchik, Verteidigungsexperte bei der Denkfabrik American Enterprise Institute in Washington. Auf ein Mitspracherecht, etwa bei der Auswahl von Angriffszielen, sollten die US-Verbündeten sich keine Hoffnungen machen.

Die Innenverteidiger. Die Heimatfront sichern für Bush seine beiden Strategen John Ashcroft und Paul O’Neill. Die Anschläge werden in den USA als eine verheerende Niederlage für die Polizei und die Geheimdienste gesehen. Nun will Justizminister Ashcroft alles tun, um diese Organe zu stärken.

Der frömmelnde Konservative hat dem Kongress ein Gesetzespaket vorgestellt, das das Abhören von Verdächtigen erleichtern soll. Noch in dieser Woche könnte das Parlament die neuen Regeln absegnen. Das wäre ein neuer Rekord.

Je sichtbarer die wirtschaftlichen Folgen der Terroranschläge werden, desto bedeutender wird die Rolle von Finanzminister O’Neill. Er ist dafür zuständig, die Terrororganisationen finanziell auszubluten. Das neu gegründete Foreign Terrorist Asset Tracking Center soll künftig international nach Vermögenswerten mutmaßlicher Terroristen fahnden.

Zugleich muss O’Neill die Rezessionsängste dämpfen. Am Montag fuhr der Minister nach New York, als Cheerleader für die Börsianer: "Ich halte es für möglich", machte er den Brokern Mut, "dass wir in 12 bis 18 Monaten wieder neue Indexrekordmarken sehen werden."

Der Spin Doctor


Während Bushs Minister mehr oder weniger im Rampenlicht stehen, agiert Karl Rove hinter den Kulissen. Als "senior adviser" hat er das frühere Amtszimmer von Hillary Clinton übernommen und webt von dort aus die Fäden - im Weißen Haus genauso wie im Kongress.

"Karl hat einen Freibrief, seine Nase in jede politische Angelegenheit zu stecken, wie es ihm gerade passt", sagt Ed Gillespie, der mit Rove die Strategie von Bushs Präsidentschaftskampagne verantwortete.

Der 50-jährige Rove hatte Bush in der vergangenen Woche auch nach Florida begleitet. Schon auf dem Rückflug mit der Air Force One beriet sich Bush mit seinem "Mastermind", ob ein US-Präsident in dieser für das Land so gefährlichen Lage nicht direkt in die Schaltzentrale der Macht zurückkehren müsse. Es waren Dick Cheney und Karl Rove, die ihm eindringlich ins Gewissen redeten, sich erst einmal in einem Bunker in Nebraska in Sicherheit zu bringen.

Keine politische Krisensitzung, ohne dass Rove in Reichweite des Präsidenten wäre. Zwar ist er kein ausgewiesener Militärexperte, aber "unzweifelhaft ein strategischer Kopf", heißt es am Capitol Hill. Bush vertraut darauf, dass der Architekt seiner Präsidentschaft jetzt Ideen entwickelt, wie das Land von der Geißel des Terror befreit werden kann.

Die Frauenriege


Die Männerrunde, die über Amerikas Schicksal berät, wird von zwei Frauen ergänzt: Neben Condoleezza Rice ist dies Sonderberaterin Karen Hughes.

Die smarte Russlandexpertin Rice ist am engsten an Bush dran. Als Leiterin des Nationalen Sicherheitsrates sitzt sie direkt im Weißen Haus. Auch persönlich verbindet den Präsidenten und seine Ratgeberin einiges: Beide sind sportbegeistert.

Karen Hughes kommt derzeit die wohl heikelste Aufgabe zu. Die "Kommunikationsdirektorin" in Bushs Wahlkampfkampagne muss ihren Chef vor einem Image-GAU bewahren. "Ich will dich bei jeder Sitzung dabei haben, in der wichtige Entscheidungen getroffen werden", hatte der Präsident seine Sonderberaterin zu Beginn seiner Amtszeit wissen lassen. Seither verging so gut wie kein Tag, an dem die 44-Jährige nicht das Gehör des Präsidenten fand. Bush nennt sie "Hohe Prophetin". Wie er sie schätzt, zeigt sich daran, dass er sich bei Andrew Card, seinem Stabschef, häufig rückversichert: "Hat Karen das gesehen?"

Eigentlich unterstehen ihr im Weißen Haus nur die 42 Mitarbeiter der Presseabteilung. Sie ist aber weit mehr als nur eine Medienstylistin. In Washington behaupten manche gar, sie sei "die heimliche Präsidentin".

Nach dem Inferno des 11.. September konnte die geschockte Nation für eine Weile auch diesen Eindruck gewinnen. Als Bush fern der Hauptstadt weilte, trat Hughes im FBI-Hauptquartier vor die Kameras und beruhigte ein verwirrtes Volk: "Unsere Regierung ist nach wie vor in Takt und arbeitet zielstrebig." Schon in Texas arbeitete die gelernte TV-Journalistin eng mit Bush zusammen und half ihm aus der Bredouille, wenn er vor der Presse den Faden verlor.

Als Bush 1999 mit dem Ghostwriter seiner Autobiografie "A Charge to Keep" unzufrieden war, nahm sie kurzerhand eine Auszeit von der Präsidentschaftskampagne und vollendete binnen fünf Wochen das Manuskript. Wann immer der Präsident sich in den nächsten Wochen ans amerikanische Volk wenden wird, kann er sicher sein: Seine Souffleuse lässt ihn nicht hängen.

ftd.


boomer:

sehr interessant! thx o.T.

 
19.09.01 12:01
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