wer ist dieser Mensch?
1996 verurteilte er eine Frau, die zehn Autos zerkratzt hatte, zu zweieinhalb Jahren ohne Bewährung. Als »Richter Gnadenlos«, zu dem ihn die Presse erkor, ließ er eine Reihe harter Urteile folgen; etliche wurden in zweiter Instanz aufgehoben, einige sogar auf Initiative der Staatsanwaltschaft. Schill beschuldigte die 68er in der Justiz, nicht mehr strafen zu wollen und damit der Kriminalität Vorschub zu leisten. Während diese Angriffe seine Kollegen verärgerten, flogen ihm die Herzen vieler Bürger zu.
Wo Kandidat Schill auch auftritt, ein voller Saal ist ihm gewiss. So am Mittwoch der vergangenen Woche im Problemstadtteil Wilhelmsburg, der unter Armut, Arbeitslosigkeit und Kriminalität leidet. Versammlungsort sind die Marmara Hochzeitsstuben: vor sehr, sehr langer Zeit ein deutsches Tanzlokal, jetzt Schauplatz orientalischer Vermählungsfeiern.
Draußen vor der Tür stehen zehn Polizeiwagen. Das Aufgebot erklärt sich aus einer Demonstration, zu der das Bündnis gegen Rassismus und Faschismus, die DKP und sechs weitere Organisatiönchen aufgerufen hatten. Außerdem gab es eine Morddrohung gegen den Wirt. Am Eingang wird das Parteiprogramm verteilt, auch auf Türkisch. Schill, von zwei Bodyguards flankiert, wettert in freier Rede eine Stunde lang gegen luxuriöse Gefängnisse, zu lasche Richter und den unfähigen Polizeipräsidenten, um dann darauf hinzuweisen, dass die P.R.O. keine Einpunktpartei sei. Wirt Ibo Gül hört zu; er möchte verstehen, warum er sterben soll. Schill schimpft auf kriminelle Ausländer, der eingebürgerte Gül stimmt zu: »Deutschland, wenn so weitergeht, verliert alles.« Nächstes Jahr will er statt SPD mal P.R.O. wählen.
Damit würde er dem Beispiel jenes Mannes folgen, der neben Schill auf dem Podium sitzt: Manfred Silberbach, 65, der 16 Jahre lang für die SPD in der Bürgerschaft war und sie 1993 im Streit verließ, weil er das Gefühl hatte, dass die wachsenden Schwierigkeiten Wilhelmsburgs seiner Parteiführung nicht ins Konzept passten.
Etliche rechte Genossen haben sich der P.R.O. angeschlossen, nicht selten auf dem Umweg über die Stattpartei, die - 1993 gegen Parteienfilz gegründet - gleich in die Bürgerschaft kam, mit der SPD den Senat stellte und an inneren Reibungen zugrunde ging. Es findet sich aber auch jemand wie der 22-jährige Björn Neumann, der ein Drittel seines Lebens der Jungen Union und der CDU angehörte. Auf dem Parteitag im Februar kandidierte er noch aus Protest gegen den Vorsitzenden Dirk Fischer und bekam 18 Prozent der Stimmen. Danach wandte er sich von der CDU ab, »weil es da überhaupt nicht mehr um Politik geht«.
Schills Mitstreiter: vom Parteiengeklüngel Enttäuschte oder erstmals aktive Bürger, die das Gefühl haben, ihr gesunder Menschenverstand lasse sich mit dem, was sie in den Zeitungen lesen, so gar nicht mehr zur Deckung bringen. Natürlich spüren auch alte und junge Nazis den Reiz der Rechtspartei, aber Schill, dessen Großvater, Kommunist, im KZ Neuengamme gehenkt wurde, spricht von der »verbrecherischen nationalsozialistischen Vergangenheit«, die man nicht verharmlosen dürfe. Er sei für die europäische Integration und für ein Ausländerwahlrecht. Er sei nicht der Haider von Hamburg.
www.zeit.de/2000/42/Leben/200042_reden_schill.html
Der ehemalige Amtsrichter Schill, der den ungewöhnlichen Vornamen Ronald Barnabas trägt, ist vor kurzer Zeit zu einer Geldstrafe von 12000 DM (=120 Tagessätze) verurteilt worden - wegen erwiesener Rechtsbeugung. Er war z.B. so frei einen Jugendlichen zu 14 Monaten Haft zu verurteilen, der wild Plakate geklebt hatte; ein anderer, der Polizisten zum sofortigen Abbruch einer Personenkontrolle aufgefordert hatte bekam von Barnabas 15 Monate Knast und zuletzt brummte Schill zwei Zuschauern eines Prozesses drei Tage Haft auf. Tatbestand: Sie hatten bei Urteilsverkündung nicht militärisch stramm gestanden. ....
Richtig ist aber, dass Schill ebenso wie Stoiber zur neoliberalen Rechten gehört. Sie propagiert Nationalismus und „Regionalismus“ - also die agressive Konkurrenz der Regionen mit ihren verschiedenen „kulturellen Identitäten“. Im Zweifel gehört auch handfester Rassismus dazu, wie Stoibers Gerede von der „durchmischten und durchrassten Gesellschaft“ zeigt. Dabei handelt es sich nicht nur um ein deutsches Problem: Politische Verwandte sind in Österreich die FPÖ von Haider und in Italien die Berlusconi-Regierung. Wegen dieses Zusammenhanges gibt es auf schill-out.de ein umfangreiches Link-Verzeichnis zu anderen Organisationen, die gegen Rechts tätig sind.
Außerdem ist diese Seite ein Informationspool für Aktivitäten gegen die Wahlpropaganda des Law & Order-Messias.
www.schill-out.de/hampel/hampelsw.pdf und einen Hampelmann gibt es hier auch zum Ausschneiden!
Die informativste Seite stammt jedoch von der Gewerkschaft verdi mit Broschüre im pdf-Format
www.verdi-hamburg.de/presse/meldungen/090701.htm
Die Forderung nach geschlossenen Heimen wird mit dem Hinweis gekontert, die Rückfallquote nach einer geschlossenen Unterbringung habe sich früher 100 Prozent genähert. Wer Jugendliche in „unwirtliche Einzelzellen“ stecke, säe Hass und Gewalt. Das Jugendstrafrecht sei vom Gedanken der Erziehung geprägt, nicht von dem der Rache. Wer bereits Kinder ab 12 für strafmündig erkläre, könne fehlerhaftem Verhalten nicht entgegen wirken.
Schills Partei behauptet, 70% aller Delikte beim Menschenhandel und beinahe sämtliche Überfälle auf Geldtransporte seien von Ausländern begangen worden. Tatsächlich ging es 1999 laut Statistik beim schweren Menschenhandel um 14 ausländische und 6 deutsche Beschuldigte. Und bei Überfällen auf Geldtransporte tauchten überhaupt nur drei Beschuldigte in der Statistik auf – keine Grundlage für eine seriöse empirische Aussage.
Schills Polemik gegen Vollzugslockerungen beantworten die ver.di- Experten mit einem Hinweis auf die USA: Dort sei die Kriminalität höher, obwohl ein größerer Anteil der Bevölkerung inhaftiert sei. Auch Häftlinge bräuchten die Hoffnung auf Besserung ihrer Lage. Die Nichtrückkehrerquote habe im Jahr 2000 unter einem Prozent gelegen. Die höchste Sicherheit erhalte die Bevölkerung vor Tätern, die erfolgreich resozialisiert wurden.
ver.di-Chef Wolfgang Rose bittet auch die Medien um ein kritisches Hinterfragen von schlagzeilenträchtigen Wahlkampfsprüchen: „Das politische Programm von PRO strotzt vor Unrichtigkeiten und Gesetzesverstößen. Schill ist ein schlechter Jurist, der sich mangels beruflicher Erfolge nun der politischen Schaumschlägerei widmet und die Bürger für dumm verkaufen will. Wie soll so ein Scharlatan Gutes für Hamburgs Zukunft bringen? Er baut Feindbilder auf und redet den Leuten Angst ein, um offenbar seine eigene Unsicherheit zu überspielen. Aber ein zu Politik gewordener Minderwertigkeitskomplex bringt Hamburg nicht weiter. Gefragt sind fundierte, reformorientierte Lösungen für die komplexen Probleme einer Großstadt.“
Interessant sei auch, dass die Partei zu Delikten der Steuerflucht, Wirtschaftskriminalität und Umweltverschmutzung nichts zu sagen habe: „Schill spielt nur gegenüber den kleinen Gaunern den starken Mann.“
Rechtspopulismus gebe es allerdings nicht erst seit Schill und auch nicht nur bei Schill, so Rose: „Die ausgrenzenden "Das-Boot-ist-voll"-Parolen, die diskriminierende "Kinder-statt-Inder"-Kampagne und auch die unselige "Faulenzer -Debatte - dies alles sind Verstöße gegen den notwendigen demokratischen Konsens einer integrationsfähigen Gesellschaft und einer Politik, die versöhnen soll statt zu spalten.“ Anfällig für schlichte Parolen und Erklärungsmuster seien nicht nur Wählerinnen und Wähler am rechten Rand des Parteienspektrums, sondern auch „die Verlierer des gesellschaftlichen Wandels, die in ihrer sozialen Lage oder ihren traditionellen Werthaltungen verunsichert sind und nach einfachen Antworten suchen“. hier die Broschüre:
www.verdi-hamburg.de/presse/meldungen/GNADENLO.PDF
tz tz Edelmax,wer hätte das gedacht,gehörst Du auch zu den älteren Männern?
Gruss K.