Meine kleine mißratene Schwester

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DeathBull:

Meine kleine mißratene Schwester

 
29.01.02 18:50
PEEK A BOOTY

Totaler Kontrollverlust?

Von Frank Patalong

Peek a Booty, versprach die Hackergruppe "Cult of the Dead Cow" im Sommer 2001, werde Regierungen und Industrie das Fürchten lehren. Hier komme das wahrhaft unkontrollierbare Netzwerk. Doch der Herbst kam und der Winter, und nichts geschah. Jetzt, sagt cDc, ist es so weit.


"Vaporware" ist eine Ware, über die man erst ausführlich spricht, für die man wirbt, Nachfrage erzeugt, auf die man die Medien heiß macht - und die dann irgendwie beim Beamen verloren geht: Vom genialen Geist des Entwicklers direkt ins Nirvana. Zumeist fällt das in die Kategorie "Na und? Wen kümmert's?".
Wenn aber Cult of The Dead Cow (cDc), eine der bekanntesten Hacker-Gruppen der Welt, eine Software ankündigt, dann horchen tatsächlich viele auf - denn cDc macht kein Marketing. Die Hacker wollen nicht verkaufen, sie wollen Dinge in Umlauf bringen. Und das mögen nützliche Dinge sein, mitunter aber auch ziemlich fiese. Berüchtigstes Produkt der Hacker-Gruppe: "BackOrifice", eines der effektivsten Trojaner-Programme, mit dem Hacker je Schindluder trieben - und mit dem Kriminelle Schäden verursachten.

cDc leben von der Aura der Silicon-Valley-Rebellen - und blieben dieser auch treu, als sich viele aus der "Community" auf dem Höhepunkt des DotCom-Booms in Schlips-und-Kragen-Verträge zwängen ließen. cDc sind elitär.

Im Frühjahr letzten Jahres kündigte cDc an, im Rahmen der DefCon, einst eine reine "Hacker-Konferenz", heute auf dem Weg zum Mainstream, eine Software vorstellen zu wollen, vor der Sicherheitsbehörden und Regierungen in aller Welt, aber auch die Entertainment-Industrie zittern sollten: Peek a Booty. Gemeint war die Software als Gegenwehr gegen Zensur, als Weg zu einem freien Informationszugang in LÄndern, wo dieser eingeschränkt ist. Aber Peek a Booty sollte noch mehr können.

Ein Browser sollte das werden, der auf die Infrastruktur des Internets ein garantiert abhör- und zensurresistentes Netzwerk aufsetzen sollte. Wow!, raunte die Gemeinde - und wartete gespannt. Doch die angekündigte Präsentation fand nie statt.

"Vaporware!" urteilte "Wired" Anfang 2002 und nahm Peek a Booty in seine Top-Ten-Liste der aus heißer Luft gefertigten Produkte des letzten Jahres auf. Das, sagt cDc jetzt, war ein Irrtum - auch, wenn es irgendwie schmeichelhaft war.

Denn wieder steht Peek a Booty auf der Agenda eines Hackerkongresses: Der nennt sich "CodeCon 2002", ist funkelnagelneu und wird erstmals vom 15. bis 17. Februar stattfinden, in "Frisco" natürlich. Heiße Luft, versichert Organisator Bram Cohen, ist diesmal nicht zu erwarten: Die CodeCon soll ein echter Hackerkongress werden, kein Szenetreff, keine Quasselveranstaltung. Wer hier etwas vorstellen will, muss Tacheles reden: Theoretische Exkurse sind verboten, alles muss gezeigt, präsentiert und demonstriert werden.

In Anbetracht der angekündigten Vorträge und des günstigen Eintrittspreises von 50 Dollar hat die Veranstaltung beste Chancen, ausverkauft zu werden. So viel sollte selbst im Budget diverser Bundesbehörden noch drin sein. Denn die Hacker-Softwareschmieden dieser Welt haben so einiges in der Mache, das Sicherheitsbehörden tatsächlich Kopfschmerzen bereiten könnte - und nicht nur in China und ähnlichen, sich "an Demokratien zunehmend orientierenden" Staaten.

An Platz eins der angekündigten Präsentationen: "Drunken Master" und "Joey DeVilla" von cDc führen Peek a Booty vor. Wow!, raunt die Gemeinde.

Vielleicht zu Recht

Was cDc hier entwickelt haben, ist formell nichts anderes als ein P2P-Netzwerk nach dem Baumuster von Gnutella oder Grokster: Verteilt, ohne zentralen Server. Doch Peek a Booty geht weiter: Innerhalb des Netzwerkes sollen Daten - wie im Internet üblich - als Pakete verschickt werden. Anders als bei anderen Protokollen folgen diese Datenpakete aber keinem wie auch immer definierten "günstigen Routing". Stattdessen sollen die einzelnen Pakete - wenn möglich - alle verschiedenen Routen folgen: Ein Alptraum für Abhörer und alle, die versuchen, jemanden im Netzwerk zu orten.

Doch das ist Zukunftsmusik, gibt cDc zu, diese Technik des "Internet Spread Spectrum" ist noch nicht ausgereift.

Bis dahin aber hat Peek a Booty immerhin eine Standard-Verschlüsselung zu bieten: "Abhörer" bekommen gar nicht mit, was für Dateifragmente da durchs Netz gejagt werden. Zum Leistungsspektrum der Software sollen zudem Eigenschaften zählen, die Peek a Booty zu recht die Bezeichnung "Browser" einbringen: Auch das Web soll man damit durchsurfen können - zum Beispiel von einem unter strenger Zensur leidenden Land aus. Dass der verschlüsselte Zugang zu Mail-Accounts über mehrere anonyme "Vermittler" aktuelle Trends in Sachen E-Mail-Überwachung auch in der westlichen Welt unterläuft, braucht man kaum mehr zu erwähnen.

Peek a Booty wird "sicher" (aus User-Perspektive) erst dann funktionieren, wenn genügend Nutzer im Netzwerk miteinander verbunden sind. Sieht man die Nutzerzahlen von KaZaA, Morpheus, Grokster, Limewire und Co, dürfte das wohl kaum ein Problem darstellen. Abmahnungen an User, wie sie angeblich T-Online wegen Downloads illegaler Inhalte an P2P-Dienst-Nutzer verschickt hat, wird es dann auch nicht mehr geben - selbst die ISPs bekommen nicht mehr mit, was über ihre Leitungen verbreitet wird. Mit Peek a Booty schreitet ein Prozess in Richtung totaler Kontrollverlust fort, der mit P2P-Börsen begann.

Dem haben Behörden wie Industrie nichts entgegen zu setzen: Die gleichen Gesetze, die ihnen pauschal bestimmte Überwachungsmethoden erlauben, verbieten ihnen andere. Sollte Peek a Booty (und was immer danach noch kommen wird) sich tatsächlich als brauchbare "Ware" erweisen, wäre dem so entstehenden Netzwerk nur mit reichlich krummen Methoden beizukommen.

Doch auch davor dürfte kaum jemand zittern: Bei aller, von "Wired" so publikumswirksam abgestraften Verspätung kommen Cult of the Dead Cow mit Peek a Booty doch Monate früher als alle denkbaren Gegenmaßnahmen. P2P- und Hackerszene haben weiter die Nase vorn. Wenn cDc die für manche bedrohlichen, für andere verheißungsvollen Versprechungen diesmal einlösen kann.


Meine kleine mißratene Schwester 558712
Egozentriker:

Ach, isset nich schön :-)))

 
29.01.02 19:56
Sowas lese ich immer wieder gerne.
Mein Lieblingssatz: "Mit Peek a Booty schreitet ein Prozess in Richtung totaler Kontrollverlust fort, der mit P2P-Börsen begann."

THX DB

Gruß

Meine kleine mißratene Schwester 558809members.tripod.de/egozentriker_nr1/ego02.gif" style="max-width:560px" >
SIEGERtrade:

@deathbull

 
29.01.02 19:58
Du bist ja ganz schoen gemein mit Deiner lockenden Ueber-
schrift; DA ist Dir der SIEGER natuerlich gleich auf den
Leim gegangen!!

Gruß
SIEGER
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