Kompromiss um Russlands Strommarkt

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Kompromiss um Russlands Strommarkt

 
14.07.01 20:49
Harte Auseinandersetzungen um Monopolrenten
Die grundsätzliche Einigung der russischen Regierung auf einen Plan zur Reform des Elektrizitätsmarktes hatte vor zwei Monaten ungewohnt heftige Reaktionen ausgelöst. Nun hat der Ministerpräsident ein Kompromisspapier vorgelegt, das im Vergleich zur ursprünglichen Version Verbesserungen beim Schutz der Minderheitsaktionäre enthält und den Anliegen regionaler Energieversorger entgegenkommt.

pfi. Moskau, 13. Juli

Rücktrittsdrohungen, öffentliche Appelle an den russischen Staatspräsidenten Putin, rasch aufeinander folgende Höher- und Tieferbewertungen der Aktien von Stromerzeugern: Seit die russische Regierung ihren Plan zur Reform des Elektrizitätsmarktes vor knapp zwei Monaten im Grundsatz verabschiedet hatte (vgl. NZZ vom 21. 5. 01), lieferten sich die betroffenen Interessengruppen ungewohnt lautstarke Auseinandersetzungen. Präsidentenberater Andrei Illarjonow, der sich für die Interessen der Minderheitsaktionäre regionaler Stromerzeuger einsetzte, sah bereits «das schlimmste Staatsmonopol aller Zeiten» entstehen, während sein Gegenspieler, der Chef des halbstaatlichen Energiekonzerns United Energy Systems (UES), Anatoli Tschubais, nicht müde wurde, vor akut drohenden Versorgungskrisen zu warnen. Nun hat der russische Ministerpräsident ein Kompromisspapier unterzeichnet, das versucht, den verschiedenen Bedenken Rechnung zu tragen, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren, durch Liberalisierung, mehr Wettbewerb und privatwirtschaftliche Investitionen eine leistungsfähigere Stromversorgung zu schaffen.

Ausgliederung statt Verselbständigung?

Der nun verabschiedete Reformplan sieht weiterhin eine Aufspaltung der UES vor, welche derzeit rund drei Viertel der nationalen Stromproduktion und den grössten Teil des landesweiten Hochspannungs-Übertragungsnetzes kontrolliert. Sowohl die UES als auch die regionalen Energieversorger sollen aufgegliedert werden in unabhängige und untereinander konkurrierende Produktions- und Verkaufsgesellschaften. Gleichzeitig soll eine landesweite Übertragungsgesellschaft geschaffen werden, die allen Marktteilnehmern gleichen Zugang zum Stromnetz garantiert. Sie wird noch bis 2004 als eigenständiges Unternehmen der UES-Holding und danach gänzlich selbständig das gesamte Netz der Leitungen mit einer Spannung von mehr als 110 kV betreiben. Der russische Zentralstaat will sich erklärtermassen aus den Produktions- und Vertriebsgesellschaften zurückziehen und dafür im weiteren Verlauf der Liberalisierung die vollständige Kontrolle über die Netzgesellschaft erwerben. Regionale Versorger hatten sich gegen den Verlust derjenigen Übertragungsnetze gewehrt, die sich zurzeit noch in ihrem Besitz befinden. Als Kompromiss sieht das Programm nun vor, dass regionale Energiegesellschaften die Netze mit niedriger Spannung bis auf weiteres behalten können, sofern sie diese in selbständige Gesellschaften ausgliedern.

Verbesserter Schutz der Aktionäre
Besonders vehementen Protest der privaten Minderheitsaktionäre, welche rund einen Drittel der UES-Aktien und Minderheitspositionen in zahlreichen Regionalgesellschaften halten, hatte die im ursprünglichen Reformplan enthaltene Absicht hervorgerufen, die notwendigen Aufspaltungen teilweise durch Verkauf zu vollziehen. Während Tschubais argumentierte, dadurch könnten am besten die für Investitionen dringend benötigten Mittel gewonnen werden, fürchteten die durch Privatisierungserfahrungen gebrannten Minderheitsaktionäre nicht marktgerechte, unkontrollierbare Transaktionen und damit eine Verwässerung ihres Besitzes. Nun sieht das Programm vor, dass die Aufspaltungen vollzogen werden sollen, indem Untergesellschaften gegründet werden und die Aktionäre der Muttergesellschaft pro rata Anteile an den neuen Firmen erhalten. Die Regierung versicherte, über die Rechte der Minderheitsaktionäre zu wachen.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht fällt der eindeutig wettbewerbs- und effizienzorientierte Charakter des Reformplans positiv ins Gewicht, ebenso wie die Absicht, die bei den administrierten Tarifen noch häufig erzwungene Quersubventionierung von Haushalten oder wettbewerbsschwachen Industrien kontinuierlich abzubauen. Dass sich die Anteilseigner regionaler Monopole gegen deren beabsichtigte Aufhebung wehren, kann nicht weiter überraschen. Ob die Strommarktliberalisierung allerdings tatsächlich zu mehr Effizienz und nicht bloss zu einer Umverteilung von Monopolrenten führt, wird weitgehend davon abhängen, ob der Staat gewillt ist, durch entsprechende Regulierung den gleichberechtigten Zugang zum natürlichen Monopol «Übertragungsnetz» zu garantieren und für kosteneffiziente Preise für die Durchleitung zu sorgen. Der Reformplan gibt neu Formeln zur Berechnung kostengerechter Tarife vor. Erfolg oder Misserfolg von Reformen entscheiden sich in Russland allerdings häufig erst bei deren Umsetzung.
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