Eine Milliarde Dollar war Napster der Versuch wert, seine erbitterten Feinde zu Freunden zu machen und sie damit zum gemeinsamen Geschäftemachen in der digitalen Welt zu überreden. Aber die Music-Giganten Universal Music (Vivendi-Konzern) und Warner Music (Aol Time Warner) schmetterten erbost das Friedensangebot ab. Es sei, so böse Zungen, ein bloßer PR-Gag...
Die Internet-Musiktauschbörse versprach, den fünf großen und zahllosen kleinen Plattenlabels pro Jahr mindestens 150 Millionen Dollar an Copyright-Gebühren über einen Zeitraum von fünf Jahren zu zahlen. Im Falle, dass die Geschäfte gut laufen sollten, würden die Einnahmen aus dem künftig kostenpflichtigen Dienst im Verhältnis 64 (für die Plattenindustrie) zu 36 für Napster/Bertelsmann aufgeteilt werden.
Aber daraus wird - wie es aussieht - nichts. Auch das Bitten und gute Zureden von Thomas Middelhoff, Napsters Kooperationspartner, hat da nichts geholfen: "Napster zu schließen wäre eine Entscheidung gegen die Wünsche von Millionen Kunden. Das würde der gesamten Musikbranche großen Schaden zufügen", sagte der Bertelsmann-Chef.
Dem Konkurrenten die Zähne zeigen
Zu sehr ist das Musikportal in der Branche verhasst. Marktbeobachter vermuten, dass die von Napster angebotene Summe weit unter den Vorstellungen der Musikkonzerne liegt. Und Vertreter der wichtigsten Interessenorganisationen der Musikindustrie in Europa (IFPI und RIAA - Recording Industry Association of America) bezeichneten die Offensive sogar als billigen PR-Gag. Besonders verärgert zeigten sich die Plattenfirmen aber darüber, dass Napster den Vorschlag auf einer Pressekonferenz und nicht den Unternehmen direkt unterbreitet hat.
Die Fronten sind verhärtet
Das eigentliche Problem dürfte aber woanders liegen. Der Streit geht nur vorrangig um die Einnahmeverluste. Hinter dem Vorhang spielt sich ein Kampf der New-Economy gegen die Old-Economy ab. Hier geht es ums Überleben des jeweiligen Geschäftsmodells...
Der Old-Economy geht es darum, ein Exempel zu statuieren. Denn ist erst mal ein Konkurrent aus dem Rennen, dürfte es auch den anderen Musikportalen an den Kragen gehen. Ein wahrscheinlich großer Fehler der Musikindustrie. Sie halten lieber am althergebrachten Musikvertrieb fest, statt sich neuer Ideen anzunehmen.
Der Vertreter der New Economy - Napster - dagegen versucht, von hinten herum an die Old-Economy heranzukommen und den Vertrieb von Musik zu revolutionieren. Dazu bietet die Tauschbörse sogar eine Veränderung ihres Geschäftsmodells an.
Die Napster-Gemeinde ist schockiert
Der Überlebenskampf von Napster mutiert allerdings zu einem Gang über Leichen. Und zwar über die der Nutzer. Zwar haben sich bei einer Umfrage viele der Napster-Nutzer bereiterklärt, Gebühren für den Download von Musikdateien zu zahlen, aber nicht zu den Bedingungen, wie jetzt am Dienstag von der Tauschbörse offeriert. So soll die Qualität der Musikdateien eingeschränkt werden und die heruntergeladene Musik nur noch auf bestimmten lizenzierten mobilen Abspielgeräten möglich sein. Auch das Kopieren der Songs auf CD kann verhindert werden.
So wie es aussieht, hat sich damit der Querschläger in der Musikbranche selbst ins Abseits gestellt. Schließlich melden andere Musik-Tauschbörsen momentan bis zu sieben Prozent mehr Zulauf pro Tag. Napster gilt bei den Jugendlichen jetzt schon als "uncool".
Napster an der Börse?
Beobachter der Branche haben verschiedene Auffassungen zum Erfolg des neuen Napster-Geschäftsmodells. "Keiner weiß zurzeit, welches Geschäftsmodell wirklich funktioniert und ob Napster den vorgeschlagenen Betrag tatsächlich aufbringen kann", meint Eric Scheirer, Analyst bei Forrester Research. Napster könne nur Spekulationen über zukünftige Umsätze liefern und daran sei die Plattenindustrie nicht interessiert.
Der Analyst Phil Leight von Raymond James & Accociates dagegen meint: "Wenn Napster die Prozesse übersteht, könnte sogar ein Börsengang für die weitere Finanzierung folgen." Und für die Plattenindustrie ergeben sich durch eine Zusammenarbeit durchaus Vorteile, denn weder für den Vertrieb noch für die Herstellung der CDs würden Kosten anfallen.
Bestimmt ein nettes Zubrot im heutigen Zeitalter des Internet, denn im Moment nutzen bis zu 64 Millionen Musikfreaks die Tauschbörse...
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