Evotec und Morphosys trotzen Finanz- und Wirtschaftskrise
23.11.2011 - 14:18 | Quelle: Dow Jones Newswire Web
-
Morphosys und Evotec trotzen Finanzkrise
Kapitalausstattung und stabile Geschäftsmodelle stützen
-Evotec plant 2012 weiteres Umsatzwachstum und Profitabilität
-Morphosys will Pipeline voranbringen und profitabel bleiben
===
Von Heide Oberhauser-Aslan
DOW JONES Newswires
===
FRANKFURT (Dow Jones)--Die deutsche Biotechbranche kämpft seit Jahren ums Überleben. Jetzt macht vielen Unternehmen der Branche auch noch die Finanz- und Wirtschaftskrise zu schaffen. Vor allem kleine Unternehmen mit schwacher Forschungspipeline sind gefährdet und haben Schwierigkeiten, an neues Kapital zu kommen. Anders liegt der Fall bei der Hamburger Evotec und der bei München beheimateten Morphosys: Durch erfolgreiche Partnerschaften mit großen Konzernen haben sie den notwendigen langen Atem, um auch in den kommenden Jahren erfolgreich forschen zu können.
Für die kleinen Unternehmen der Branchen wird das Umfeld in der gegenwärtigen Finanzkrise dagegen noch schwieriger. "Wenn Sie heute als kleines Biotechunternehmen eine Finanzierung suchen, haben sie keine Chance", sagt Werner Lanthaler, Vorstandsvorsitzender der Evotec AG. Auch der IPO-Markt für Biotechunternehmen sei "zugefroren". Sein eigener Konzern, dessen Geschäftsmodell er nach seinem Antritt 2009 radikal umgekrempelt hat, ist dagegen unabhängig geworden von den Unbillen der Finanzmärkte: "Wir können das eigene Wachstum und unsere Forschungsprojekte aus unserem eigenen operativen Cash-Flow finanzieren und sind nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen", sagte der Manager im Gespräch mit Dow Jones Newswires.
Der Hamburger TecDAC-Konzern setzt wie die seit Jahren erfolgreiche Morphosys AG vor allem auf Partnerschaften mit großen Pharmakonzernen. Ohne eigenentwickelte Medikamente am Markt gehören die beiden Unternehmen zu den wenigen Biotechkonzernen in Deutschland, die Gewinne schreiben. Ihr Geld verdienen sie mit Meilensteinzahlungen aus langfristig ausgelegten Forschungskooperationen mit internationalen Pharmafirmen wie Novartis, Roche, Pfizer oder Boehringer Ingelheim. Aber während Evotec sich auf die frühe Entwicklung spezialisiert, will Morphosys mit den Einnahmen aus den Forschungsallianzen auch die Entwicklung eigener Medikamente vorantreiben.
Der Kostendruck in der Pharmabranche spielt den kleinen Unternehmen in die Karten: "Durch das Auslagern früher Forschungsleistungen an Evotec können die Pharmaunternehmen ihre Produktivität steigern, weil wir günstiger und schneller sind und eine höhere Qualität liefern", sagt Lanthaler. "Das ist unsere Kernfähigkeit". Auch Morphosys-Mitbegründer Simon Moroney setzt weiter auf Pharmapartnerschaften. Zwar würden die großen Player in der Industrie bei der Wahl ihrer Partner zunehmend weniger risikobereit sein, "aber Biotechfirmen mit einer guten Technologieplattform und interessanten Produkten wie etwa Morphosys stehen dabei gut da".
Der Erfolg gibt beiden Unternehmen recht: Im September konnte Evotec den schweizerischen Roche-Konzern für die Entwicklung eines neuen Medikaments gegen Alzheimer gewinnen. Die Partnerschaft gilt als eine der größten in der deutschen Biotechbranche. Roche zahlt im Zuge der Kooperation abhängig von bestimmten Erfolgen bis zu 820 Mio USD als so genannte Vorauszahlung und zusätzlich im Erfolgsfall eine Umsatzbeteiligung von mehr als 10%.
Bei MorphoSys ist die ebenfalls schweizerische Novartis seit 2007 wichtigster Partner. In einer der größten Forschungskooperationen der Biotechbranche wurde ein Vertrag über 10 Jahre geschlossen, der MorphoSys beim Erreichen bestimmter Ziele Einnahmen von mehr als 600 Mio USD und weitere Erfolgszahlungen garantiert.
Evotec hat sich seit dem Antritt Lanthalers darauf konzentriert, die für das kleine Unternehmen viel zu große und teure Entwicklung eigener Medikamente stark zurückzufahren und das alte Kerngeschäft, die Wirkstoffsuchen für große Pharmafirmen, deutlich auszubauen. Neben Roche unterhält Evotec heute Allianzen mit Boehringer Ingelheim, Novartis und Genentech. In diesem Jahr gelang es, zwei weitere große strategische Partnerschaften mit der belgischen UCB und der japanischen Ono abzuschließen.
Die breite Phalanx an Partnerschaften macht unabhängig. Für 2012 besteht bei Evotec kein Druck, neue Partner finden zu müssen. Denn auch mit den bestehenden Allianzen seien die Kapazitäten gut ausgelastet, sagt Lanthaler. Er will den Umsatz im nächsten Jahr wieder um 15% steigern und dabei profitabel bleiben. Da läßt es sich verkraften, dass die Pipeline an eigenen Forschungskandidaten inzwischen stark geschmolzen ist. Etwa drei bis fünf Projekte treibt Evotec nach Lanthalers Aussage derzeit noch ohne Partner alleine voran. Sie sollen vor dem kostenträchtigen Einstieg in die klinische Prüfung in Partnerschaften überführt werden.
Morphosys will die Wertschöpfungskette dagegen einen Schritt weiter begleiten. Ziel der Biotech-Vorzeigefirma aus Martinsried bei München ist es, einige Projekte auch durch einen Teil des klinischen Prüfverfahrens alleine zu bringen, um sie dann noch gewinnbringender in Partnerschaften zu überführen. Für das am weitesten fortgeschrittene Projekt, einen Antikörper gegen rheumatoide Arthritis, rechnet Moroney Mitte 2012 mit Ergebnissen der laufenden Phase-II-Studie. Pharmaunternehmen signalisieren bereits ein starkes Interesse an einer Partnerschaft - vorausgesetzt, die klinischen Daten versprechen Erfolge.
Morphosys hat sich auf die Entwicklung menschlicher Antikörper spezialisiert, um Medikamente zur Behandlung von Krebs, Rheuma oder Multiple Sklerose zu entwickeln. Derzeit sind 78 Projekte in der Forschungspipeline, davon sind 19 bereits in klinischen Phasen, und 10 Projekte werden ohne Partner vorangetrieben. Bisher hat Morphosys weder ein Medikament aus der eigenen Forschung noch aus Partnerprogrammen auf den Markt bringen können. Das soll laut Moroney frühestens 2015 der Fall sein.
Ziel sei es, die Pipeline so schnell wie möglich voranzubringen und profitabel zu bleiben. "Finanzielle Ergebnisse sind sekundär für uns, der Wert des Unternehmens steckt in unserer Pipeline", sagt der Manager. Morphosys habe in den zurückliegenden Jahren stetig ein Umsatzwachstum von 10% bis 20% gehabt, ohne Produkte am Markt zu haben. Der Hauptwert komme erst noch, sagt er. "Wir hoffen, dass wir 2017 nicht nur mit Produkten aus unseren Partnerschaften am Markt sind, sondern vielleicht auch mit eigenen Projekten", meint er. Seine Hoffnung: "Dann sind wir selbst stärker und nicht mehr so abhängig von Partnerschaften".
===
-Von Heide Oberhauser-Aslan, Dow Jones Newswires
+49 (0)69 29725 113, heide.oberhauser@dowjones.com
DJG/hoa/kgb/jhe
===
(END) Dow Jones Newswires
November 23, 2011 08:18 ET (13:18 GMT)
Copyright (c) 2011 Dow Jones & Company, Inc.
nachrichten.finanztreff.de/...ktion=uebersicht&id=7810664# Text zur Anzeige gekürzt. Gesamten Beitrag anzeigen »