Mit etwas Abstand betrachtet und den enttäuschenden Kursverlauf ausgeblendet scheint mir Bayer aktuell eher eine Chance auf die Turnaround-Story des Jahrzehnts im Dax zu sein. Gut, ich hab in den letzten 10 Jahren im Dax regelmäßig nen Turnaround mitgemacht, darunter Kandidaten wie VW, Mercedes bzw. damals Daimler, Allianz nach dem HF-Debakel, aktuell Vonovia und vermutlich auch Bayer. Insofern scheint das mein Spezialgebiet zu sein. Ich war übrigens nie investiert in Wirecard. Das war kein Turnaround Kandidat.....
All die genannten Werte hatten alle gemein, dass nach einem Kursmassaker von 50 bis teilweise 75 Prozent noch immer scheinbar in der Presse kein einziger Grund vorherrschte, in das Unternehmen zu investieren.
Meine nüchternen und objektiven Analysen kamen jedoch regelmäßig zu dem Ergebnis, dass zwar deutliche Probleme in den Unternehmen zu sehen sind, die Kursabschläge bzw. Bewertungen jedoch massiv nach unten übertrieben waren. Der prognostizierte Geschäftsverlauf und die Entwicklung für die nächsten 5 bis 10 Jahre waren allesamt deutlich positiver zu sehen als der Kurs hergab. Damals war es auch immer so, dass z.B. in solchen Foren wie diesem gefühlt 80 Prozent auf dem Kurs herumgehackt haben und teilweise prollige Aussagen an der Tageordnung waren.
Es gab praktisch gefühlt gar keinen Grund mehr zu kaufen. Absolute Resignation. Klingelt da was ? Resignation ist häufig der Vorbote zum Turnaround.
Wer würde heute ne Mercedes Aktie für 20 Euro nicht nehmen ? Ne Vonovia zu 16 Euro ? Ne Allianz zu 160 Euro ? Ne BMW zu 50 Euro ?
In einigen Jahren werde ich vermutlich im Rahmen einer anderen Turnaround Story in nem anderen Forum in einer ähnlichen Situation bei einem Unternehmen dann noch die Bayer Aktie zu 28 Euro in meine Aufzählung aufgenommen haben.
Letztendlich, ich möchte die ganzen Argumente und Analysen gar nicht wiederholen. Bayer hat derzeit Probleme, keine Frage. Die Pipeline könnte etwas voller sein (man hat dies erkannt und arbeitet daran) und Glyphosat wird vermutlich etwas mehr kosten als zurückgestellt. Allerdings ist man hier sehr sehr weit von einer existenzbedrohenden Lage entfernt und selbst im ausbaufähigen Geschäftsjahr 2023 ist ein Core EPS von etwa 6,40 Euro zu erwarten. Bei einer Ausschüttungsquote von ca. 30 Prozent der vergangenen Jahre könnte das noch immer zu ner Dividende von 1,80 Euro herum führen (oder auch nicht, mal abwarten). Man hat genug in der Pipeline um zumindest bisher 80 bis 85 Prozent der Patentklippe aufzufangen und selbst im Worst Case einer Insolvenz der risikotragenden Einheit der Glyphosatrisiken wäre gerade mal ein Umsatzanteil von 5 mrd Euro verloren. Der Rest der 93 mrd Euro Unternehmenswert oder meinetwegen (nehmen wir noch nen Abschlag von weiteren 30 Prozent vor) nur 60 mrd wäre noch immer ein Kurs der mehr als doppelt so hoch wäre wie jetzt.
Insoweit, ganz im Sinne des Titels dieses Threads: 1) Der aktuelle Kurs ist absurd und die Abschläge sind massiv übertrieben. 2) Börsen übertreiben für gewöhnlich in beide Richtungen. Gerade nach unten. Danach kommt nach oben.