Adolf Merckle: Spekulationsverlust bedroht Firmenimperium
19.11.2008 15:36:00
Bittere Pille für Merckle
Quelle: pixelo/ Jähne
Aus der kleinen Arzneimittelfabrik seines Vaters machte Adolf Merckle ein Firmenkonglomerat mit insgesamt 100.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 30 Milliarden Euro. Seit 1997 führt Adolfs Sohn Ludwig Merckle die Geschäfte. Zu dem Imperium der Familie Merckle zählen das Pharmaunternehmen Ratiopharm, der Arzneimittelvertrieb Phoenix sowie Mehrheitsbeteiligungen an dem MDax-Unternehmen HeidelbergCement und dem Fahrzeughersteller Kässbohrer.
Über ein Netz aus Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaften hält Merckle die Fäden in der Hand. Die größte dieser Gesellschaften ist die VEM Vermögensverwaltung. Sie fungiert als Holding. Ende Oktober setzte sie, wie viele andere Investoren, auf fallende Kurse bei Volkswagen – und verzockte auf diese Weise fast eine Milliarde Euro.
Kreditbedarf von 1,1 Milliarden Euro
Dieser Verlust bringt nun das Firmenimperium ins Wanken. Innerhalb von zwei Tagen stürzte der Aktienkurs von HeidelbergCement von über 50 auf bis zu 37,90 Euro ab. Merckle verhandelt derzeit mit fast 40 Banken, darunter die Royal Bank of Scottland, die Commerzbank und die Landesbank Baden-Württemberg, über Überbrückungskredite. Scheitern die Gespräche droht VEM die Insolvenz.
Der Agentur Bloomberg zufolge benötigt die Holding akut bis zu 1,1 Milliarden Euro neue Kredite. Zudem führte er Gespräche mit der baden-württembergischen Landesregierung über eine mögliche Bürgschaft. Zudem wird bereits darüber spekuliert, ob Merckle Beteiligungen verkaufen muss, um liquide zu bleiben. Sogar ein Verkauf des Herzstücks Ratiopharm sei möglich.
1974 gründete der heute 74-Jährige das Pharmaunternehmen als ersten deutschen Generika-Hersteller. Eigenen Angaben zufolge ist Ratiopharm die meistverwendete und meistverordnete Arzneimittelmarke Deutschlands.
"Gewinne verschieben, Steuern minimieren"
Laut „Forbes“ war Adolf Merckle im März mit einem Vermögen von 9,2 Milliarden Dollar einer der fünf reichsten Deutschen (nach den Aldi-Brüdern Karl und Theo Albrecht, Versandhandelskönig Michael Otto und BMW-Großaktionärin Susanne Klatten).
Der Unternehmer ist jedoch keineswegs unumstritten. Der ehemalige Geschäftsführer von Ratiopharm, Heinrich Zinken“ nannte Merckle in einem Artikel „raffgierig, nachtragend, missgünstig“. Das Manager Magazin schrieb einst, Merckles „Geschäftsmodell basiert vor allem darauf Gewinne zu verschieben und Steuern zu minimieren“. Mit der milliardenschweren Fehlspekulation ist der Sparfuchs allerdings über das Ziel hinaus geschossen. (sg)