Umsatzeinbrüche und steigende Kosten:
Jeder dritte Betrieb ist von Insolvenz bedroht.
Trotz gestiegener Preise steckt das Gastgewerbe in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Nach Prognosen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) wird allein in München jeder dritte Wirt seinen Betrieb aufgeben müssen. Massive Umsatzeinbrüche, härtere rechtliche Auflagen, höhere Gebühren und viel zu hohe Pachtzahlungen seien für viele Gastronomen und Hoteliers nicht mehr tragbar, heißt es.
„Die Situation ist nicht gut und eine wirkliche Besserung nicht in Sicht“, sagt der Präsident des Verbands, Ludwig Hagn. Nach einer Untersuchung der Sparkassenverbände reicht bei 66 Prozent aller Gastronomen im Land die Kapitaldecke nicht mehr aus - sie sind massiv von der Insolvenz bedroht.
Hotels und Luxusrestaurants besonders betroffen
Starke Umsatzeinbrüche hat auch die Hotellerie des Landes zu verzeichnen. Allein der Hotelmarkt in München hat im ersten Halbjahr 2002 deutlich schlechter abgeschnitten als andere deutsche Großstädte: Die Zimmerauslastung ist um bis zu 25 Prozent eingebrochen. Die Hoteliers müssen im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum Ertragseinbußen pro Zimmer von 21,8 Prozent hinnehmen.
Für den Bereich Gastronomie geht der BHG davon aus, dass noch heuer rund 2000 von 5200 Betrieben geschlossen werden – etwa ein Drittel mehr als in den Vorjahren.
Besonders von der Krise betroffen sind offenbar Luxus-Restaurants (Spitzenkoch Karl Ederer: „Günstig essen und trinken ist ein neuer Sport der Reichen geworden.“) und kleine bis mittlere Betriebe mit einem Personalstamm von zehn bis 15 Leuten. „Wenn dort eine Kraft ausfällt, geht das zu Lasten des Umsatzes. Einen Ersatz kann sich kein Wirt mehr leisten. Im Gegenteil: Auch immer mehr Gastronomen müssen Mitarbeiter entlassen.“
Konsumverzicht aus Existenz-Angst
Als Grund für diese Entwicklung nennt Hagn vor allem den wachsenden Konsumverzicht der Gäste: „Die Leute haben Angst um ihre Existenz, deshalb sparen sie.“ Doch auch rückläufige Touristenzahlen machten sich vor allem in den Monaten März bis August bemerkbar: „Die Menschen haben noch immer den 11. September vor Augen.“ Für Dezember sei zwar ein „leichter Umsatzanstieg“ zu verzeichnen, von Entspannung könne aber nicht die Rede sein.
Der Chef des „Platzl Hotels“, Peter Inselkammer junior, kann das nur bestätigen: „Auffällig ist, dass es zwar noch Weihnachtsfeiern gibt, aber sie werden weniger, die Reservierungen dafür erfolgen später und das Budget ist wesentlich geringer.“ Auch bei Betriebsfesten werde immer häufiger auf den Nachtisch, die zweite Flasche Wein oder den Digestif verzichtet: „Das sind aber genau die Dinge, an denen der Wirt bisher noch verdienen konnte.“
Die hohe Pacht bricht vielen Betrieben das Genick
Das Problem werde in München noch zusätzlich durch die hier üblichen hohen Pachtforderungen erschwert. „Ein Teufelskreis“, wie Inselkammer und Hagn sagen. „Hat einer eine gute Lage, hat er wenigstens noch mehr Gäste, die reichen aber nicht mehr aus, um die Miete wieder hereinzuholen.“ Jüngste Beispiele: „Nachtcafé“ und „Eiscafé Venezia“. „Die waren immer voll, doch sie mussten schließen. Aus diesem Grund.“ In schlechteren Lagen hingegen fehlten die Gäste.
Dennoch: Zu der vom BHG schon seit langem erhofften „Marktbereinigung in München“ (Hagn und Inselkammer: „Es gibt zu viele Lokale hier, 4000 wären für diese Stadt vernünftig“) wird es auch nach Einschätzung des Kreisverwaltungsreferats nicht kommen.
„Die Zahl der Konzessionen wird sich nicht stark verändern“, sagt Peter Lueg, Leiter der Abteilung Gewerbe. „Irgendeiner denkt immer, er könne es besser als sein Vorgänger.“ Das bestätigen auch Hagn und Inselkammer: „Es herrscht noch immer der Irrglaube, wenn man für sechs Euro einkauft und dann 12 Euro verlangt, mache man einen Gewinn von sechs Euro.“
Vom Umsatz bleibt nicht viel
Dass der Wirt heutzutage die Hälfte seines Umsatzes allein für Löhne und Gehälter ausgeben muss, den Rest größtenteils für Miete, Gebühren und Steuern, werde oft nicht gesehen. Weder vom neuen Pächter – noch vom Gast.
„Wer die Branche nicht kennt, glaubt noch immer, man könnte in der Gastronomie reich werden, doch dafür müssten wir mindestens doppelt so hohe Preise verlangen. Doch das ist nicht mehr zumutbar.“
Selbst dann nicht, wenn es zu der diskutierten Erhöhung der Mehrwertsteuer kommen sollte, meinen Hagn und Inselkammer: „Wir können das nicht mehr auf den Verbraucher umlegen, der Markt ist ausgereizt.“
www.sueddeutsche.de/index.php?url=/...um/58119&datei=index.php
Jeder dritte Betrieb ist von Insolvenz bedroht.
Trotz gestiegener Preise steckt das Gastgewerbe in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Nach Prognosen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) wird allein in München jeder dritte Wirt seinen Betrieb aufgeben müssen. Massive Umsatzeinbrüche, härtere rechtliche Auflagen, höhere Gebühren und viel zu hohe Pachtzahlungen seien für viele Gastronomen und Hoteliers nicht mehr tragbar, heißt es.
„Die Situation ist nicht gut und eine wirkliche Besserung nicht in Sicht“, sagt der Präsident des Verbands, Ludwig Hagn. Nach einer Untersuchung der Sparkassenverbände reicht bei 66 Prozent aller Gastronomen im Land die Kapitaldecke nicht mehr aus - sie sind massiv von der Insolvenz bedroht.
Hotels und Luxusrestaurants besonders betroffen
Starke Umsatzeinbrüche hat auch die Hotellerie des Landes zu verzeichnen. Allein der Hotelmarkt in München hat im ersten Halbjahr 2002 deutlich schlechter abgeschnitten als andere deutsche Großstädte: Die Zimmerauslastung ist um bis zu 25 Prozent eingebrochen. Die Hoteliers müssen im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum Ertragseinbußen pro Zimmer von 21,8 Prozent hinnehmen.
Für den Bereich Gastronomie geht der BHG davon aus, dass noch heuer rund 2000 von 5200 Betrieben geschlossen werden – etwa ein Drittel mehr als in den Vorjahren.
Besonders von der Krise betroffen sind offenbar Luxus-Restaurants (Spitzenkoch Karl Ederer: „Günstig essen und trinken ist ein neuer Sport der Reichen geworden.“) und kleine bis mittlere Betriebe mit einem Personalstamm von zehn bis 15 Leuten. „Wenn dort eine Kraft ausfällt, geht das zu Lasten des Umsatzes. Einen Ersatz kann sich kein Wirt mehr leisten. Im Gegenteil: Auch immer mehr Gastronomen müssen Mitarbeiter entlassen.“
Konsumverzicht aus Existenz-Angst
Als Grund für diese Entwicklung nennt Hagn vor allem den wachsenden Konsumverzicht der Gäste: „Die Leute haben Angst um ihre Existenz, deshalb sparen sie.“ Doch auch rückläufige Touristenzahlen machten sich vor allem in den Monaten März bis August bemerkbar: „Die Menschen haben noch immer den 11. September vor Augen.“ Für Dezember sei zwar ein „leichter Umsatzanstieg“ zu verzeichnen, von Entspannung könne aber nicht die Rede sein.
Der Chef des „Platzl Hotels“, Peter Inselkammer junior, kann das nur bestätigen: „Auffällig ist, dass es zwar noch Weihnachtsfeiern gibt, aber sie werden weniger, die Reservierungen dafür erfolgen später und das Budget ist wesentlich geringer.“ Auch bei Betriebsfesten werde immer häufiger auf den Nachtisch, die zweite Flasche Wein oder den Digestif verzichtet: „Das sind aber genau die Dinge, an denen der Wirt bisher noch verdienen konnte.“
Die hohe Pacht bricht vielen Betrieben das Genick
Das Problem werde in München noch zusätzlich durch die hier üblichen hohen Pachtforderungen erschwert. „Ein Teufelskreis“, wie Inselkammer und Hagn sagen. „Hat einer eine gute Lage, hat er wenigstens noch mehr Gäste, die reichen aber nicht mehr aus, um die Miete wieder hereinzuholen.“ Jüngste Beispiele: „Nachtcafé“ und „Eiscafé Venezia“. „Die waren immer voll, doch sie mussten schließen. Aus diesem Grund.“ In schlechteren Lagen hingegen fehlten die Gäste.
Dennoch: Zu der vom BHG schon seit langem erhofften „Marktbereinigung in München“ (Hagn und Inselkammer: „Es gibt zu viele Lokale hier, 4000 wären für diese Stadt vernünftig“) wird es auch nach Einschätzung des Kreisverwaltungsreferats nicht kommen.
„Die Zahl der Konzessionen wird sich nicht stark verändern“, sagt Peter Lueg, Leiter der Abteilung Gewerbe. „Irgendeiner denkt immer, er könne es besser als sein Vorgänger.“ Das bestätigen auch Hagn und Inselkammer: „Es herrscht noch immer der Irrglaube, wenn man für sechs Euro einkauft und dann 12 Euro verlangt, mache man einen Gewinn von sechs Euro.“
Vom Umsatz bleibt nicht viel
Dass der Wirt heutzutage die Hälfte seines Umsatzes allein für Löhne und Gehälter ausgeben muss, den Rest größtenteils für Miete, Gebühren und Steuern, werde oft nicht gesehen. Weder vom neuen Pächter – noch vom Gast.
„Wer die Branche nicht kennt, glaubt noch immer, man könnte in der Gastronomie reich werden, doch dafür müssten wir mindestens doppelt so hohe Preise verlangen. Doch das ist nicht mehr zumutbar.“
Selbst dann nicht, wenn es zu der diskutierten Erhöhung der Mehrwertsteuer kommen sollte, meinen Hagn und Inselkammer: „Wir können das nicht mehr auf den Verbraucher umlegen, der Markt ist ausgereizt.“
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