Korrektur im Aufwärtstrend
Mails/Nachrichten vom 21.10.2002, Bernecker & Cie.
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Ticker vom 21.10.2002
Guten Morgen, meine Damen und Herren,
diese Woche wird die zweite Welle der Firmenzahlen anrollen. Der Terminkalender zeigt es. Die Lektüre der Analysen ist bereits sehr aufschlußreich. Es geht mehr um Stimmung als um Fakten. Wer geschickt formuliert, gewinnt Sympathie, wer die Fakten trocken präsentiert, verliert. Insgesamt jedoch:
Die amerikanischen Manager haben dazugelernt. Nach ihren Unterschriften im August zur Sache der Ehrlichkeit wird vorbeugender Gehorsam geübt. Dadurch waren die Erwartungen deutlicher zurückgeschraubt und die aktuellen Zahlen erscheinen besser. Allerdings: Jede Zahl ist deutlich zu hinterfragen. Wie das geht und wie darauf reagiert wird, an zwei Beispielen:
SEARS ROEBUCK muß die Rückstellungen für Kreditausfälle der Kunden auf 222 Mio $ aufstocken. Daraufhin rutschte die Aktie um 30 % ab. Doch diese 222 Mio $ machen nur 0,45 % des Umsatzes aus. Rechnen Sie selbst weiter. Umgekehrt: MICROSOFT verbesserte den Gewinn von 1,89 auf 1,95 $ je Aktie, bei einem Umsatz von voraussichtlich 32,6 Mrd $ in diesem Jahr und rettete sich damit vor dem Absturz bzw. gewann bis 53 $. Bei IBM lief es ähnlich. Damit bin ich natürlich zufrieden, weil somit die zwei wichtigsten hochkapitalisierten Titel den gesamten Markt abgefangen haben. EASTMAN KODAK verbesserte den Gewinn von 73 Cents auf 1,04 $ je Aktie, also überproportional und gewann wenigstens 14 %. Ergo:
Solchen Reaktionen vorzugreifen, ist fast unmöglich. Aber anschließend wird es sich sehr lohnen, die fundamentale Beurteilung mit der Markttechnik zu vergleichen. Das erwarte ich ab Mitte/Ende November, wenn alle Vergleichszahlen vorliegen. Schon jetzt kündigen sich drei Trends an, die zu beachten sind:
1. Die PC-Flaute geht zu Ende. Alle PC-Hersteller rechnen mit besseren Zahlen im neuen Jahr.
2. Die Chip-Industrie geht den gleichen Weg. Ausgerechnet AMD macht sich nun plötzlich dafür stark: „Die Talsohle ist durchschritten“.
3. Die Telekom-Serviceunternehmen gewinnen neue Freunde. Ich hatte Sie darauf schon vorbereitet. Bis zur Stunde registriere ich fünf Empfehlungen großer Investmenthäuser für Telekomaktien. Dabei spielt die VODAFONE-Strategie sicherlich eine Rolle. Sie wissen: Telekom ist international.
Eindruck aus diesem Sachverhalt: Die neuen Trends beginnen, sich langsam und nicht über Nacht herauszukristallisieren. Das wird ein Thema der nächsten Wochen werden. Aber:
Übertreibungen nutzen Sie für kurzfristige Gewinnmitnahmen. Natürlich war das ein Supergeschäft für die, denen es gelang. Boden bei 40 E. für SAP und anschließend 74 E. in fünf Börsentagen. Selbstverständlich geht das zu weit. Also Kasse machen und spätere Rückkäufe einplanen. Bitte nicht alles verkaufen, damit Sie den Fuß in der Tür haben. Denn: Der Kurs von 40 E. war rechnerisch richtig. Der von über 70 E. ist kurzfristig nicht haltbar, wenn man sich die SAP-Zahlen genauer anschaut. Hier kann richtig gut kurzfristig spekuliert werden, was ich an dieser Stelle nicht täglich kommentieren will.
Eine nicht untypische Formulierung registriere ich, weil sie mir gleich viermal begegnet ist: „Die Unternehmensgewinne sind von schlechter Qualität, weil sie nicht auf höhere Preise oder Volumina zurückzuführen sind, sondern auf Kosteneinsparungen“. So das Urteil von Analytikern. Jeder Betriebswirt weiß indes: Die Sanierung jedes Unternehmens beginnt zuerst mit Kosteneinsparungen, um wieder in die operative Gewinnzone zu geraten. Anschließend geht es um die Aufbesserung der Marktposition via Preise oder Volumina. In dieser Frage ist noch manches Umdenken erforderlich. Ich gehe auf dieses Thema in der nächsten AB für einige wichtige Titel ein, die mir besonders unter diesem Aspekt interessant erscheinen.
Mein Eindruck insgesamt: Die bisherigen Firmenzahlen sind das typische Ergebnis einer Konjunkturflaute. Die schwachen Kurse der vergangenen Wochen haben dies mehr oder weniger richtig vorweggenommen. Die Tendenz von morgen wird nun versuchen, die Ergebnisse von 2003 auszuloten bzw. einzupreisen. Deshalb sind die aktuellen Konjunkturzahlen ohne Wert. Auf die künftigen kommt es an.
Auf die Politik in Berlin gehe ich im Einzelnen nicht ein. Sie übertrifft selbst die kühnsten Erwartungen, und damit sind die fünf Wirtschaftsforschungsinstitute ausreichend beschäftigt. Mich erinnert das Ganze an 1973/74, als nach der damaligen zweiten Wahl von Willy Brandt Rot-Gelb so richtig zuschlug: Erst war es Klunker im Februar '74, anschließend Finanzminister Schmidt mit dem § 7b EstG (Immobilienmarkt) und andere Feinheiten, womit Deutschland endgültig ins Loch fiel. Lesen Sie das Ganze nach, falls Sie es nicht erlebt haben. Tröstlich zu wissen:
Die großen deutschen Unternehmen haben ein bedeutendes Auslandsbein. Der Auslandsanteil (Export und Außenproduktion) liegt bei den großen Konzernen (ohne Versorgung) zwischen 56 und 78 %.
Der Terminkalender für diese Woche: Heute kommen NORSK HYDRO, TEXAS INSTRUMENTS und 3M. Morgen folgen BAYER, CLARIANT, PINAULT-PRINTEMPS und PEUGEOT sowie AT&T, ELECTROLUX und PHARMACIA.
Am Mittwoch präsentiert DAIMLER die 9-Monatszahlen. Ferner AKZO NOBEL, RENTENANSTALT, GLAXOSMITHKLINE und in den USA AOL TIME WARNER, DUPONT und ELI LILLY.
Am Donnerstag kommen HYPOVEREINSBANK, MERCK Darmstadt, ABB, NESTLÉ, RENAULT, VOLVO, DOW CHEMICAL und AMAZON. Diese Liste ist nicht vollständig, aber deshalb wichtig, weil sie international gilt und damit ein gutes Beispiel liefert, wohin die Trends gehen.
Zur Markttechnik: Es geht im Moment nur um eine technische Korrektur. Diese kann 1 oder auch 3 Tage umfassen, das ist im Moment nicht sicher. Vor allem deshalb, weil der VDAX noch sehr hoch notiert und deshalb jederzeit den Ansatz dafür bietet, bei erfreulicher Nachricht den ganzen Markt kurzfristig neu anzustoßen. Ich bleibe dennoch bei der Meinung: Korrektur ist notwendig, aber es handelt sich um eine solche im Aufwärtstrend. Damit dies klar ist. Ausnahme: Wenn SCHERING infolge der Zurücknahme eines Medikaments aus dem Prüfverfahren um 12 % abstürzt und dabei ein Umsatz von 250 Mio E. zunächst verschoben ist, ist dies eine negative Übertreibung. Kurse um 42/43 E. sind ein Kauf, selbst dann, wenn Sie um ein paar Tage daneben liegen sollten. Ordnen Sie auch hier richtig ein: SCHERING muß zunächst auf 5 % des Umsatzes verzichten, macht aber keine Verluste.
Fazit: Ich warte auf die günstige Gelegenheit. Vielleicht schon morgen. Übrigens: Die Deutsche Bank stuft RWE als neuen Kauf ein und die zwei Amis (J.P. Morgan und Merrill Lynch) heben die NOKIA-Prognose an.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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Die amerikanischen Manager haben dazugelernt. Nach ihren Unterschriften im August zur Sache der Ehrlichkeit wird vorbeugender Gehorsam geübt. Dadurch waren die Erwartungen deutlicher zurückgeschraubt und die aktuellen Zahlen erscheinen besser. Allerdings: Jede Zahl ist deutlich zu hinterfragen. Wie das geht und wie darauf reagiert wird, an zwei Beispielen:
SEARS ROEBUCK muß die Rückstellungen für Kreditausfälle der Kunden auf 222 Mio $ aufstocken. Daraufhin rutschte die Aktie um 30 % ab. Doch diese 222 Mio $ machen nur 0,45 % des Umsatzes aus. Rechnen Sie selbst weiter. Umgekehrt: MICROSOFT verbesserte den Gewinn von 1,89 auf 1,95 $ je Aktie, bei einem Umsatz von voraussichtlich 32,6 Mrd $ in diesem Jahr und rettete sich damit vor dem Absturz bzw. gewann bis 53 $. Bei IBM lief es ähnlich. Damit bin ich natürlich zufrieden, weil somit die zwei wichtigsten hochkapitalisierten Titel den gesamten Markt abgefangen haben. EASTMAN KODAK verbesserte den Gewinn von 73 Cents auf 1,04 $ je Aktie, also überproportional und gewann wenigstens 14 %. Ergo:
Solchen Reaktionen vorzugreifen, ist fast unmöglich. Aber anschließend wird es sich sehr lohnen, die fundamentale Beurteilung mit der Markttechnik zu vergleichen. Das erwarte ich ab Mitte/Ende November, wenn alle Vergleichszahlen vorliegen. Schon jetzt kündigen sich drei Trends an, die zu beachten sind:
1. Die PC-Flaute geht zu Ende. Alle PC-Hersteller rechnen mit besseren Zahlen im neuen Jahr.
2. Die Chip-Industrie geht den gleichen Weg. Ausgerechnet AMD macht sich nun plötzlich dafür stark: „Die Talsohle ist durchschritten“.
3. Die Telekom-Serviceunternehmen gewinnen neue Freunde. Ich hatte Sie darauf schon vorbereitet. Bis zur Stunde registriere ich fünf Empfehlungen großer Investmenthäuser für Telekomaktien. Dabei spielt die VODAFONE-Strategie sicherlich eine Rolle. Sie wissen: Telekom ist international.
Eindruck aus diesem Sachverhalt: Die neuen Trends beginnen, sich langsam und nicht über Nacht herauszukristallisieren. Das wird ein Thema der nächsten Wochen werden. Aber:
Übertreibungen nutzen Sie für kurzfristige Gewinnmitnahmen. Natürlich war das ein Supergeschäft für die, denen es gelang. Boden bei 40 E. für SAP und anschließend 74 E. in fünf Börsentagen. Selbstverständlich geht das zu weit. Also Kasse machen und spätere Rückkäufe einplanen. Bitte nicht alles verkaufen, damit Sie den Fuß in der Tür haben. Denn: Der Kurs von 40 E. war rechnerisch richtig. Der von über 70 E. ist kurzfristig nicht haltbar, wenn man sich die SAP-Zahlen genauer anschaut. Hier kann richtig gut kurzfristig spekuliert werden, was ich an dieser Stelle nicht täglich kommentieren will.
Eine nicht untypische Formulierung registriere ich, weil sie mir gleich viermal begegnet ist: „Die Unternehmensgewinne sind von schlechter Qualität, weil sie nicht auf höhere Preise oder Volumina zurückzuführen sind, sondern auf Kosteneinsparungen“. So das Urteil von Analytikern. Jeder Betriebswirt weiß indes: Die Sanierung jedes Unternehmens beginnt zuerst mit Kosteneinsparungen, um wieder in die operative Gewinnzone zu geraten. Anschließend geht es um die Aufbesserung der Marktposition via Preise oder Volumina. In dieser Frage ist noch manches Umdenken erforderlich. Ich gehe auf dieses Thema in der nächsten AB für einige wichtige Titel ein, die mir besonders unter diesem Aspekt interessant erscheinen.
Mein Eindruck insgesamt: Die bisherigen Firmenzahlen sind das typische Ergebnis einer Konjunkturflaute. Die schwachen Kurse der vergangenen Wochen haben dies mehr oder weniger richtig vorweggenommen. Die Tendenz von morgen wird nun versuchen, die Ergebnisse von 2003 auszuloten bzw. einzupreisen. Deshalb sind die aktuellen Konjunkturzahlen ohne Wert. Auf die künftigen kommt es an.
Auf die Politik in Berlin gehe ich im Einzelnen nicht ein. Sie übertrifft selbst die kühnsten Erwartungen, und damit sind die fünf Wirtschaftsforschungsinstitute ausreichend beschäftigt. Mich erinnert das Ganze an 1973/74, als nach der damaligen zweiten Wahl von Willy Brandt Rot-Gelb so richtig zuschlug: Erst war es Klunker im Februar '74, anschließend Finanzminister Schmidt mit dem § 7b EstG (Immobilienmarkt) und andere Feinheiten, womit Deutschland endgültig ins Loch fiel. Lesen Sie das Ganze nach, falls Sie es nicht erlebt haben. Tröstlich zu wissen:
Die großen deutschen Unternehmen haben ein bedeutendes Auslandsbein. Der Auslandsanteil (Export und Außenproduktion) liegt bei den großen Konzernen (ohne Versorgung) zwischen 56 und 78 %.
Der Terminkalender für diese Woche: Heute kommen NORSK HYDRO, TEXAS INSTRUMENTS und 3M. Morgen folgen BAYER, CLARIANT, PINAULT-PRINTEMPS und PEUGEOT sowie AT&T, ELECTROLUX und PHARMACIA.
Am Mittwoch präsentiert DAIMLER die 9-Monatszahlen. Ferner AKZO NOBEL, RENTENANSTALT, GLAXOSMITHKLINE und in den USA AOL TIME WARNER, DUPONT und ELI LILLY.
Am Donnerstag kommen HYPOVEREINSBANK, MERCK Darmstadt, ABB, NESTLÉ, RENAULT, VOLVO, DOW CHEMICAL und AMAZON. Diese Liste ist nicht vollständig, aber deshalb wichtig, weil sie international gilt und damit ein gutes Beispiel liefert, wohin die Trends gehen.
Zur Markttechnik: Es geht im Moment nur um eine technische Korrektur. Diese kann 1 oder auch 3 Tage umfassen, das ist im Moment nicht sicher. Vor allem deshalb, weil der VDAX noch sehr hoch notiert und deshalb jederzeit den Ansatz dafür bietet, bei erfreulicher Nachricht den ganzen Markt kurzfristig neu anzustoßen. Ich bleibe dennoch bei der Meinung: Korrektur ist notwendig, aber es handelt sich um eine solche im Aufwärtstrend. Damit dies klar ist. Ausnahme: Wenn SCHERING infolge der Zurücknahme eines Medikaments aus dem Prüfverfahren um 12 % abstürzt und dabei ein Umsatz von 250 Mio E. zunächst verschoben ist, ist dies eine negative Übertreibung. Kurse um 42/43 E. sind ein Kauf, selbst dann, wenn Sie um ein paar Tage daneben liegen sollten. Ordnen Sie auch hier richtig ein: SCHERING muß zunächst auf 5 % des Umsatzes verzichten, macht aber keine Verluste.
Fazit: Ich warte auf die günstige Gelegenheit. Vielleicht schon morgen. Übrigens: Die Deutsche Bank stuft RWE als neuen Kauf ein und die zwei Amis (J.P. Morgan und Merrill Lynch) heben die NOKIA-Prognose an.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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