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DJ TOP DE: IfW: Kein rosiges Bild für deutsches Wachstum
Dow Jones
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BERLIN (Dow Jones)--Deutschland kann nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft trotz der jüngst starken Wachstumszahlen keineswegs als "Wachstumslokomotive Europas" gelten. "Wir sehen kein so rosiges Bild für das deutsche Wachstum in der nächsten Zeit wie manch andere Beobachter", sagte IfW-Ökonom Stefan Kooths am Dienstag bei dem vom IfW veranstalteten "82. Kieler Konjunkturgespräch" in Berlin.
"2011 wird sehr viel weniger dynamisch", erklärte Kooths. Zwar erwarteten die Kieler Wirtschaftsforscher für kommendes Jahr eine Zunahme des deutschen Bruttoinlandsproduktes um 1,7% nach einem Plus von 3,4% in diesem Jahr. "Rund die Hälfte davon ist aber ein statistischer Überhang aus 2010", betonte Kooths. Im dritten und vierten Quartal 2010 werde die deutsche Wirtschaft allerdings immer noch wachsen und nicht etwa stagnieren, sagte er.
Ausdrücklich wies der IfW-Ökonom in diesem Zusammenhang die Sichtweise zurück, Deutschland sei derzeit die "Wachstumslokomotive" Europas. Derzeit finde "kein wirklicher Boom, sondern ein Aufholprozess" statt. "Nur aufzuholen, was man verloren hat, kennzeichnet nicht wirklich eine Wachstumslokomotive", betonte er.
Die deutsche Wirtschaft, die im internationalen Vergleich einen sehr deutlichen Wachstumsrückgang zu verkraften gehabt habe, befinde sich nun lediglich wieder auf dem Niveau von 2006. Unter anderem schmälere die insgesamt schwache Investitionsaktivität die potenziellen Wachstumsperspektiven. Es gebe "gemischte Daten" zur deutschen Kapazitätsauslastung, und die Arbeitsproduktivität sei weiter deutlich unter dem Niveau von vor der Krise.
Die Kieler Ökonomen hatten in der vergangenen Woche ihre Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr deutlich auf 3,4% angehoben, nachdem die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 2,2% gewachsen war. IfW-Präsident Dennis Snower hatte aber bereits in einem am Montag verbreiteten Gastbeitrag für das "Handelsblatt" den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland "auf wackeligen Beinen" gesehen, da die jüngste Finanzkrise noch nicht vollständig bewältigt worden sei und Strukturschwächen an den internationalen Finanzmärkten in eine neue Krise führen könnten.
-Von Andreas Kißler, Dow Jones Newswires,
+49 (0)30 - 2888 4118, andreas.kissler@dowjones.com
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