Gerstensaft macht gesund
Bier her, oder ich fall um!
"Trinkt Bier!" riet schon die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen. Sie hatte Recht: Bier ist gut für Herz und Kreislauf. So jedenfalls lautet das Ergebnis einer niederländischen Studie, in der die Wirkung verschiedener Alkoholika auf den Körper untersucht wurde. Im Vergleich zu Rotwein, Gin und Wasser habe helles Bier den größten positiven Effekt, so das Forscherteam um Henk Hendriks vom TNO Nutrition and Food Research Institute.
Student Tilo Gummel tut im Biergarten des "Durchblick" etwas für seine Gesundheit.
Neben Hopfen, Wasser und Malz enthält Bier das Vitamin B6. Nach einem Glas Gerstensaft erhöht sich die Vitamin B6-Menge im Blut um 30 Prozent, haben die Forscher gemessen. Und das ist deshalb gesund, weil Vitamin B6 die Anhäufung eines Aminosäureprodukts namens Homocystein verhindert, das als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten gilt.
111 männliche Testpersonen haben über drei Wochen lang entweder Bier, Rotwein, Gin oder Wasser zum Abendessen getrunken, so der Bericht im Fachblatt "The Lancet". Die Homocystein-Menge im Blut sei bei allen Testpersonen angestiegen, nur nicht bei den Biertrinkern.
Allerdings erlebte das Forscherteam auch eine Überraschung: Obwohl Wein und Gin kein Vitamin B6 enthalten, ist der Vitamin B6-Gehalt auch im Blut dieser Testgruppen angestiegen, und zwar etwa um 15 Prozent. Die Wissenschaftler sehen damit frühere Studien bestätigt, nach denen moderater Alkoholgenuss allgemein einen schützenden Effekt auf Herz und Kreislauf hat. Wird der Alkohol in Form von Bier genossen, ist die Wirkung wegen des enthaltenen Vitamins aber noch größer.
Dass täglicher Bierkonsum zwischen einem halben und einem ganzen Liter das Herzinfarktrisiko senkt, wollen auch britische und tschechische Forscher an tschechischen Biertrinkern beobachtet haben. Sie haben Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, mit gesunden Männern zwischen 25 bis 64 Jahren verglichen, berichtet das "British Medical Journal".
Das geringste Herzinfarkt-Risiko hat nach der Studie des Institut klinické a experimentální medicíny in Prag, wer täglich Bier trinkt und auf einen Konsum von vier bis neun Liter wöchentlich kommt. Die Forscher vermuten, herzschützend ist das Ethanol im Bier. Die positiven Effekte gingen allerdings bei höherem Konsum wieder verloren.
Auch die niederländische Wissenschaftler betonen, ihre Studie dürfe nicht als Ausrede für übermäßigen Alkoholkonsum herangezogen werden. Größere Mengen Alkohol würden mehr gesundheitliche Probleme bringen als lösen. Gesundtrinken kann man sich auf keinen Fall. Ein gesunder und etwa 80 bis 90 kg schwerer Mann sollte höchstens einen Liter Bier pro Tag trinken. "Ein Bier pro Tag ist besser als kein Bier; bis drei Biere sind garantiert nicht schädlich und können eher nützlich sein", sagt Prof. Dr. Piendl von der TU München.
Moritz Kralemann, 9.6.2000