LEBENSVERSICHERUNG - Mit hängenden Köpfen (EurAmS)
Die Branche beteuert weiter, außer der Mannheimer gäbe es keine Pleite-Kandidaten. Politiker sprechen von zehn Unternehmen, die akut gefährdet sind. Wo es kriselt.
von Ludwig Riepl, Euro am Sonntag 42/03
Kein Krisenmanagement, sondern ein Trauerspiel. Für den Branchenexperten Manfred Poweleit blamiert sich die deutsche Lebensversicherungs-Branche nicht durch desolate Leistungen, sondern dadurch, dass sie versucht, ihre Probleme herunterzuspielen. „Kein Mensch erwartet, dass die Versicherungen zaubern“, sagt Poweleit. „Wenn die Finanzmärkte in die Knie gehen wie in den vergangenen drei Jahren, müssen die Erträge sinken.“ Ärgerlich sind selbstverschuldete Schlampereien. „In anderen Branchen hätten Vorstände den Hut nehmen müssen.
Zehn Gesellschaften werden die Krise ohne Steuervergünstigungen nicht überstehen, befürchtet man in Kreisen der Regierungskoalition. Zu viele für die umstrittene Auffanglösung Protektor, mit der die Branche Insolvenzen verhindern will. Die muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) feststellen, wenn ein Versicherer wie die Mannheimer Leben nicht mehr genug Kapital hat, um alle Kundenansprüche zu erfüllen.
Nur etwas mehr Geld als Verpflichtungen hatten zum Bilanzstichtag Ende 2002: Deutsche Ärzteversicherung, Deutscher Herold, HUK Coburg, Öffentliche Braunschweig, Arag, Rheinland und Gerling. Zu wenig hatten nach den Berechnungen der Rating-Agentur Fitch – außer der als Protektor-Fall ausgemachten Mannheimer Leben – Gothaer, Hannoversche, Victoria, Bayerische Beamten, Provinzial Nord und Inter. Bei letzterer ist seit Wochen die Bafin ständig vor Ort. Das lässt wenig Gutes hoffen. Die Liste zeigt, dass nicht nur kleine und mittlere Unternehmen zu kämpfen haben. Poweleit: „Es ist ein Irrglauben, das anzunehmen.“
Die Ursachen für die momentane Schieflage sind nicht nur in den Kursverlusten bei Aktien zu suchen. Weil in schlechten Zeiten weniger Kapitalerträge steuermindernd in die Kundengutschriften fließen, müssen Versicherer mehr Steuern zahlen. Die Koalition zeigt Einsehen: Diese Regelung soll fallen, weil „sich bei näherer Prüfung zeigt, dass da eine Bombe tickt“, so ein SPD-Abgeordneter. Ein anderes Problem bleibt: „Von der Börsenerholung haben die Versicherer nicht viel, denn sie sind fast ganz aus Aktien raus“, sagt Thomas Adolph, Chef des Frankfurter Finanzdienstleisters AFW. Hinzu kommt, dass das Kapital, das von den eingehenden Prämien bleibt, wenn die Kosten für Abschluss, Verwaltung und Risikoschutz abgezogen sind, jetzt fast ausschließlich in festverzinsliche Wertpapiere gesteckt wird. Adolph: „Die dort erzielbaren Zinsen reichen für die engagierten aktuellen Überschussbeteiligungen nicht aus.“
Ganz an der Wand stehen die Unternehmen aber noch nicht. Die Prämienzahlungen fließen weiter. Grund: Es lohnt sich fast nie, aus Panik seine Police zu kündigen. Sinnvoller ist es, die Vertragsdauer herabzusetzen, sofern dann noch die zeitlichen Voraussetzungen für die steuerfreie Auszahlung (zwölf Jahre Laufzeit, fünf Jahre Beiträge gezahlt) erfüllt sind. Überlegenswert ist es auch, die Police beitragsfrei zu stellen.
red / -red-
Die Branche beteuert weiter, außer der Mannheimer gäbe es keine Pleite-Kandidaten. Politiker sprechen von zehn Unternehmen, die akut gefährdet sind. Wo es kriselt.
von Ludwig Riepl, Euro am Sonntag 42/03
Kein Krisenmanagement, sondern ein Trauerspiel. Für den Branchenexperten Manfred Poweleit blamiert sich die deutsche Lebensversicherungs-Branche nicht durch desolate Leistungen, sondern dadurch, dass sie versucht, ihre Probleme herunterzuspielen. „Kein Mensch erwartet, dass die Versicherungen zaubern“, sagt Poweleit. „Wenn die Finanzmärkte in die Knie gehen wie in den vergangenen drei Jahren, müssen die Erträge sinken.“ Ärgerlich sind selbstverschuldete Schlampereien. „In anderen Branchen hätten Vorstände den Hut nehmen müssen.
Zehn Gesellschaften werden die Krise ohne Steuervergünstigungen nicht überstehen, befürchtet man in Kreisen der Regierungskoalition. Zu viele für die umstrittene Auffanglösung Protektor, mit der die Branche Insolvenzen verhindern will. Die muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) feststellen, wenn ein Versicherer wie die Mannheimer Leben nicht mehr genug Kapital hat, um alle Kundenansprüche zu erfüllen.
Nur etwas mehr Geld als Verpflichtungen hatten zum Bilanzstichtag Ende 2002: Deutsche Ärzteversicherung, Deutscher Herold, HUK Coburg, Öffentliche Braunschweig, Arag, Rheinland und Gerling. Zu wenig hatten nach den Berechnungen der Rating-Agentur Fitch – außer der als Protektor-Fall ausgemachten Mannheimer Leben – Gothaer, Hannoversche, Victoria, Bayerische Beamten, Provinzial Nord und Inter. Bei letzterer ist seit Wochen die Bafin ständig vor Ort. Das lässt wenig Gutes hoffen. Die Liste zeigt, dass nicht nur kleine und mittlere Unternehmen zu kämpfen haben. Poweleit: „Es ist ein Irrglauben, das anzunehmen.“
Die Ursachen für die momentane Schieflage sind nicht nur in den Kursverlusten bei Aktien zu suchen. Weil in schlechten Zeiten weniger Kapitalerträge steuermindernd in die Kundengutschriften fließen, müssen Versicherer mehr Steuern zahlen. Die Koalition zeigt Einsehen: Diese Regelung soll fallen, weil „sich bei näherer Prüfung zeigt, dass da eine Bombe tickt“, so ein SPD-Abgeordneter. Ein anderes Problem bleibt: „Von der Börsenerholung haben die Versicherer nicht viel, denn sie sind fast ganz aus Aktien raus“, sagt Thomas Adolph, Chef des Frankfurter Finanzdienstleisters AFW. Hinzu kommt, dass das Kapital, das von den eingehenden Prämien bleibt, wenn die Kosten für Abschluss, Verwaltung und Risikoschutz abgezogen sind, jetzt fast ausschließlich in festverzinsliche Wertpapiere gesteckt wird. Adolph: „Die dort erzielbaren Zinsen reichen für die engagierten aktuellen Überschussbeteiligungen nicht aus.“
Ganz an der Wand stehen die Unternehmen aber noch nicht. Die Prämienzahlungen fließen weiter. Grund: Es lohnt sich fast nie, aus Panik seine Police zu kündigen. Sinnvoller ist es, die Vertragsdauer herabzusetzen, sofern dann noch die zeitlichen Voraussetzungen für die steuerfreie Auszahlung (zwölf Jahre Laufzeit, fünf Jahre Beiträge gezahlt) erfüllt sind. Überlegenswert ist es auch, die Police beitragsfrei zu stellen.
red / -red-