Ich habe einen aktuellen Artikel von Norbert Lohrke bei Stock-World.de gefunden
Ich zitiere aus
www.stock-world.de/analysen/2721840-Vorstaende_auf_Abwegen.html
Ich möchte mich heute einem Thema widmen, dass ich seit längerem mit Sorge betrachte. Und zwar geht es darum, wie Vorstände agieren, um die von ihnen nicht gewünschten Großaktionäre zu verhindern bzw. deren Einfluss zu vermindern.
Jüngstes Beispiel ist die Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler Gruppe und das Verhalten des Vorstandsvorsitzenden Manfred Wennemer. Obwohl jetzt eine friedliche Einigung erzielt werden konnte, wirft das Verhalten des Vorstandschefs in der Übernahme doch kritische Fragen auf.
Als die Schaeffler Gruppe im Juli ihr Interesse an der Continental AG bekundete und ein Übernahmeangebot von 69,37 Euro machte, traf das Vorgehen auf die Gegenwehr des Conti Vorstandschefs. Mit den Worten, dass das Angebot zu niedrig sei, das Vorgehen von Schaeffler egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos sei, wurde der neue Gesellschafter nicht gerade freundlich im Kreis der Anteilseigner begrüßt. Erst als der Continental Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg auf Distanz zu seinem Vorstandschef ging, konnte Wennemer etwas gebändigt werden.
Fakt ist aber, dass zu dem Zeitpunkt als die Schaeffler Gruppe die Übernahme startete, der Kurs der Continental Aktie nicht mehr hergab. Nun ist – auch wenn Herr Wennemer das möglicherweise anders als ich sehen sollte – gerade der Vorstand einer Gesellschaft für den Aktienkurs und damit den Wert seines Unternehmens verantwortlich. Und hier muss man einmal darauf hinweisen, dass die Schaeffler Gruppe bei einem Kurs von 90 oder 100 Euro wahrscheinlich nicht oder nur unter erheblichem Risiko in der Lage gewesen wäre, die Übernahme zu finanzieren.
Also hat doch – bei Lichte betrachtet – der Vorstand des Unternehmens versagt. Denn das beste Mittel gegen Übernahmen ist immer noch eine hohe Marktkapitalisierung. Das scheint Wennemer vergessen zu haben. Und insofern ist es auch richtig und angemessen, dass er jetzt seinen Hut nehmen muss.
Es gibt aber noch andere Beispiele, wo mir das Verhalten der Vorstände äußerst negativ auffällt. So spielt Dr. Frenzel von der TUI dieses Spiel schon seit Jahren. Und zwar immer dann, wenn sich andeutet, dass die Eigentümer des Unternehmens etwas anderes als er wollen. Um den ungewünschten John Frederiksen, der mit 15 % immerhin zweitgrößter Aktionär ist, möglichst kaltzustellen, hat sich z.B. der TUI Chef statt um das operative Geschäft zu kümmern, was die eigentliche Aufgabe eines Vorstands ist, auf die Suche nach einem neuen Großaktionär gemacht um seine eigenen Interessen durchzusetzen.
Obwohl die Gewinnung neuer Aktionäre über Kapitalerhöhungen durchaus eine Aufgabe des Vorstandes ist, so zählt das Gegeneinander Ausspielen der Aktionäre meines Erachtens nicht zu deren vorrangigsten Aufgaben. Schließlich sind sie Angestellte der Gesellschafter und nicht deren Herren. Und insofern ist es – auch wenn es inzwischen üblich geworden ist – berechtigt, einmal danach zu fragen, ob der Vorstand da nicht seine Kompetenzen überschreitet.
Ein besonders krasses Beispiel ist die Übernahme von Debitel bei der Freenet AG. Die Rolle des Vorstandschefs Spoerr gegenüber den Großaktionären United Internet und Drillisch ist mehr als fragwürdig. Auch, wenn in der Hauptversammlung die Großaktionäre unterlegen sind, so muss man doch fragen, ob dies noch alles zum Wohle der Unternehmen ist, oder ob Vorstände die so agieren, nicht ihre Kompetenzen in erheblichem Maße überschreiten.
Ich bin dafür, dass der Gesetzgeber hier einmal etwas näher hinschaut und definiert, wie sich ein Vorstand in solchen Situationen zu verhalten hat. § 53 a AktG sieht eine Gleichbehandlung der Aktionäre vor. Obwohl auch ich weiß, dass dies auf einen anderen Sachverhalt bezogen wird, so wird sich der Gesetzgeber bei der Formulierung dieses Paragraphs ursprünglich schon etwas dabei gedacht haben.
Dass Vorstände bestimmen, welche Gesellschafter gute Aktionäre sind und unterstützenswert und welche nicht, war bestimmt nicht im Sinne des Erfinders.
