Informationen über Zinsen und Kapitalerträge sollen künftig auch den Sozialversicherungsträgern bekannt werden. Das sieht das zwischen SPD und Grünen teilweise noch umstrittene Gesetzespaket zum Abbau von Steuervergünstigungen vor.
HB/dpa BERLIN. Ein entsprechender Bericht der "Berliner Zeitung" wurde am Dienstag in Koalitionskreisen bestätigt. Damit bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, die Beiträge für die maroden Sozialversicherungen künftig nicht nur vom Arbeitseinkommen, sondern auch von ermittelten Kapitalerträgen und Kursgewinnen zu erheben.
Diese Absicht wurde in Koalitionskreisen offiziell so jedoch nicht bestätigt. Allerdings schließen Experten solche Überlegungen mittelfristig nicht aus, da die Sozialsysteme in den nächsten Jahren "wetterfest" gemacht werden sollen.
So hatte Grünen-Chef Fritz Kuhn am Sonntag in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" vorgeschlagen, die Bemessungsgrundlage für die Sozialabgaben zu verbreitern und nicht nur an der Arbeit anzuknüpfen. Kuhn fügte hinzu: "Arbeit wird um so teurer, wenn die Kosten steigen. Diesen Mechanismus müssen wir noch verändern."
Daten "allen Sozialleistungsträgern... mitzuteilen"
Im jetzigen Steuergesetzentwurf ist vorgesehen, dass Banken künftig über Kontrollmitteilungen dem Bundesamt für Finanzen Zinserträge und Kursgewinne mitteilen müssen. Außerdem soll das Bundesamt berechtigt werden, die Daten "allen Sozialleistungsträgern ... mitzuteilen, soweit dies zur Durchführung der Sozialleistungsgesetze erforderlich ist".
Das steuerliche Gesetzespaket soll möglichst bis Donnerstag in der Koalition abgestimmt sein. Es reicht von der Eigenheimzulage bis zur Anhebung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von 7 auf 16 Prozent für Blumen und Zahnprothesen sowie den Abbau zahlreicher Vergünstigungen für die Landwirtschaft. Das Paket hat nach letztem Stand einen Umfang von knapp 6 Mrd. Euro für das Jahr 2003, von denen 3,8 Mrd. auf den Bund, 1,6 Mrd. auf die Länder und 592 Mill. auf die Gemeinden entfallen sollen. In den Jahren danach sollen die Steuereinnahmen aus diesem Gesetz weiter zunehmen - und zwar auf 23,2 Mrd. Euro im Jahr 2005.
Veränderungen werden besonders bei der Besteuerung von Wertpapieren und Immobilien erwartet. So sollen Besitzer von Aktien, Investmentfonds und Immobilien nun doch nicht generell Steuern auf Gewinne zahlen müssen, wie die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christine Scheel, auf Anfrage mitteilte.
Missstimmung bei der SPD
Dies löste Missstimmung bei der SPD aus. "Frau Scheel verbreitet nur Zwischenstände, das ist völlig unnötig", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der dpa. Entschieden sei das noch nicht. Zu möglichen Finanzlücken durch das Aufschnüren des Pakets sagte er: "Es muss klar sein, wer etwas rausnimmt, muss Gleichwertiges wieder rein tun." Einzelheiten der jetzigen Pläne gab Poß nicht bekannt. Experten rechnen mit einer internen Schlussabstimmung mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) bis Donnerstag.
Nach Aussage von Scheel soll es bei der heutigen Spekulationsfrist für Immobilien von zehn Jahren bleiben. Nur bei einem Verkauf innerhalb dieser Frist seit der Anschaffung muss der Wertzuwachs besteuert werden. Bei Aktien und Fonds solle die heute für Kursgewinne geltende Spekulationsfrist von einem Jahr verlängert werden, sagte Scheel. Im Gespräch seien fünf Jahre. Dies sei aber noch nicht entschieden. Eichel hatte geplant, die Spekulationsfristen abzuschaffen und Kursgewinne von Aktien und Fonds sowie den Wertzuwachs von Immobilien bei einem Verkauf generell zu besteuern.
Wirtschaft, Börse und Aktionärsvertreter hatten besonders kritisiert, auch früher erworbene Anlagen in die Steuerpflicht einzubeziehen. Scheel sagte dazu: "Auf keinen Fall wird es eine Rückwirkung der Besteuerung geben." Denn "dies würde exakt die treffen, die im Vertrauen auf das Steuerrecht frühzeitig private Altersvorsorge betrieben haben". Wichtig bleibe, dass jetzt über Kontrollmitteilungen der Banken an den Fiskus "ein ganzes Stück Steuerehrlichkeit" hergestellt werde. WiWo
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